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3856 Nichtamtlicher Teil. 119, 26. Mai 1899. seitigen, daß die graphischen Künste ein gewöhnliches Gewerbe seien; sie bedeuten vielmehr, was schon ihr Name besagt, eine Kunst im wahrsten Sinne des Wortes, die keine Schuld daran hat, wenn Oelgemälde und andere Originalschöpfungen so wenig gekauft werden. Gerade das Gegenteil ist der Fall, denn nur durch diese Schwesterkunst kann das Verständnis für künstlerische Leistungen in immer weitere Schichten der Bevölkerung getragen werden, und je mehr die Künstler ihrerseits dazu beitragen, diese zu heben und zu vervoll kommnen, um so mehr werden sie in ihrem eigenen Interesse handeln. Erschwert wird das Zustandekommen eines solchen Hand- in-Handgehens hauptsächlich durch den Mangel an Interesse, den Maler im allgemeinen praktischen Dingen zuzuwenden pflegen und der sie davon abhält, sich über die technischen Vorgänge bei der Reproduktion ihrer Werke zu unterrichten, wenn sie nicht in geeigneter Form von außen direkt dazu angeregt werden. Machen doch die meisten Verleger und Kunstanstaltsbesitzer beinahe täglich die Erfahrung, daß fast alle Künstler, die daran gehen wollen, ihre auf einer Aka demie oder Kunstgewerbeschule erworbenen Kenntnisse im Zeichnen und Entwerfen praktisch zu verwerten, keine Ahnung davon haben, welche Anforderungen die modernen Reproduk tionstechniken an brauchbare Vorlagen stellen. Eine erhebliche Anzahl aller eingereichten Entwürfe und Zeichnungen, die häufig mit einem ganz bedeutenden Auf- wande an Zeit und Fleiß angefertigt sind, müssen nur des wegen zurückgewiesen oder mindestens auf Kosten des Autors umgezeichnet werden, weil sie sich in ihrer Ausführung weder für die Wiedergabe in dem einen noch in dem andern Ver fahren eignen. Die kurzen Belehrungen, die in solchen Fällen den Künstlern dann von den betreffenden Geschäftsleuten im Bureau erteilt werden können, genügen selten, um einen zweiten Versuch aussichtsreicher zu gestalten. Woher aber sollen sich zur Zeit die Künstler — und namentlich Damen — diese Kenntnisse auch verschaffen, selbst wenn die gebietende Notwendigkeit dazu an sie herantritt? Aus den vorhandenen Lehrbüchern lassen sich derartige Dinge erfahrungsgemäß nur ganz unvollkommen erlernen, und Reproduktionsanstalten dürften aus naheliegenden Gründen schwerlich in die Lage kommen, ihre Betriebe für solche Lehr zwecke herzugeben. Anderseits wird es außer den drei in Deutschland vorhandenen Buchdruckerschulen wohl nur wenige öffentliche Lehranstalten geben, denen es möglich wäre, neben dem ihnen bereits obliegenden Pensum auch noch diese Auf gabe zu bewältigen. Fast von selbst ergiebt sich aus diesen Verhältnissen die Notwendigkeit, im Interesse der Künstler, der Reproduktions anstalten und Druckereien, sowie zur Belehrung der Konsu menten und des Publikums wenigstens in einer der größeren Kunststädte, wie München, Berlin, Darmstadt, Dresden, Karlsruhe, Leipzig, Stuttgart oder Weimar, eine eigene Akademie für die graphischen Künste zu errichten, an der sämtliche Reproduktionsverfahren, also Photographie, Auto- und Zinkographie, Licht- und Kupferdruck, Litho- und Photo-Lithographie, sowie die gewöhnlichen und farbigen Buchdruckverfahren theoretisch wie praktisch gelehrt würden. Damit müßte eine Versuchsstation für diese Techniken ver bunden sein, die alle Erfindungen und Neuerungen des In- und Auslandes auf diesen Gebieten verfolgt, prüft und diejenigen, die sich bewähren, für die heimische Kunst und Industrie in der Weise nutzbar zu machen sucht, daß sie nach Bedarf erprobte Lehrkräfte entsendet, die in Innungen und Vereinen vor Fachleuten und Buchhändlern, Industriellen und gebildeten Laien Vorträge zu halten und diese durch praktische Beispiele zu erläutern hätten. Von einer solchen Akademie aus könnten dann auch auf Ansuchen der betreffenden Direktionen an Kunstgewerbe- und Gewerbeschulen, sowie an Kunstakademieen in jedem Semester regelmäßig Wanderkurse für solche Studierende eingerichtet werden, die diese Vorkenntnisse für ihr späteres Fortkommen nötig haben oder auch nur für wünschenswert