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^ 73. 1. April 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtjchn, Buchhandel. 3897 technische und Inseratenteil untersteht heute seinem Bruder Robert Bachem, dem zweiten Vorsitzenden des Vereins deutscher Zeitungs verleger Eine Reihe von sozialen Wohlfahrtseinrichtungen der Verlagsfirma I. P. Bachem kommt auch den Zeitungsangestellten zu gute. Als eine der ersten Krankenkassen Deutschlands rief der Bruder des Gründers der Firma, Lambert Bachem, am 1. Oktober 1824 eine Krankenkasse der Firma ins Leben. Im Jahre 1873 entstand dann auf Grund der sozialpolitischen Gesetze die Bachemsche Betriebskrankenkasse. Daneben bestehen folgende, von der Firma mit erheblichen Zuschüssen bedachte Wohlfahrts einrichtungen: eine Krankengeld-Zuschußkasse, eine Unterstützungs- lasse zur Unterstützung in unverschuldeten Notfällen, eine Invaliden- und Altersversicherungskasse, gestiftet am 4. Mai 1893 aus Anlaß des fünfundsiebzigjährigen Geschäftsjubiläums, eine Sparkasse, in der geringere Einlagen mit 6 Prozent verzinst werden; endlich eine Mobiliar-Feuerversicherung, die ohne alle Förmlichkeiten Versicherungen bis 6000 entgegennimmt und zu der die Firma die Hälfte der Prämien- fätze für Angestellte bezahlt. Allen Angestellten und Arbeitern, die das fünfundzwanzigste Lebensjahr überschritten haben und fünf Jahre im Geschäft tätig sind, wird jährlich ein abgestufter Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Lohnes gewährt. Für Lehrlinge und junge Gehilfen des technischen und kaufmännischen Betriebs bestehen Fortbildungskurse, wobei auch Vorträge über Kunstgeschichte, Fortschritte in der Technik und dergleichen ge halten werden. Auch eine Haus- und Jugendbibliothek von 600 Bänden ist ins Leben gerufen worden. Drei Angestellte der Firma sehen auf eine mehr als fünfzigjährige Tätigkeit im Hause zurück, und sechzig Beamte, Angestellte und Arbeiter sind länger als fünfundzwanzig Jahre darin tätig. 0. II. * Versteigerung von Radierungen Chodowieckis. — Von der vom 15. bis 17. März 1910 bei C. G. Boerner in Leipzig abgehaltenen Versteigerung der fast vollständigenStechow- Engelmannschen Dublettensammlung der Radierungen Daniel Chodowieckis (Katalog I6a>) sind wir in der Lage folgende bemerkenswerte Preise bekanntzugeben: Kat.-Nr. Kat.-Nr. 19 Dasselbe 210.- 20 Dasselbe 210.- 22 Brustbild eines alten 24 Brustbild eines alten singenden Weibes 260.— 26 Husaren und Mönche 110.— 40 Der kleine L'hombre- Tisch 230.— 41 Dasselbe ^ 310.— 41a Dasselbe 155.— 32 Eine Gesellschaft von sechs Damen mit dem Künstler in seinem Zimmer 235.— 65 Die Dame mit dem Muff 610 — 67 Dasselbe 275.— 58 Der Friede bringt den König wieder 275 — 91 Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen 110.— 95 Lohnet, cke NaxilN68 4 20.— 108 12 Blätter zu Lessings Minna von Barnhelm. Erste Folge 460.— 109 Dieselbe Folge 120.— 110 12 Blätter zu Lessings Minna von Barnhelm. 2. Folge 170.— 111 Dieselbe Folge 220.— 112 Dieselbe Folge 286.— 114 Sieben Einfälle zu Lessings Minna von Barnhelm 160.— 122 Motion prö8 cke Olloo- -üm 285.— !24 Dasselbe 105 — 156 eg-binst ck'un keintre 250.— 177 Vignette zu Krünitzs Encyklopädie. Erster Teil 425.— 234 Die Grausamkeit 100.— 251 Titelvignette zu Goethes Werther 195.— 292 Titel und Porträt zum Lauenburgischen ge nealogischen Kalender für 1778 160.— 623 Der Nachruhm am Be gräbnistage meiner se- ligenFreundin. Ihrem Chodowjecki geschrie ben von A. L. K. Ber lin 125 — 625 Der himmlisch gewor denen Ehegattin des Herrn Daniel Chodo wjecki, nachgerufen von ihrer Freundin A. L- K. im Rosenmonat. 1785. Berlin 160.— 707 Brustbild des Pre digers Fr. Reclam 310.— 712 ZweiTitelvignettenzu Büschs Erfahrungen 100.— 760 12 Blätter: der Toten tanz 125.— 1079 Fünftes bis achtes Blatt zu Steins Charakteristik Fried richs II. 126.— 1082 Modekleidungen aus der Mitte und dem Ende des 18. Jahr hunderts 525.