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45, 24. Februar 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtkchn. Buchhandel. 2389 Nichtamtlicher Teil. Dretzlers Kunstjahrbuch 1909.') Der vierte Jahrgang von Dreßlers Kunstjahrbuch, herausgegeben vom Malerarchitekt Willy O. Dretzlec (Verlag Carl Hinstorffs Buchdruckerei, E. Erichson, Rostock i. B!.), ist als Jubiläums-Ausgabe zur Hundertjahrfeier der Königlichen Bayerischen Akademie der Künste in München erschienen. Das Buch, das sich für unsere gesamten Kunst, kreise als ein unentbehrliches Nachschlagewerk erwiesen hat. zeigt sich diesmal nicht bloß in neuem Gewände, sondern es hat auch erheblich an Umfang zugenommen und wesent liche Verbesserungen erfahren. Wenn sür den Schriftlypus an Stelle der bei den früheren Jahrgängen gewählten Fraktur diesmal die Antiqua getreten ist, so ist dies im Hinblick darauf, daß das Buch auch im Ausland Beachtung gefunden hat, nur zu billigen. Zugleich (mit diesem Wandel der Schriftgattung sind auch die seiner zeit hier gerügten seltsamen Kapitelüberschriften, die mit ihren unorganischen Schristzeichen dem Leser nur Schwierig keiten, keine Erleichterung boten, verschwunden, — gewiß nicht zum Schaden des Ganzen. Vor allem aber hat das Buch, was schließlich die Hauptsache ist, an Zuverlässigkeit des Inhalts gewonnen, indem viele Angaben über Künstler- Persönlichkeiten richtiggestellt und vermehrt worden sind. Dies mag ein wertvolles Zeugnis dasür fein, daß die Künstler dem Herausgeber durch vermehrtes Entgegen kommen und fleißigere Mitarbeit seine mühevolle Arbeit unterstützt und erleichtert haben. Dem eigentlichen Inhalt vorangestellt ist ein größerer Aufsatz »Zur Jahrhundertfeier der Münchener Akademie der bildenden Künste«, der mit den Bildnissen des Protektors der Anstalt, Prinzregent Luitpold von Bayern, ihres Begründers Max Josef I., des derzeitigen Direktors Ferdinand von Miller und des jetzigen Sekretärs Eugen Ritter von Stieler geschmückt ist. Der höchst zweckmäßig zu sammengestellte Inhalt besteht aus folgenden Abschnitten: »Allgemeines Sachregister«, das, nach Städten geordnet, die Lehrstätlen und »Dokumente» deutscher Kunst, sowie die Künstlergemeiuschaften nachweist; ferner je ein alphabetisches Verzeichnis über »Deutsche bildende Künstler und Künstle rinnen der Gegenwart« und »Kunstaelehile, Kunstschrift steller und -schriftstellerinnen-, »Lehrstätten der Kunst und des Kunstgewerbes», »Dokumente deutscher Kunst» (in Form von Museen, Galerien, Pcioatsammlungcn, Kirchenschätzen. Bibliotheken und Vorbildersammlungen). »Jnteressenverbändc» (die die verschiedenen Vereinigungen zusammenfassen), »Schriften zur Kunst», »Mittler zur Kunstarbeit» (die über die rechtliche Stellung des Künstlers, Normen für die Be rechnung künstlerischer Arbeiten, Grundsätze für das Ver fahren bei Wettbewerben, Prüfungsordnung sür Zeichenlehrer und Zeichcnlehrerinnen in Preußen und ein Verzeichnis der Ausstellungsmöglichkeiten berichten), sowie im Anhang: »Arbeitsstätten der Kunst», wo über Privat-Unterrichis- ateliers und -Schulen, Kunstsalons, deutsche Kunstverleger Anstalten für graphische Künste, deutsche Kunstwelkställen, Spediteure sür Kunstwerke rc. Auskunft gegeben wird. ckruelrerei (L. 1§rieti80Q), Ho8tooIr i/N. 8'. 