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4728 »örs-nblatt s. d. Dlschn Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 97, 28. April 1908. keit unmittelbar miterleben lassen. Von breiter Ausführlich keit ist abgesehen. An der Hand der Tatsachen, der Anträge und Beschlüsse, kurzer Schilderungen von Haupt- und anderen Versammlungen, der Arbeit des Vorstands und einzelner Mitglieder wickelt sich das inhaltreiche Bild ge läufig ab und weckt beim fachkundigen Leser, auch außerhalb des Verbandes, insbesondere bei dem, der diese buchhändle risch ereignisreichen letzten Jahrzehnte mit Teilnahme be gleitet hat, viele persönliche Erinnerungen. Bei dem um das Jahr 1882 immerhin schon zahl reichen Zusammenschluß der Buchhändler in Städten und Kreisen darf es Verwunderung erregen, daß der Zusammen schluß in Hannover, Braunschweig, den Lippeschen Fürsten tümern und angrenzenden Ländern beträchtlichen Schwierig keiten begegnet ist. Es ist das Verdienst unseres Hamelner Kollegen Theodor Fuendeling, durch sein temperament volles Eintreten für die Vereinigung den »etwas schwer fälligen Charakter der Niedersachsen«, wie die Festschrift ihn bezeichnet, besiegt zu haben. Der erste Versuch im Jahre 1882 schlug fehl. Erst 1883, als der unermüdliche Anleger die Unterstützung Emil Kallmeyers (Braunschwcig), Julius Gudes (Hildesheim), Hans Hinrichs' (Detmold), Carl Brandes' (Hannover) und anderer einflußreicher Kollegen gewonnen hatte, kam in einer von 45 Kollegen besuchten Versammlung im Cafö Rabe in Hannover (am Agidientor- platz) am 26. August 18s3 die Gründung eines Buchhändler vereins für Niedersachsen (Provinz Hannover, Herzogtum Braunschweig, die Fürstentümer Lippe-Detmold, Lippe- Schaumburg, Grafschaft Schaumburg, Fürstentum Waldeck umfassend) zu stände. Er empfing den Namen »Buchhändler- Verband Hannover-Braunschweig«. Die Schrift verweilt mit einiger Ausführlichkeit bei den Anfangsjahren, die ein ermunterndes Zu strömen von Mitgliedern, aber auch Proteste angesehener alter Firmen gegen Verbandsbeschlüsse brachten. Diese letzteren richteten sich naturgemäß gegen das damalige Hauptleiden des Buchhandels, den übermäßigen Kunden rabatt, und zwar — trotz manchen Widerstrebens im eigenen Lager — mit schnellem Erfolg. Wie bedeutend die heutige Besserung der Verkaufspreise im Sortiment ist, mag aus folgendem Beispiel vor Augen geführt sein, das wir der Festschrift im Wortlaut entnehmen: »Selbst in den kleinsten Städten der Provinz war die Schleuderei so eingerissen, daß der Käufer von jedem Buche oder Journale, es mochte 50 Pfennig, 3 Mark oder 10 Mark kosten, 10 bis 200/g Rabatt verlangte und — erhielt. Der Lehrer auf dem Lande, der für 3 bis 5 Mark Volksschulbücher kaufte, hielt es für selbstverständlich, daß ihm 20o/g Rabatt, der ungefähr dem Buchhändlernutzen entsprach, gewährt wurde. Die Unkosten für Porto und Emballage mußte der Sortimenter aus seiner Tasche tragen!« Alte Sortimenter, insbesondere in großen Städten, werden das Zutreffende dieser Schilderung anerkennen. — Dem jungen Verbände gelang es, wie erwähnt, schnell, hierin Wandel zu schaffen. Das Jahr 1885 brachte die Anregung Georg Calvörs (Güttingen) zu einer »Leipziger Kommissions-Vereinfachung«, einem Plane, der sich 1886 durch Theodor Fuendelings Eintreten zu dem der Errichtung eines Vereinslagers in Leipzig er weiterte, in den Anfängen auch ausgeführt, bald danach aber fallen gelassen wurde. — Die außerordentliche Hauptver sammlung des Börsenvereins am 25. September 1887 in Frankfurt a. M. war von etwa dreißig Mitgliedern aus dem Verbände Hannover-Braunschweig besucht. In den dort gefaßten grundlegenden Beschlüssen hatte der junge Verband nunmehr