halten. Wem dieser Elementarunterricht dann nicht genügt, oder wer durch ihn für das eine oder andere Fach ein solches Interesse gewinnt, daß er sich ihm ganz zuwenden will, dem ist dann doch die Möglichkeit gegeben, sich an dieser Akademie selbst theoretisch wie praktisch ausbilden zu lassen und seine Studien zu vollenden. Die Gründung einer solchen Akademie ist thatsächlich schon längst ein dringendes Gebot der Notwendigkeit und sehr wohl durchführbar, wenn es auch hier an Raum ge bricht, auf die Einzelheiten ihrer zweckmäßigen Ausgestaltung näher einzugehen. Kleine Mitteilungen. Papierpreise. — In einer im März d. I. in Wien ab gehaltenen Versammlung von österreichischen Papierfabrikanten, in der achtzig Prozent der dortigen Papier-Erzeugung repräsentiert waren, wurde einstimmig beschlossen, zum Zwecke der Erhöhung der Preise eine Kontingentierung des Absatzes von Papier im Jnlande anzustreben. Der Export von Papier sollte dagegen frei- gegeben weroen. Es wurde ein aus mehreren Mitgliedern be stehendes Komitee eingesetzt, dem die Aufgabe übertragen wurde, einen Kontingentierungs-Vertrag auszuarbeiten. Dieser ivurde nun einer am 17. d. M. abgehaltenen Versammlung von Papier fabrikanten unterbreitet. Eine der größten Papier-Aktiengesell schaften verlangte jedoch, daß ihre Produktion im Jnlande nicht nur nicht beschränkt, sondern daß ihr Anteil um 3 Millionen Kilo Papier jährlich erhöht werde. Da aber die Absicht der Papier fabrikansen dahin ging, die Jnlandsproduktion einzuschränken, so wurde diese Forderung der Papierfabrik abgelehnt. Der Plan einer Kontingentierung und Beschränkung der österreichischen Produktion kann damit als gescheitert betrachtet werden. Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart. — Der Allgemeinen Zeitung wird unter dem 20. d. M. aus Stutt gart berichtet: Das Brutto-Erträgnis des Verlagsgeschästs und der technischen Anstalten beläuft sich nach der in der heutigen Generalversammlung vorgelegten Bilanz pro 31. Dezember 1898 auf 2597638 (1897 2024389 ^6). Der Aufwand an General unkosten beträgt 527515 (1897 542767 .Mi auf Immobilien und Einrichtungen sind 177897 ^ (1897 82341 und auf Ver lagswerte und Vorräte aller Art 389568 ^ (1897 300000 >6) ab- gcschrieben. Es ergiebt sich ein Reingewinn von 1502656 ^ (1897 1099280 >6). Die Generalversammlung hat die Ver teilung einer Dividende von 10 Prozent auf die Aktien (wie in allen vorausgegangenen Geschäftsjahren) und von 5 Prozent auf die Genußscheine beschlossen, so daß für den Gewinnvortrag 600000 erübrigen, durch welchen Betrag sich der Gesamtgewinn vortrag auf 1200000 erhöht. Von den in 1896 ausgegebenen Obligationen im Gesamtbetrag von 1500000 sind 1896 und 1897 zusammen 850000 ^ und im abgelaufenen Geschäftsjahr die restlichen 650000 zur Rückzahlung gelangt. Die Reserve hat mit 500000 — 10 Prozent des Aktienkapitals von 5 Millionen Mark ihre statutarische Höhe erreicht. Bei Debi toren standen 1 920 672 ^ inklusive des Bankguthabens von 413193 ^ aus (1897 insgesamt 1223 369 und in bar und Wechseln waren bei Jahresschluß 47 034 ^ vorhanden, wo gegen sich die Verpflichtungen auf 230136 ^ (1897 122 493 beliefen. Die Immobilien, Maschinen und Einrichtungen sind mit 1.2 Millionen Mark und die Verlagswertc und Vorräte aller Art gleichfalls mit 1.2 Millionen Mark in die Bilanz eingestellt. Die Gesellschaft ist wie im Vorjahr mit 4300000 bei anderen Verlagsunternehmungen beteiligt, und es steht diese Beteiligung nach Amortisation von 800000 ^ mit 3500000 ^ zu Buch. Der im Jahre 1897 durch Ueberweisung von 50000 gegründete Pensions- und Unterstützungsfonds für Angestellte und Arbeiter ist aus dem Erträgnis in 1898 um 70000 ^ auf 120000 .-ß erhöht worden. Die Organisation der Pensionskasse soll eintrctcn, sobald der Fonds über genügende Mittel verfügt. — In den Aufsichtsrat wurden die ausgeschicdenen Mitglieder wicdergewählt. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild. — Aus Budapest wird berichtet: Sämtliche Ausschüsse der litterarischen Unternehmung -Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild» hielten in voriger Woche unter deni Vorsitze