— * Reuigkeiten-Anzeigen (Verleger-Zirkulare) in Post kartenform. (Vgl. 1909 Nr. 226, 264, 268, 302; 1910 Nr. 8, 23, 28, 65 d. Bl.) — Den hier schon bekannt gegebenen Verlegern, die ihre Neuigkeitenzirkulare als Postkartenhefte in sofort verwend barer Prospektform auszngeben sich entschlossen haben, ist die Polytechnische Buchhandlung A. Seydel in Berlin hinzu getreten, von der uns das neueste Heft dieser Art (März 1910) vorliegt. — Vom Verlag der Aerztlichen Rundschau Otto Gmelin in München ist uns in derselben Form Heft 2 (März 1910) zugekommen. * Der Züricher Goethefund. Wilhelm Meisters thea tralische Sendung. (Vgl. Nr. 44, 45, 47, 48, 61, 69 fS. 3701) d. Bl) — Die Anzeige von Eugen Diederichs Verlag in Jena in Nr. 69 des Börsenblatts vom 26. März 1910 (Seite 3701), betreffend die Erstveröffentlichung der in Zürich aufgefundenen Handschrift: Goethe, »Wilhelm Meisters theatralische Sendung«, gibt der Vossischen Zeitung Anlaß zu der nachfolgenden urheber rechtlichen Betrachtung: »Rechtsschwierigkeiten bei der Veröffentlichung von Goethes Urmeister. In der letzten, unmittelbar vor dem Fest erschienenen Ausgabe des Börsenblatts für den Deutschen Buch handel findet sich folgendes Seiteninserat: »»Wilhelm Meisters theatralische Sendung. Die Veröffent lichung findet im Herbst, sofern sie überhaupt erscheint, in meinem Verlage statt. Weitere Mitteilungen folgen bald. Eugen Diederichs Verlag in Jena.-« »Das merkwürdige Inserat, das es vermutlich zu einiger literaturgeschichtlicher Berühmtheit bringen wird, läßt es als möglich erscheinen, daß eine Veröffentlichung des sensationellen Züricher Goethefunds zunächst überhaupt nicht erfolgt. Man wird annehmen dürfen, daß sich die Bedenken des nunmehrigen Besitzers des Manuskripts auf die Rechtslage im Falle der Ver öffentlichung beziehen. Es im Auslande veröffentlichen will er aus erklärlichen Gründen nicht. Für eine Veröffentlichung im Reich aber ist die Rechtslage offenbar sehr merkwürdig. Was der Diede- richssche Verlag erworben hat, ist ein Manuskript. An diesem ist sein Besitz unbestritten; er kann unter anderem nicht dazu ge zwungen werden, es zu veröffentlichen oder eine Abschrift davon herzugeben. Was er aber nicht mit erworben hat, ist das Autorrecht an dem Roman; und ein solches besteht in Deutschland an posthumen Werken dieser Art und währt zehn Jahre von der ersten Veröffentlichung an. Ebenso in den durch Literaturkonvention mit dem Reich verbundenen Staaten. Wer besitzt nun dieses Autorrecht? Wenn direkte Erben fehlen, könnte jeder Nachfahre eines beliebigen Vorfahren Goethes es für sich reklamieren, und zwar — und das ist das Bedenkliche — auch nach der Veröffentlichung durch den Verleger, der dann ent rechtet würde. Nur wenn ein solcher Nachfahre nicht auftritt, gehört das Autorrecht dem, der die Veröffentlichung veranlaßt. Ein Mittel, etwaige Reklamanten zu zwingen, sich schon jetzt zu melden, gibt es rechtlich nicht.« — Dieselbe Frage erörtert Willy Koslowski in der »B. Z. am Mittag« (Nr. 73 vom 30. März 1910). Auf Grund der bisher erfolgten Mitteilungen über den Inhalt der aufgefundenen Handschrift glaubt er vom Inhalt des Fundes keine bloß ab weichende Fassung des bekannten Wilhelm Meister-Textes, sondern ein selbständiges Schriftwerk erwarten zu dürfen und kommt damit auf die Rechtsvermutung des § 29 des Urheber rechtsgesetzes: Ist die Veröffentlichung bis zum Ablaufe von dreißig Jahren seit dem Tode des Urhebers nicht erfolgt, so wird vermutet, daß das Urheberrecht dem Eigentümer des Werkes zustehe. Danach schließt er weiter: »Nur auf Grund dieser Vorschrift könnte ein Schutz gegen Nachdruck verlangt werden. Es fragt sich, ob vr. Denzler, der Züricher Gymnasialprofessor, der die Handschrift entdeckt und an Diederichs verkauft hat, »Eigentümer des Werkes« ist. Daß er Eigentümer des aufgefundenen Schriftstückes war, darf man als feststehend voraussetzen. War er aber auch Eigentümer des »Werkes«? Man weiß, daß es sich um eine Abschrift handelt, die Goethes Freundin Barbara Schultheß anfertigte. Zu welchem Zwecke, ist ungewiß. Vielleicht wollte Barbara Schultheß den Text für sich haben. Jedenfalls aber — und das dürfte ent- 503 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang.