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^ 134, 13. Juni 1S13. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 6317 (Fortsetzung zu Seite 6278.) Ein äußerst reichhaltiges Programm ist von dem lokalen Ver- gnügungskomitee arrangiert worden. Alle den englischen Buch handel betreffenden Beratungen und Anträge werden den Mit gliedern des Vereins erst bei den betreffenden Versammlungen mitgeteilt werden und sollen vorläusig geheim gehalten werden. London. W. von Knoblauch. Vom Antiquariatshandel. ix. <VIII siche Rr. 122., Der Juni als der Monat der Auktionen. Es ist schon recht sommerlich warm geworden, und der Auf enthalt in den kleinen Auktionslokalen mag in so heißer Tem peratur nicht gerade zu den Annehmlichkeiten gehören. Aber was hilft's. Auch im Auktionswesen ist eine Verschiebung gegen früher eingetreten, wenn es nicht ein Zufall ist, daß vom 2. bis zum 19. Juni in fast ununterbrochener Folge Versteigerungen stattfinden, zum Teil solche von erheblicher Bedeutung. Ihre Erwähnung an dieser Stelle ist in einem gewissen Umfang nur retrospektiver Natur, doch dürfte sich ein solcher Hinweis post ksstum durch die entweder glänzend ausgestatteten oder inhalt lich hervorragenden Kataloge rechtfertigen lassen, die bei dieser Gelegenheit erschienen sind. Am 2. und 3. Juni erfolgte in der Galerie Helbing in München der Verkauf einer Autographensammlung aus Stift Neuburg bei Heidelberg (seit 1825 im Besitze des Rates Friedrich Schlosser und seiner Erben), in der besonders die 49 Goethebriefe an Schlosser hervorragten, die im Katalog recht ausführlich wiedergegeben und von denen einige im Anhang aus den Tafeln 1 bis 6 zierlich faksimiliert sind. Vom 4. bis zum 7. Juni beherrschte dann C. G. Boerner inLeipzigden Markt mit drei Versteigerungen: erstens einer Chodowieckisammlung aus dem Besitz von Alphons Dürr, zwei tens einer Sammlung von Porträts, Schlachtenbildern, Karika turen, Gelegenheitsdrucken, Medaillen und Militärkostllmblätterr zur Geschichte Napoleons und seiner Zeit und drittens einer wertvollen Autographensammlung, in der neben Briefen und Schriftstücken von Beethoven, Bismarck, Goethe, Heine u. a. ein Autograph von Hutz (zwei Seiten aus einer theologischen Ab handlung) als eine Seltenheit, und die in ausfallend großer An zahl vorhandenen Briefe, Gedichte und ganzen Manuskripte von Theodor Körner erwähnenswert sind, darunter die Handschriften der Lustspiele »Der Vetter aus Bremen« und »Die Braut«. Das Prachtstück der ganzen Auktion aber ist das Stammbuch des Schauspielers Ludwig Schroeder gewesen, das unsere Klassiker und den ganzen Kreis ihrer Zeitgenossen in einer geradezu einzigen Vollständigkeit in sich vereinigt. Herder, Klopstock, Les sing, Wieland, Goethe haben sich darin verewigt, daneben noch Moses Mendelssohn, Jffland, Dalberg, Klinger, Leisewitz, Ja cob!, Elisa von der Recke und viele andere; berühmte Künstler haben es mit ihren Zeichnungen geschmückt, wie Füger, Ko bel! usw. Die Kataloge sind, man braucht es eigentlich gar nicht besonders zu sagen, wie immer hervorragend bearbeitet und zum Teil reich illustriert. Zu gleicher Zeit versteigerte Oswald Weigel in Leipzig eine theologische Bibliothek (am 5. und 6. Juni), viel zur Reformationsgeschschte, mit Einschiebseln aus dem Ge biete der Philosophie und der klassischen Philologie; vom 9. bis zum 13. folgten dann kleinere Sammlungen aus der »Kultur geschichte« (der Katalog umfaßt 665 Nummern) und der deutschen Literatur <366 Nummern), dabet auch die »Marks ok Ossian« (1773—77) mit den Goetheschen Radierungen der Titelblätter. Hiermit wäre die rückwärtsschauende Übersicht Wohl zu Ende, und es ist erfreulich, daß der noch verbleibende Rest, der nun vorbereitend zu betrachten ist, dagegen nicht abfällt, sondem den borangegangenen Versteigerungen vielmehr zum mindesten ebenbürtig, wenn nicht überlegen ist. Am 14. Juni werden durch KarlErnstHenriciinBerlin Kupferstiche der deutschen, französischen und englischen Schule, besonders Farbstiche und Schabkunstblätter des 18. Jahrhunderts unter den Hammer ge bracht, eine sehr hübsche Sammlung von 390 Nummern mit Blät tern