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3866 Nichtamtlicher Theil. 220, 22, September, besten Einrichtungen zu versehen. Auch das Format der Zeitung wurde wieder vergrößert, um einem Feuilleton sür wissenschaftliche und schönwisscnschaftliche Literatur Raum zu schaffen, an dem bald die angesehensten Schriftsteller mitwirkten. Als sich 1838 Gelegenheit bot, ein ebenfalls in Köln erschei nendes Concnrrenzblatt „Der Welt- und Staatsbote" zu acquiriren, zögerte das Haus Du Mont-Schauberg nicht, dasselbe zu erwerben und mit der Kölnischen Zeitung zu verschmelzen. Mit Beginn der vierziger Jahre begann auch das politische Leben in Deutschland wieder mehr zu erwachen, so daß die Presse nicht mehr damit auskommen konnte, sich auf politische Correspon denzen oder Nachrichten zu beschränken. Das Publicum verlangte von der Presse selbständige Behandlung der Tagcsfragen, und diesem Bedürfnisse zu genügen, wurde im Jahre 1842 vr, Hermes gewonnen, dessen Leitartikel bald Aufsehen erregten, um so mehr als seine gewandte Feder sich meist sehr glücklich durch die Censur hin durch zu winden wußte. Trotzdem löste sich das Verhältniß schon nach kurzer Zeit und zwar unter einer Dissonanz, weil der Verleger gewahr wurde, daß sein Redacteur sich Einflüsterungen geneigt machen ließ, die mit der Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Blattes in schroffem Gegensätze standen. Es folgte hierauf in der Redaction der sowohl als Publicist, wie namentlich durch sein Werk über Amerika bekannte vr. Andree, den indessen schon nach einem Jahre Karl Heinrich Brüggemann in der Redaction ablöste, um nun bis zum Jahre 1855 keinen Wechsel mehr eintreten zu lassen. Als Brüggemann sich im genannten Jahre von der verantwortlichen Redaction zurückzog, trat sür ihn vr, Heinrich Kruse ein, und als dieser im Jahre 1872 im Interesse der Zeitung nach Berlin über siedelte, ersetzte ihn der gegenwärtig noch als Chesredacteur zeich nende vr, Aug. Schmits, während seine beiden Vorgänger noch der Redaction angehören. Immer bereit, seinem Patriotismus nicht allein durch das Wort, sondern auch durch die opferbereite That Ausdruck zu geben, widmete Joseph Du Mont vom Jahre 1842 ab noch einem anderen Unternehmen einen Theil seiner Kraft, Es handelte sich damals darum, das Interesse sür den Kölner Dombau durch ein eigenes Organ zu fördern, und in uneigennütziger Weise erbot sich das Haus Du Mont-Schauberg, das „Kölner Domblatt" herzustellen, welches am 3, Juli 1842 zum ersten Male erschien und seitdem trotz namhafter Geldopser von Seiten des Verlegers fortgesührt wurde. Mit Beginn des Jahres 1845 hatte die seitherige Besitzerin die Geschäfte, bestehend aus dem Verlag der Kölnischen Zeitung, der Bnchdruckerei und der Buchhandlung, ihren beiden Söhnen Joseph und Michael übertragen, Joseph Du Mont behielt nach wie vor die alleinige Leitung der Zeitung und der Druckerei, während Michael die Buchhandlung übernahm. Inzwischen hatte das Zeitungs- und Druckereigeschäst eine solche Ausdehnung ge wonnen, daß die seitherigen Localitäten nicht mehr ausreichten. Da eine Erweiterung derselben nicht ausführbar war, so wurde aus einem in der Breitenstraße erworbenen Grundstücke zum Neubau geschritten und dieser nach Fünfvierteljahren bezogen, unter gleich zeitigen wesentlichen Erweiterungen für die technische Herstellung der Zeitung, So glücklicher Weise vorbereitet, rückte das ereignißvolle Jahr 1818 heran. Es brachte die Preßfreiheit, und der Abonnentenstand der Kölner Zeitung, welcher Ende Februar 9500 betrug, erhöhte sich bis zum April aus 17,400, Während jedoch die Zeitung von der Regierung wegen ihrer liberalen Tendenz verfolgt worden war, erschien sie jetzt den Radicalen viel zu reactionär, sodaß sich ihr Herausgeber von dieser Seite wiederholt persönlicher Gefahr aus gesetzt sah, einmal sogar dem ganzen Etablissement Demolirung drohte, Nichtsdestoweniger wurde furchtlos aus dem Posten ver harrt, Die sich überstürzenden Ereignisse