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54, 8, März 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 2947 Ullstein ä- Co. in Berlin. 2973/5 *Dis Lauheit. ?ro tzaartal 2 ^L. Bossische Buchhandlung in Berlin. 2969 *OsIbrüek: Lat ^S8U8 Aslsbt? 2. ^.uü. 30 ^ Wagnerische Nniv.-BuchhandLung in Innsbruck. 2966 LILL8: LrillnsrullA a. w. 8ebüt26Qkslck2NA 1848. 1 ^162. I ^ 50 8tin^: vis LLursn in l'irol. 2 60. Wiegandt L Grieben (G. K. Sarasin) in Berlin. L 1 *No68eb1in: Lsrmann Litr. 3 ^ 60 §sb. 4 60 Nichtamtlicher Teil. Vom Verleger des »Jungen Deutschlands Von vr. .Heinrich Hubert Louben-Leipzig. Der Verleger des »Jungen Deutschlands«? Wer könnte das anders sein als der alte Julius Campe, der eigentliche Be gründer des Hoffmann L Campeschen Verlags, der in der Zeit der Julirevolution und der peinlichsten Zensurverfolgungen ein Asyl der Schriftsteller liberaler Tendenz gewesen ist und, von dem weniger engherzigen Geist der freien Hansestadt begünstigt, durch die Ausgabe der Schriften von Heine und Börne, von Wienbarg und Gutzkow und so manchen anderen Zeitgenossen sich ein Verdienst erworben hat, das erst mit dem Ruhme seiner eigenen Autoren verblassen dürfte. Und damit hat's noch gute Wege, denn der von Adolf Bartels so oft getötete Heine lebt immer noch, und für die geistig so angeregte Epoche des ganzen »Jungen Deutschlands« hebt sich das Interesse jetzt immer mehr, nachdem die fast krank hafte Hingabe an die empfindsame Romantik, eine Art Knochen erweichung in der Literatur, ihren Höhepunkt bereits über schritten hat und man über ein weichliches Ästheten- und spielerisches Artistentum hinweg allmählich auch wieder den Wert der Ideen bei einem Schriftsteller zu würdigen beginnt. In die geistigen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts haben die Schriftsteller des »Jungen Deutschlands« so energisch eingegriffen, wie kaum eine andere Literaturzeit; sie waren wie überrascht von einer Fülle von Problemen, und so manche Nus;, an der wir heute noch zu knacken haben, wurde damals vom »Baum der Menschheit« geschüttelt. Um so größer daher auch das Verdienst der Verleger, die sich zu beachtenswerten Kulturträgern hergaben, und Friedrich Kummer hat ganz recht, wenn er in seiner Literatur geschichte zur Charakteristik der verschiedenen literarischen Epochen auch diese Träger namhaft macht, die so manchen hochstrebenden Pfeilern erst den festen Halt geben konnten. Wie vieles könnten alte Verlagsarchive erzählen! Aber wie weniges ist bisher davon ans Tageslicht gekommen. Das meiste wohl ist verschollen; die Besitzer haben mannigfach gewechselt, und die mangelnde historische Einsicht des Nachfolgers hat wahl los alles den Flammen übergeben, was vor dem Richterstuhl des Historikers wichtiges Zeugnis hätte ablegen können. Andrerseits haben wir auch wohlverwahrte Verlagsarchive alter Firmen, in denen die Pflege und Ordnung solcher Briefschätze zu einer ehrwürdigen Familientradition geworden ist. Die Arbeit des Tages und mancherlei geschäftliches Bedenken pflegen nur meist die eigentliche wissenschaftliche Ausbeute dieses Besitzes zu verhindern, und so ist auch hier der Rest Schweigen. Ist auch, wenn solche Schleusen sich öffneten, kein Umsturz des gesamten Literaturbildes zu erwarten, so würden doch zahlreiche Einzel heiten in wesentlich anderm Lichte erscheinen. Viele prächtige Kulissen würden fallen, manche Glorie sich als geschicktes Brillantfeuerwerk des kaufmännischen Operateurs ergeben, un gewöhnliche Erfolge, die man gern der Zeit zu gute rechnet, auf sehr nüchternen geschäftlichen Kalkül hinauslaufen und uner klärliche Mißerfolge, die man den stumpfsinnigen Zeitgenossen aufzubürden sich gewöhnt hat, auf unbesonnene geschäft liche Maßnahmen zurückgehen; denn auch im Reich des Geistes herrscht das Gesetz des Angebots und der Nachfrage. Die Idee wie manchen Werkes ist aus dem Kopfe