von Coswah (Mrs. Cosway 1791, Mrs. Fitzherbert 1792), vonDebucourt, Descourtis (kau! st Virginis, 6 Bll.) Fragonard (vss Imraräs ksureux äs 1'ssearpoietts), von Freudenberger (9 Blätter aus der »Luits ä'sstampss pour servil- L l'bistoirs äss mvsurs st äu eostums äss vrantzsis, in frühen Abdrücken »vor der Nummer«), von Gainsborough, John Hoppner, Theodor Hosemann (»Der Zauber der Weißen Rose, 1829«, so ist dies prächtige Festspiel hier ein gereiht, an dessen Wiedergabe noch Gaertner, Julius Schoppe und Stürmer beteiligt sind), Jan inet (I-a toilstts äs Vsnus), Angelika Kaufs mann (Werther-Szenen), Nicolas Lavreince, Moreau le jeune (Vs moäsisboantzts usw.), George Morland, Sir Joshua Reynolds (Ladh Hamilton als »a Lasbants« usw.) u. a., am Schluß eine Reihe kostbarer Sport- und Jagdbilder. Mit dem Bild auf dem Um schlag hat der Katalog 69 ganzseitige Illustrationen und wird dadurch zu einem kleinen Prachtwerkchen, das einen jeden reizen muß, der für Schönheit nur einigermaßen Sinn hat, und das damit an sich schon zu den Sammelobjekten gezählt werden kann. vast not Isast kommt Martin Breslauer in Ber lin mit zwei Auktionen, die vom 17. bis zum 19. Juni in seinen neuen Geschäftsräumen am Kurfürstendamm abgehalten werden. Der Katalog der ersten davon nennt sich »Dokumente frühen deutschen Lebens. Zweite Reihe. Das Schauspiel in Deutschland bis 1700 und die inhaltlich verwandte Literatur der Zeit. Bibliothek Karl Biltz u. a.« und umfaßt 251 Nummern. Man wird sich der ersten Reihe dieser Dokumente erinnern, die unter dem Titel: »Das deutsche Lied, geistlich und weltlich, bis zum 18. Jahrhundert«, im Jahre 1908 erschien und aus rund 600 Seiten 556 Nummern meist großer Seltenheiten in einer vorbildlich zu nennenden Beschreibung enthielt, und man hat ihre schon öfters angezeigte Folge mit Spannung erwartet. Vielleicht hat man sie sich auch umfangreicher vorgestellt, als sie schließlich ausgefallen ist, aber es ist dabei doch zu berücksichtigen, daß die Zeugnisse des frühen Schauspiels in erhaltenen Drucken tatsächlich zu den bedeutendsten Raritäten zählen, und daß manche davon überhaupt nur in einem Exemplar erhalten sind, ein Ver dienst, das nicht eben selten dem Freunde Luthers Stephan Roth gebührt, dem Stifter der Zwickauer Ratschulbibliothek, in der aus seinem Nachlaß nicht wenige derartige Bücher vor handen sind, die man anderweitig vergeblich sucht. Aber auch in den Fällen, wo mehrere Exemplare noch existieren, gehören sie meist zu dem unveräußerlichen Bestände größerer Bibliotheken. Es ist also ziemlich ausgeschlossen, jetzt noch eine auch nur ver hältnismäßig vollständige Sammlung zusammcnzubringen; selbst Heyse und Maltzahn haben nicht allzuviel davon besessen, ob wohl sie doch in ihrer Zeit noch viel leichtere Möglichkeiten des Erwerbs hatten. — Die erste Abteilung des Katalogs enthält Disputationen, Streit- und Schmähschriften, Schelmen-, Schwank- und Fabelbücher und schildert damit gewissermaßen das Milieu, in dem das deutsche Schauspiel Wurzeln fassen konnte. Unter ihren 90 Nummern finden sich auch einige, die sich theoretisch oder berichtend mit der neuen Literaturgattung be schäftigen, wie die Schrift des berühmten Straßburger Pädagogen I o h. Sturm: »Vs iitsrarum luäis rsots apsriklläis« (Straß- bürg: W. Michel 1538) und aus späterer Zeit von I. I. Brei - tinger: «Bedencken von Comoedien oder Spielen« (Zürich: Rud. Wolfs 1624). Dahin gehören auch solch kleine seltene Schriftchen wie: »Tragedia. Am Tragedia oder Spill gehalten in dem Küniglichen Sal zu Paris« (1524. 8 Seiten) und »Kurtzer Begriff oder Jnnhalt der Tragico Comedien Von Joanne Patricia Cappadoce. Gegeben in dem Gymnafio der Societät Jesu zu Constantz am Bodensee, den 8. Weinmonats des 1619. Jahrs«, ebenfalls 8 Seiten, Berichte über stattgehabte Aufführungen. Die zweite Abteilung bringt dann Dialoge, die »inhaltlich verwandte Literatur«, und die Schauspiele selbst. Wenn man von den Mysterien und Fastnachtsspielen absteht, dann ist das deutsche Theater in seinen Anfängen eine Schöpfung der Schulmeister, die mit ihren Schülern den Terenz traktierten und agierten, und