1.V, 762, 34 8. ?rei8 Asbuncken 10 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. Wie der Herausgeber im Vorwort erwähnt, mußten, um den Erscheinungstermin nicht noch mehr zu verzögern, die Rückschau, die Nachrufe und der nach Spezialberufen ge ordnete Anhang zu der Abteilung »Bildende Künstler und Künstlerinnen der Gegenwart» in diesem Jahre ausfallen. Der nächste Jahrgang wird diese Teile verbessert wieder aufweisen. Das ganz vortrefflich redigierte Werk verdient volle Anerkennung. Ernst Kiesling. Otto Protzen und sein Werk. Von Adalbert Roeper. sich als Schilderer der deutschen Landschaft und des Segelsports vor teilhaft bekannt gemacht. Selbst ein begeisterter Freund des Wassersports, hat der Künstler auf seinen ausgedehnten Tourenfahrten im Boot alle gegeben, unter Anwendung der verschiedenartigsten Techniken. Obgleich erst seit dreizehn Jahren als Graphiker tätig, umfaßt das Werk Otto Protzens heute doch bereits 87 Blatt, wozu noch mehrere hier nicht mit aufgeführte Exlibris, Einladungskarten und Postkarten kommen. allen graphischen Ausdrucksmöglichkeiten versucht und es überall zu einer anerkennenswerten Meisterschaft gebracht; in der Radierung wie in der Schabkunst, in der Algraphie wie in der Lithographie ist ihm kein Weg fremd, und er weiß stets das rechte Mittel anzuwenden, um jeden gewollten Eindruck von zartester Detailausführung bis zur gewisser dekorativer Zug haftet ihnen an, der ihre Bestimmung zum künstlerischen Wandschmuck stark betont. Otto Protzen ist am 24. März 1868 in Berlin geboren. Er ist erst auf dem Umwege über den Kaufmannsstand, in welchem er sich sechs Jahre lang betätigte, zur Kunst gekommen. Bon 1892 bis 1897 studierte er auf der Berliner Akademie hauptsächlich unter dem Landschafter Bracht und dem Kupferstecher Hans Meyer. Seine ersten selbständigen Radier versuche datieren vom Jahre 1895. Es sind kleine Blättchen aus der Umgebung Berlins, in denen das warme poetische Gefühl des Künstlers bereits zum Ausdruck kommt. Es folgen die im Berlage von Rud. Schuster in Berlin erschienenen 12 Künstler-Postkarten mit den flott und sicher radierten Schiffen und Segelbooten großen und kleinen Kalibers, die durch die präzise und scharf beobachtete Zeichnung das Entzücken aller Freunde des Wassersports erregen. Die kleinen frisch Wetter in heißem Rennen an der Wendemarke manövrieren, mit den dickbauchigen Fischerkuttern in schäumender Brandung, mit den impo santen Kriegsschiffen und Vollschiffen unter Segel sind so natürlich ge sehen und in allen Einzelheiten der Bewegung und der Zeichnung so exakt und durchaus getreu ausgeführt, wie es nur das kundige Auge und die sichere Hand eines erfahrenen Sportsmannes imstande ist. Die Karten sind als Vorstudien zu seinen größeren Blättern anzusehen; denn die meisten der hier behandelten Sujets hat der Künstler später in großem Format ausgeführt. Zwei Jahre später hat der Kunstverlag von E. H. Schroeder in Berlin, der auch eine ganze Anzahl von größeren Radierungen des Künstlers veröffentlichte, zwölf kleinere Blätter unter dem Titel »Zu Wasser und zu Lande« in eleganter Mappe herausgegeben. Es sind stimmungsvolle Naturstudien, mit feiner Nadel auf Kupfer gezeichnet und bis ins kleinste Detail sorgfältig ausgeführt, deren vornehme künst- 312