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lerische Wirkung noch durch die Finessen eines oft mehrfarbigen Druckes bedeutend gehoben wird. Dem aufmerksamen Beobachter dieser schönen bildung auf, die immer dem interessanten Stimmungsgehalt entspricht und den scharfen Blick des Künstlers für alle Zufälligkeiten der Natur verrät. Die Poesie des Flachlandes und die Eigenart der Küste weiß Protzen gleich sicher wiederzugeben. Die früher so oft bestrittene, weil anspruchslos auftretende Schönheit der märkischen Landschaft hat schon lange vor Walter Leistikows Schule machenden Bildern hier in Protzen einen glühenden und beredten Schilderen gefunden, der den intimen Reiz der märkischen Flußläufe und den ernsten Charakter der stillen Waldseen in treffender Weise zu schildern weiß. Auch die reich be wegten Seestücke und Hafenbilder dieser Mappe weisen in Auffassung und Ausführung einen sichtbaren Fortschritt auf. Mit der angeeigneten größeren technischen Sicherheit ging der Künstler bald zu größeren Formaten über. Die ersten großen Blätter sind die beiden ebenfalls im Verlage von E. H. Schroeder, Berlin er schienenen Gegenstücke »Im Hafen« und »Auf hoher See«, in flotter Technik ausgeführte Radierungen, auf denen die Takelage mit ihren tausend Einzelheiten ebenso getreu gezeichnet ist, wie der gut beobachtete Wellengang. Es sind prächtige Blätter, frisch empfunden und groß zügig geschildert mit einem ausgesprochenen dekorativen Zug. Unter den zahlreichen weiteren Seestücken, die der Künstler geschaffen hat, nimmt das große im Verlage von Stiefbold L Co., Berlin, erschienene Blatt »Die Sturmfahrt der Sonderklasse am 23. Juni 1904 in der Kieler Föhrde« die erste Stelle ein. Die sehr sorgfältig in sauberer Nadelarbeit ausgeführte große Radierung schildert den Höhepunkt des Rennens, die Umsegelung der Wendemarke. Im Vordergründe segelt die Jacht »Angela«, deren Ruder der Kronprinz selbst führt. Eine See brandet gerade am Achterschiff und überschüttet mit ihrem Schaum und Gischt das ganze Boot, das unter dem Drucke seiner großen Segel mit zischender Fahrt durch das Wasser schießt, auf die dicht vor ihm liegende Tonne 2 zu. Zwei andere vorausliegende Jachten haben die Kursmarke schon gerundet und liegen schwer stampfend am Winde. Protzen, der selbst als Führer der Klubjacht »Wannsee« in den Wettkämpfen der Sonderklassen-Jachten eine hervorragende Rolle spielt, hat die Situation meisterhaft und voll Leben wiedergegeben. Das in engen Strichlagen durchgeführte Blatt ist ein Beweis für den unermüdlichen Fleiß des Künstlers, der sich dieser mühsamen Arbeit mit Ausdauer hingegeben hat. Als die Technik der Radierung keine Geheimnisse mehr für Protzen hatte, versuchte er sich in anderen graphischen Ausdrucksmitteln. Die Manier an. Erst vermischte er diese Verfahren mit der Radierung und benutzte sie zur Erzielung größerer Effekte von radierten Platten. Bald ging er dazu über, die Schabkunst selbständig für sich anzuwenden. In dieser Manier sind die großen Platten »Der Waldsee«, »Ostseeküste«, »Villa Huldchinsky«, »Schlachtensee« usw. ausgeführt. Für den Berliner Verein für Original-Radierung lieferte der Künstler ein Schabkunstblatt »Die nächtliche Fahrt eines Ewers« von malerischer Wirkung, auf welchem Geschicklichkeit in der Handhabung des Polierstahls Zeugnis ablegen. Für denselben Verein lieferte Protzen auch ein reines Aquatintablatt »Am Hafen« mit einer sehr lebendig aufgefaßten Gruppe von Fischer frauen. Die feuchte Atmosphäre und der graue Himmel mit der sehr interessanten Wolkenbildung