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2174 Nichtamtlicher Theil. 134, 12. Juni. die Bestände stets fast ganz gleich blieben. Bei Zeitschriften, die : heftweise erscheinen und wo jedes Heft einzeln berechnet wird, ist die Annahme des vorstehenden Grundsatzes außerordentlich empfeh- lcnswerth; bei solchen, die quartalweise berechnet werden, dagegen weniger nöthig, weil hier die Abbestellungen doch größtentheils prompt erfolgen und außerdem durch Zubestellungen im Lause des Quartals fast immer ausgeglichen werden. — 1. Miöcellen. Grillparzer und F.A. Brockhaus. — Die soeben bei Gelegenheit des fünfzigjährigen Jubiläums der Firma erschienene Biographie von Friedrich Arnold Brockhaus enthält unter anderem einen höchst interessanten Brief Grillparzer's an den Gründer dieser Vcrlagshandlung, ä. ä. 6. April 1818, aus welchem manche Einzel heiten zur Geschichte der „Sappho" zum ersten Male bekannt werden. Brockhaus hatte dem Dichter die Aufnahme der „Sappho" in das Taschenbuch „Urania" und ein Honorar von vier Carolin für den Bogcn angeboten. Grillparzer glaubte keinen Anlaß zu haben, seine herrliche Dichtung in einem Almanach zu vergraben, und mochte auch darüber verstimmt sein, daß ein norddeutscher Verleger, der mit ihm eine Geschäftsverbindung eingehen will, nicht einmal seine „ Ahnfrau " kannte. Wir entnehmen dem sehr merkwürdigen Brief des jungen und doch sich bereits fühlenden Dichters folgende Stelle: »Wie wenig Sie übrigens bei einem solchen Abdruck (einer Separatausgabe der „ Sappho" neben dem Abdruck im Taschenbuch) riskiren, mag Ihnen der Umstand bezeugen, daß eben jetzt, nach der Herausgabe meines ersten Trauerspiels „Die Ahnsrau", der Wiener Verleger Wallis- hausser mir angcküudigt hat, daß die erste Auflage von 1500 Exem plaren fast vergriffen sei. Wenn das der Fall bei einem Wallishausser ist, dessen Absatz und Verbindung mit dem übrigen Deutschland so gering ist, daß ein Brockhaus ein Jahr nach dem Erscheinen des gedruckten Werkes fragen kann: ob es denn überhaupt schon gedruckt sei? was wäre nicht bei dem Stande Ihres Verkehrs zu hoffen; wozu noch kommt, daß mein Name gegenwärtig doch nicht so fremd in Deutschland klingt, als beim Erscheinen der „Ahnfrau".... Was im Falle eines wechselseitigen Verständnisses das Honorar betrifft, so müßte ich Sic ersuchen, einen bestimmten Betrag auszusprechen, da ich mich auf Berechnung nach Seiten und Zeilen und auf Vergleichung der Handschrift mit dem Drucke nicht verstehe. Nur muß ich bekennen, daß, soviel ich heraus- klügeln kann, das Honorar von 4 Carolin für den Bogen von 16 Seiten mit kleiner Schrift den Preis nicht erreichen würde, den ich bei mir selbst ungefähr festgesetzt habe. Vier Carolin mögen ein allerdings ansehnliches Honorar für Erzählungen und Gedichte und historische Darstellungen re. sein, wie man sie halb zur eigenen Un terhaltung (!), halb eben der 4 Carolin (!) wegen für Taschenbücher macht. Auf meine „Sappho" habe ich die Frucht mühevoller Studien, vielleicht künftige Lebensjahre verwendet und — ich hoffe, sie soll einige Almanachs-Jahrgänge überleben.« Brockhaus dankte am 6. Mai, bemerkte aber dabei: nach dem was ihm sein Freund Böttigcr in Dresden (von dem er so viel Herrliches über die „Sappho" gehört) über den Umfang des Stückes mitgetheilt, könne es nicht in die „Urania" aufgenommen werden. Den Verlag lehnt er in beiden Richtungen ab, unter obligatem Jammer über die schlechten Verlagserfahrungcn. Ja, er findet das Honorar von 4 Carolin sehr hoch. Inzwischen war „Sappho" über die Bühne ge gangen, Grillparzer feierte einen Triumph. Sofort läßt Brockhaus, am 22. Mai 1818, einen zweiten Brief folgen, erklärt sich zum Verlage bereit, verspricht, zu Weihnachten mit dem Werke hervor- zulreten, erbietet sich eine illustrirte Ausgabe mit Hilfe „genialer Zeichner" zu veranstalten. „Endlich würde ich wünschen, daß, wenn Sie einmal mit