des findigen Verlegers entsprungen, wie manche Form eines bekannten Buches von ihm geprägt worden, und, um noch eins zu erwähnen, wie manches Werk, und nicht das schlechteste, wäre ungeschrieben geblieben, hätte sich nicht die holde Gabe eines beträchtlichen Vorschusses in ein wirksames Zwangsmittel ge wandelt! Als Ludwig Tieck seine besten Novellen schrieb, hatten die nicht ganz unrecht, die diese seine massenhafte Produktion dem Umstande zuschrieben, daß er bei seinem Verleger Brockhaus so hoch in der Kreide stand. Doch zurück zum alten Campe, an den ich eine Erinnerung geben will, die ich unter mir übergegebenen Nachlaßpapieren entdeckte. Es ist ein Brief, den er 1838 an den Königsberger Schriftsteller Alexander Jung richtete, dessen erstes Schriftchen »Briefe über die neueste Literatur« im Hoffmann L Campeschen Verlag soeben erschienen war, und zwar durch Vermittlung Karl Gutzkows, der durch jenes Büchlein sehr angenehm be troffen wurde. Denn ein besonderes, und zwar das Haupt kapitel war ihm selbst gewidmet, dem vielgeschmähten Verfasser der «Wally«, der nach seiner Entlassung aus dem Mannheimer Gefängnis in Frankfurt am Main eine bescheidene journalistische Existenz fristete und manchem Gutgesinnten ein Dorn im Auge war. Sein Name war verpönt, und selbst in seiner Zeitschrift »Telegraph«, die er in der Mainstadt begründete und später nach Hamburg brachte, mußte er sich meist unter den Initialen »K. G.« verbergen; die Zensur wav manchmal sogar so freundlich, gegen ihn gerichtete Kritiken in andern Blättern zu streichen; weder im Bösen, noch im Guten sollte von dem Autor der »Wally« öffent lich die Rede sein. Deshalb hatte Jung auch das Gutzkow ge widmete Kapitel seiner Schrift »Fragmente über den Un genannten« betitelt. Vor länger als einem Jahr hatte er das Manuskript dem ihm persönlich unbekannten Gutzkow gesandt mit der Bitte, ihm einen Verleger zu verschaffen. Das persönliche Interesse, das der Gefeierte naturgemäß an dem Werke nahm, hatte diesen Auftrag nur erschwert. Er hatte zuerst einen Wiesbadener Verleger gefunden, der aber seine Zusage nicht einhielt, da ihm im letzten Moment Bedenken kamen, was wohl der sehr konservative Herzog von Hessen-Nassau sagen werde, wenn er ein Buch verlege, das so vernehmlich gerade Gutzkows Lob sang. Schließlich wandte sich dann Gutzkow an Hoffmann L Campe, und mit Erfolg. Campe gefiel das Schriftchen Jungs ausnehmend, obgleich er sich in die schwärmerische Verehrung, die der Königs berger Unbekannte dem jungdeutschen Schriftsteller entgegenbrachte, zuerst nicht recht finden konnte. »Ihre Fragmente kamen ihm wunder lich vor«, schrieb Gutzkow im Oktober 1837, als er schon in der Übersiedelung nach Hamburg begriffen war, an Jung; »und er protestiert gegen Ihre Liebe. Da sehen Sie's — er kennt zu viel Menschliches von mir; er hat die Illusion nicht, und die werden viele nicht haben«. Der Hamburger Verleger kannte den jungen Berliner, dessen Erstlingswerk »Briefe eines Narren an eine Närrin« er 1832 herausgebracht und von dem er noch mehrere Bücher im Verlag hatte, seit dem Sommer 1834, wo Gutzkow einige Wochen in Hamburg weilte, allerlei literarisch-journalistische Pläne schmie dend, für die sich Campe lebhaft interessierte, denn damals war der junge Gutzkow noch der Freund und Schützling des mächtigen Wolfgang Menzel, des kritischen Literaturpapstes in Stutt gart, und ein hoffnungsvoll aufgehender Stern, der mit seinen dreiundzwanzig Jahren schon einen ungewöhnlichen Glanz ausströmte. Die geschäftliche Seite der Literatur hatte Gutzkow, teils aus Not, teils aus natürlicher Begabung, sehr früh schon erfaßt, und in jenen ersten Jahren war er bereits eine Nummer im Buchhandel; die Verleger warben um seine Gunst, und er hatte für die Schriften feiner Freunde stets ein Unterkommen; so war ja 1836 auch durch sein Eintreten des jungen Georg Büchner »Danton» 381*