ist wirkungsvoll durch den breit und flächig arbeitenden Aquatinta-Ton zum Ausdruck gebracht worden. Selbst in dem alten, Anfang der vierziger Jahre von dem Münchener Maler Fr. von Kobell erfundenen Verfahren der Galvanographie hat der Künstler sich versucht, und zwar auf Veranlassung des Berliner Kunstverlegers Rud. Schuster, in dessen Verlage die beiden großen in dieser Weise hergestellten Blätter »Bastei-Felsen« und »Stubbenkammer« erschienen sind. Bei diesem Verfahren, das fast ganz in Vergessenheit geraten war und Mitte der neunziger Jahre von Professor Herkomer zuerst wieder ausgenommen wurde, wird das Bild mit fetter Farbe auf Silberplatten gemalt und davon dann ein galvanischer Niederschlag erzeugt, der als Druckplatte dient. Um die Effekte zu erhöhen, hat Protzen die Platten schließlich noch mit Aquatinta übergangen und so zwei außer ordentlich plastisch wirkende Gegenstücke geschaffen, die einen ausge sprochen dekorativen Eindruck machen. Der Verkaufspreis dieser Blätter ist in Anbetracht des großen Formates als ein äußerst mäßiger zu be zeichnen. Nach einigen Versuchen in der mehrfarbigen Lithographie hat Protzen sich in den letzten Jahren fast ausschließlich der Schabkunst und der reinen Radierung gewidmet. Sein letztes radiertes Blatt, die wunderbare Platte »Deutsche Eicheu« erschien vor kurzem im Verlage von Paul Sonntag in Berlin und hat die respektable Ausdehnung von einem Meter. Es ist eine Glanzleistung der Radierkunst, wie diese wuchtig wirkende Gruppe kuorriger Eichen nahezu die ganze Platten fläche ausfüllt und nur einige Durchblicke freiläßt, die eine große Bild tiefe hervorzaubern. Die sonnige Beleuchtung entwickelt starke Gegen sätze in den kompakten Laubmassen der gigantischen Bäume, die sich in dem kleinen Tümpel des Vordergrundes zitternd widerspiegeln. Die erratischen Blöcke eines Hünengrabes heben sich wirkungsvoll von der grauen Waldfläche des Mittelgrundes ab; rechts schweift der Blick über die grell beleuchtete Wiese mit den friedlich weidenden Schafen bis zu dem fernen Silberstreifen eines Sees. Die groß angelegte Kom position verrät ein tiefes, inniges Naturgefühl und gründliches Studium, die technische Ausführung eine glänzende Meisterschaft in der Nadel führung und der Anwendung des Atzwassers. Die schwierige Behand lung det Wolken ist gut gelungen und die flotten, sicheren Striche sind dem außergewöhnlich großen Format glücklich angepaßt. Bei aller Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit in der Durchbildung der Einzel heiten hat Protzen es verstanden, einen geschlossenen, harmonischen Gesamteindruck zu erzielen. Das malerische Stimmungsbild ist ein Wandschmuck von imponierender Wirkung. Otto Protzen, der in einem Jahrzehnt den Weg von der Ansichts karte bis zur metergroßen Riesenplatte zurücklegte, hat den Höhepunkt künstlerischen Schaffens noch nicht überschritten. Wir werden noch manche ausgereifte Schöpfung des ernst strebenden Graphikers zu er warten haben. I)a8 Zrap1ti86ti6 Otto j?rot26N8. Oie LildZröke — odne klattenranck — ist in Zentimetern anZeZeden, 1. Knton im 8edi1k. OriZinal-kackierunZ. 1895. ^28,5 : 22 .om. 2. 8ed1oL KdeinsderZ. OriZinal-kadiorunZ. 1895. 18 : 31 em. 7. Im Kieler Haken. 8,5 : 13 em. 9. Im HardurZer Haken. 8,5 : 12 em. 10. 8edooner bei blaute. 9 : 11,5 em. 11. 8. Hl. 8odnl3odikk Oneisenau. 8,2 : 10 em. 12. 8. Hl. Oomet. 11 : 8,8 om. 13. 8. Hl. Hleteor. 10,6 : 8,8 om. 15. Vollsedikk vor HVinck. 10 : 7,5 om. 16. ^uk der Oderspree. 8,3 : 10 om. ^ ^25 kkx. ^97^^ n ,-ij 1898. 32 : 48 em. ' ° ^ ^ ^