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unserer Organisation wäre nicht so laut von allen Seiten her er- ^ klungen. Nun kann darüber bei verständigen Geschäftsleuten Wohl keine Meinungsverschiedenheit herrschen, daß die Schleuderei, hervorgerusen durch übermäßige Concurrenz, nachgerade unerhörte Dimensionen erreicht habe und zum Verderben des Gesammtbuch- handels führen müsse. Wir betrachten diese Auffassung als eine selbstverständliche. Wohl aber kann darüber gestritten werden, ob der Börsenverein die Macht habe, die Schleuderei mit Erfolg zu bekämpfen, ob er seinen Mitgliedern Vorschriften machen dürfe, zu welchen Preisen sie an das Publicum verkaufen müßten, und ob er endlich den Verlegern vorschreiben könne, mit welchen Firmen sie jeden geschäftlichen Verkehr aufzuheben hätten. In der Beantwortung dieser Fragen gingen, wie gesagt, die Ansichten weit auseinander. Die Majorität der Conferenz entschied sich in bejahendem Sinne. Demnach sind folgende, von Hrn. A. Krö ner beantragte, überaus tief einschneidende Bestimmungen in das revidirte Statut ausgenommen: 1) Der Börsenverein hat zum Zweck die Pflege eines soliden Ge schäftsbetriebes, im Gegensätze zu der das materielle Gedeihen wie das Ansehen des Buchhandels gefährdenden Schleuderei und dem Bücherhandel Unberufener. 2) Jedes Mitglied des Börsenvereins hat bei Verkäufen an das Publicum die statutenmäßigen Rabattnormen derjenigen vom Börsenverein genehmigten Kreisvereine zu respectiren, in deren Bezirk oder nach deren Bezirk der Verkauf stattfindet. 3) Es wird ein Hauptausschuß gebildet, zu dessen Aufgaben es gehört, die Beschwerden der Kreisvereine über statutenwidrige Schleuderei zu prüfen und darüber zu entscheiden. Besondere Vorschriften regeln das hierbei einzuschlagende Verfahren. Diese Bestimmungen kommen in verschiedenen Paragraphen des Statuts zum Ausdruck. Sie bilden den Kernpunkt der beab sichtigten Reformen und sind deshalb hier an erster Stelle zu ver zeichnen. Zu den „Zwecken des Börsenvereins" (Z. 1. des Statuts) sollen in Zukunft ferner gehören: 1) die Pflege und Unterhaltung von Anstalten und Einrichtungen behufs Erleichterung des gegen seitigen Geschästverkehrs und der Abrechnungen; 2) die Anbahnung und Feststellung allgemein gültiger geschäftlicher Normen im Ver kehr der Buchhandlungen unter einander; 3) die Pflege des Untcr- stützungswesens für Angehörige des Buchhandels; 4) die Förderung und Zusammenfassung aller buchhändlerischen Kreisvereine, welche die Förderung des soliden Buchhandels verfolgen und deren Sta tuten vom Börsenverein genehmigt sind. Die unter 3. verzeichnete Bestimmung bezweckt, wie ausdrücklich hier hervorgehoben werden mag, keineswegs in die segensreiche Thätigkeit des „llnterstützungs Vereins deutscher Buchhändler und Buchhandlungsgehilsen" einzu greifen. Es steht aber dem Börsenverein Wohl an, es öffentlich aus zusprechen, daß er es für seine Pflicht halte, die Bestrebungen dieses Vereins auch materiell zu unterstützen. Der tz. 2. (Ausnahme-Bedingungen) hat folgende Neuerung erfahren: Zur Ausnahme ist erforderlich der Nachweis, daß der Aufnahme Suchende Mitglied eines vom Börsenverein durch Genehmigung seiner Statuten anerkannten Vereines ist. Für Diejenigen, welche nicht im Bezirk eines solchen Vereines wohnen, ist die Einreichung und Empfehlung des Aufnahmegesuchs durch 3 Mitglieder des Börsenvereius nöthig. Zu den „Pflichten der Mitglieder" gehört die bereits oben er wähnte Bestimmung, bei Verkäufen an das Publicum die von den Kreisvercinen festgesetzten Rabattnormen zu respectiren. Diese Ra battnormen sind vom Börsenvereine den Mitgliedern zur Kenntniß zu bringen. Da diese Forderung von ganz besonderer Tragweite war, so erfolgte namentliche