mir in Verbindung träten, Sie diese Verbindung, solange ich Ihnen keine Ursache zu Beschwerden gebe, nicht auflösen möchten." Brockhaus erbietet sich ferner auch eine Ausgabe der „Ahnfrau" für Norddeutschland zu übernehmen, wenn Grillparzer neben der Wiener eine solche veranstalten wollte. Der Dichter ließ seine „Sappho" in Wien erscheinen und brach jsde weitere Corre- spondenz mit Brockhaus ab. (Allg. Ztg.) Von „Wartigs Erläuterungen zu den deutschen Klassikern", die sich schon im Börsenblatt vom 2. October v. I. mit verdienter Anerkennung besprochen finden, ist das 1. Bändchen, Goethes Hermann und Dorothea enthaltend, soeben in zweiter, neu durchgqsehener Auflage erschienen, mit den schönen Widmungsworten an der Spitze: „ Dem sieghaften, glücklich geeinigten deutschen Volke seien die Erläuterungen seines größten Dichters wiederholt in treuer, ernster Liebe dargebracht." — Den strebsamen jungen Buchhänd lern, denen es um ernste Litcraturkenntniß zu thun ist, seien bei diesem Anlaß die „Erläuterungen" aus der bewährten Feder von Heinrich Düntzer von neuem warm empfohlen! Aus Rom schreibt man der Allgemeinen Zeitung: „Aus Neapel erhalten wir die Nachricht über eine bibliographische Entdeckung, welche bei den Freunden der Wissenschaft in Deutsch land viel Interesse erregen wird: Der Buchhändler Giuseppe Dura hat Dank den emsigen und umsichtigen Forschungen des ausgezeich neten Bibliographen Cav. Gennaro Vigo, eine Copie der Annalen des Mattco Spinelli da Giovenazzo gesunden, welche gegen die Hälfte des 17. Jahrhunderts in apulischem Dialekt gedruckt wurde und bis jetzt allen Bibliographen unbekannt war. Es ist klar, daß diese Entdeckung der Polemik ein Ende macht, welche mit so viel Hitze zwischen Hrn. Bernhard, Professor am Luisenstädter Gymna sium in Berlin (welcher behauptet bewiesen zu haben, daß diese An nalen eine Mischung des 16. Jahrhunderts seien), und dem Cav. Minieri-Ricci und anderen unserer Kritiker entbrannt ist, welch letztere sich eifrig bemühten, Italien überhaupt und Neapel insbeson dere den Ruhm zu bewahren, den ersten Historiker hervorgebracht zu haben, welcher noch vor Ricordano Malaspina und Dino Com- pagni in italienischer Sprache die vaterländische Geschichte schrieb. Unterdessen hat Hr. Dura die Absicht, einen in solchen Studien sehr erfahrenen Mann dazu zu bewegen, diese Annalen zu prüfen, um jenes Exemplar in einem genauen Abdruck und mit Vergleichung der andern nach Manuscripten veranstalteten Publicationen zu ver öffentlichen (bis jetzt nämlich sprach man nur von Manuscripten der Annalen des Spinelli, nie von einer gedruckten Ausgabe desselben). Nach diesen Manuscripten haben bis jetzt Caruso. Muratori und Andere Publicationen hcrausgegeben. Hr. Dura hofft, daß seine Bemühungen zum Nutzen aller Derer ausschlagcn, die sich mit dem Studium unserer Geschichte und Literatur beschäftigen." Bekanntlich ist im Jahre 1870 auf Grund eines Bundesraths- : bcschlusses der Centraldirection der Gesellschaft für ältere deutsche > Geschichte zum Zwecke der Fortsetzung der Herausgabe der Non n- : msnta 6srinan>Ä8 bistvriea eine Subvention aus Reichs- : Mitteln im Betrage von 3400 Thalern ohne Rechtsanspruch auf l Fortdauer derselben gewährt worden. Ein auf Anregung des preu- : ßischen Cultus-Ministeriums von den Mitgliedern der Berliner l Akademie der Wissenschaften erstattetes Gutachten gewährt die Ucber- - zeugung, daß das wichtige vaterländische Unternehmen, wenn cs , ferner gedeihen solle, unter die obere Leitung der Berliner Akademie r der Wissenschaften gestellt werben müsse. Der Reichskanzler hat - demgemäß den Bundesrath ersucht, die Fortgewährung der Untcr- r stühung aus Reichsmittcln für die Nnnumenta lilsrrnanias bisto- i riorr pro 1873 an die Bedingung zu knüpfen, daß die wissenschaftliche , Leitung des Unternehmens der preußischen Akademie der Wissen schaften übertragen werde. (Allg. Ztg.)