steigerten die Aufgabe der Zeitung auss höchste, sodaß die rasfinirtesten Beförderungs-Com- binationen ersonnen werden mußten, um bei den damals noch so langsamen Postverbindungen die wichtigen Nachrichten auf das rascheste zu erhalten, und Joseph Du Mont als weitsichtiger Ge schäftsmann scheute hiesür keine Kosten, So wurden z, B, die Be richte ans Baden über den dortigen Aufstand nicht direct nach Cöln adressirt, sondern nach Coblenz, wo sie ein Agent in Empfang nahm und von dort aus per Rheindampfer nach Cöln beförderte, was aus dieser Strecke die Landpost um ein Erhebliches überholte. Lange zerbrach sich selbst die Postverwaltung, aus die es natürlich wegen vermeintlich verspäteter Briefbestellung gegenüber den Nach richten der Kölnischen Zeitung Beschwerden regnete, den Kops, bis man endlich dahinter kam und alsdann die Post selbst die Rhein- dampser zur Beförderung der Briefschaften benützte Aus ähnliche Weise erhielt die Redaction der Kölnischen Zeitung die Londoner Times Jahre lang um wenigstens zwölf Stunden früher, als alle übrigen deutschen Zeitungen, was freilich für den Bezug dieser Zeitung allein eine jährliche Auslage von 3000 M, erheischte. Noch kostspieliger war allerdings eine andere Einrichtung, die zu Gunsten der Pariser Nachrichten und namentlich der Pariser Börsenberichte eingesührt wurde, denn »och existirtc kein elektrischer Telegraph, der in Blitzeseile die Nachricht von Land zu Land trug, und selbst die Eisenbahn, welche bereits zwischen Paris und Cöln mit dem Umweg über Brüssel verkehrte, brauchte damals noch zwei Tage, um die Post nach Köln zu tragen. Hier wurden deshalb Brieftauben zu Hilfe genommen, wodurch die Nachrichten innerhalb sechzehn Stunden von Paris nach Köln gebracht wurden. Den Ruf, die best- und raschestbediente Zeitung Deutschlands zu sein, wußte sich die Kölnische Zeitung überhaupt stets zu wahren, und sie wird darin bekanntlich auch heute noch von keinem anderen deutschen Organ übertroffen, wozu allerdings die hierfür günstige geographische Lage Kölns manches beiträgt. Dies kann aber den Ruhm ihrer Herausgeber, diesen Vortheil stets mit offenem Auge zu benützen, sowie den, wo ihnen dieser nicht zu Hilfe kommt, die sich bietenden Schwierigkeiten dennoch in genialer Weise in den Hintergrund zu drängen, in nichts schmälern, wobei nur an das Beispiel erinnert werden mag, daß die Berliner Kammer-Verhand lungen schon seit mehreren Jahren in der Kölnischen Zeitung ebenso früh erscheinen, als in den Berliner Blättern, eine Institution, die nur dadurch möglich wurde, daß die Redaction in Berlin ein eigenes Bureau etablirte und mit großem Kostenaufwand eine eigene Telegraphenlinie erwarb, welche nun das Berliner Bureau direct mit der Redaction in Cöln verbindet Daß die Herausgeber der Kölnischen Zeitung sich eine Erfindung, wie die des elektrischen Telegraphen, die für das Zeitungswesen eine so große Bedeutung ward, in der ausgiebigsten Weise zu Nutzen zu machen pflegen, kann, nachdem wir wiederholt gesehen, nach welch großen Gesichtspunkten man diesseits zu disponiren gewohnt ist, kaum mehr überraschen. Aus das Jahr1848 folgte dieReaction und mit ihr aufs neue eine Bedrückung der Presse, die sich mit umsomehr Eifer auch der Kölnischen Zeitung wieder zuwandte, als diese sich zu einer poli tischen Macht entwickelt hatte, die der reaktionären Regierung sehr unbequem war, Vorladungen des Verlegers und der Redacteure, Verwarnungen, Drohungen rc, rc, folgten sich Schritt aus Schritt, und nur mit knapper Noth entging die Zeitung wiederholt den be absichtigten Maßregelungen, bis endlich das Preßgesetz vom 7, Mai 1874demDrangsaliren derZeitungen etwas festere Schranken setzte, Verboten war die Kölnische Zeitung inzwischen in Oesterreich von 1850 bis 1861, im Kurfürstenthum Hessen von 1851 bis 1864, und im Königreich Hannover von 1858 bis 1862, Mit dem 1, Januar 1858 änderte die Kölnische Zeitung zum letzten Male ihr Format; sie nahm die Gestalt an, welche sie heute