Abstimmung. Sie ergab als Resultat 23 „Ja" und 10 „Nein". Die folgenden Paragraphen (Rechte der Mitglieder, Mitglied schaft, Mitgliederrolle, Austritt und Wiederaufnahme) haben nur geringe Abänderung erfahren, wogegen bei ß. 12. zu den bisher geltenden Gründen der Ausschließung in Zukunft noch gehören können: 1) die fortgesetzte Veröffentlichung und Verbreitung un züchtiger Schriften, Abbildungen und Ankündigungen; 2) gewerb- mäßig fortgesetzte Schleuderei; 3) der Mißbrauch fremder Verlang zettel zum Zweck der Täuschung über den wahren Besteller. In Bezug auf die Hauptversammlung enthält der Morgenstern'sche Entwurf die Bestimmung, daß dieselbe alljährlich in den Monaten August oder September zusanimentreten solle und zwar abwechselnd an verschiedenen Hauptplätzen des deutschen Buchhandels. Die Commission lehnte die Wanderversammlungen ab und be hielt die Bestimmung des alten Statuts bei, wonach die Hauptver sammlung am Cantate-Sonntag in Leipzig zusammentritt. Der vom Vorstand gemachte Vorschlag, daß zwar jedes Mitglied des Börsenvereins das Recht haben solle, der Hauptversammlung bei zuwohnen, daß aber nur die Mitglieder des Vorstandes, der Aus schüsse und die Delegirten der Kreis- und Verlegervereine stimm berechtigt sein sollten, fand keinen Anklang. Man verkannte zwar nicht, daß der Grundgedanke ein vollkommen richtiger sei, da bei der jetzigen Zusammensetzung der Hauptversammlung oft der Zufall bei den Abstimmungen entscheiden und eine Majorisirung leicht ein- treteu könne, indeß müsse man doch zunächst die Entwickelung der Kreisvereine abwarten, bevor man die Hauptversammlung in die Hände ihrer Delegirten legen könne. Der Wahlmodus hat insofern eine Abänderung erfahren, als auch Abwesende durch Delegirte ihres Vereines Stimmzettel abgeben können. Als Verwaltungsorgane werden auch die Vorstände der Krcisvcreine verzeichnet; der von Hrn. Morgenstern vorgeschlagene „Vcrwaltungsrath" wurde indeß abgelehnt, resp. vom Antragsteller zu Gunsten des von Hrn. Kröner beantragten Hauptausschusses zurückgezogen. Beibehalten sind die jetzt bestehenden Rechnungs-, Wahl- und Verwaltungs-Ausschuß; ihnen reihen sich an das „Kuratorium für die Bibliothek" und die „Historische Commission". Der Vergleichs-Ausschuß, dessen Wirksamkeit in einer langen Reihe von Jahren sich nicht bewährt hat, soll in Fortfall kommen. Neu hinzu tritt der bereits mehrfach erwähnte Hauptausschuß. Der selbe soll bestehen aus den 6 Vorstandsmitgliedern, den 3 Vorsitzen den des Rechnungs-, Wahl- und Verwaltungs-Ausschusses, sowie den Vorsitzenden der anerkannten Kreisvereine und der 4 Verleger vereine. Der Wortlaut des betreffenden Paragraphen, sowie das Regulativ des Verfahrens bei Beschwerden über Schleuderei ist in dem Lorck'schen Berichte in Nr. 22k des Börsenblatts abgedruckt. Wir verweisen umsomehr auf die genaue Kenutnißnahme dieser Bestimmungen, als sie den Schwerpunkt aller beabsichtigten Re formen bilden und dem Börsenvereine ganz neue Ausgaben und Ziele stellen. Die Kreisvereine sollen nach dem Vorschläge des Morgenstern' sche» Entwurfes gebildet werden, es sind deren im Ganzen 25. Sie sind dem Börsenvereine untergeordnet und haben dessen statuten mäßige Anordnungen zu befolgen. Zu ihren Obliegenheiten gehören u. a. auch die Aufstellung geschäftlicher Normen für den Verkehr der Mitglieder untereinander sowie mit dem Publicum und die Schlichtung von Streitigkeiten unter den Mitgliedern. Eine wesentliche Verbesserung hat tz. 24. des Statuts erhalten. Derselbe lautet jetzt: „Jedes Mitglied des Börsenvereins ist wähl bar, doch sollen niemals zwei Mitglieder des Vorstandes einer Firma oder einer Stadt angehören." Diese Bestimmung ist nicht zum Vortheil des Vereins gewesen. Es wird wesentlich zur Ver-