den wirksamsten Rückhalt zur Förderung seiner Be strebungen. Aber wie überall im Buchhandel, so gab es auch Itr ihn fortdauernd weitere Aufgaben. Die Chronik er wähnt die Bemühungen um Herabsetzung des Kunden rabatts an den großen Buchhändlerzentren Berlin und Leipzig, desgleichen des Rabatts an Universitätsbibliotheken, den vorübergehenden Rücktritt namhafter Verleger von der bekannten »Verleger-Erklärung«, die Berücksichtigung der heimischen Sortimenter bei Lieferung an Behörden und staatliche Institute, den Vorschlag Carl Georgs (Hannover) zur Errichtung eines deutschen Buchamts beim Börsenverein, desselben Kollegen erfolgreiche bibliographische Bestrebungen, die Einführung von Bestellgebühr bei Zeitschriften, die Versuche Carl Meißners (Elbing) zur Gründung eines Sortimentervereins, die Bekämpfung des Warenhausbuch handels, der Mißstände im Kolportagebuchhandel, Vorschläge zu Änderungen im Buchhändler-Adreßbuch, die Fort bildung der Lehrlinge und jungen Gehilfen, fachliche Lehr bücher, Verlegerschleuderei, den Plan einer Sortimenter kammer, den Antrag auf Satzungsänderung im Verbände der Kreis- und Ortsvereine, weitere Ausgestaltung der Ver kaufsbestimmungen, ungenügenden Verleger-Rabatt, erfolg reiches Eintreten gegen drohende Zentralisierung des Bahn hofsbuchhandels, Professor Büchers Denkschrift, den »Aka demischen Schutzverein« und vieles andere mehr. Alle diese Vorkommnisse der letzten 25 Jahre haben den gesamten Buchhandel bewegt. Auch soweit sie nicht ausschließlich das eigene Vereinsleben betrafen, hat der Verband ihnen lebhafte und tatkräftige Teilnahme zugewandt. In Form von Anträgen, Beschlüssen, Eingaben, Erklärungen, meist auch durch persönliche Teilnahme von beauftragten Verbands mitgliedern an Versammlungen außerhalb der Grenzen des engeren Vereinsgebietes kommt diese rege Mitarbeit des Verbandes in der knapp zusammengefaßten Geschichte zum Ausdruck, die die Festschrift erzählt. Besonders lebhaft natürlich in den Jahren 1898 bis 1901, als die drei lang jährigen Vorstandsmitglieder des Verbandes Hannover- Braunschweig Julius Zwißler (Wolfenbüttel), Benno Goeritz (Braunschweig) und Hellmuth Wollermann (Braunschweig) mit Übernahme des Vorstandsamtes im großen Verbände der Kreis- und Ortsvereine im deutschen Buchhandel eine besonders arbeitsreiche und opferwillig erfüllte Aufgabe zu bewältigen hatten und Hannover-Braunschweig damit in engste Berührung mit allen den Buchhandel bewegenden Fragen gekommen war. Mit Recht darf die Festschrift am Schluffe sagen, daß ehrliche Arbeit getan worden ist. Auf Rosen sei der Ver band nicht gebettet gewesen; vieles sei nicht oder doch nicht in dem Maße zur Ausführung gekommen, wie mancher gewünscht hätte. Und wenn der Berichterstatter fest stellt, daß der Verband, soweit die Verhältnisse es gestattet hätten, das gehalten habe, was er in seinem ersten Rundschreiben versprochen hatte, so dürfte im Hinblick auf die geleistete Arbeit wohl mancher Leser dieses Bekenntnis als gar zu bescheiden ab lehnen. Denn nicht nur die Interessen des Einzelnen und der Gesamtheit seiner Mitglieder hat der Verband treulich gewahrt, nicht nur die Schleuderei beseitigt, manche Verkehrs erleichterung geschaffen und für Aufrechthaltung des Ladenpreises gesorgt, wie jenes Rundschreiben versprach, sondern durch seine unermüdliche tatkräftige Teilnahme an allen Bestrebungen des Buchhandels auch manchen Erfolg der Gesamtheit erringen helfen, der nicht einzig seinen Mitgliedern zugute kommt. So ziehen in dieser Geschichte eines Kreisvereins alle die Fragen, Bewegungen, Kämpfe, die der Buchhandel in den letzten fünfundzwanzig Jahren durchlebt hat, am Auge des Lesers vorüber. An allen