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^ 56. 10. Mürz 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtfchn. Buchhandel. 3039 Die Leihbibliotheken der Warenhäuser und deren Verkauf gut erhaltener Bände in Original Einbänden zur Hälfte des regulären Preises«. In den heutigen Morgenzeitungen befinden sich wieder die bekannten Inserate des Warenhauses W. Wertheim mit »Extra- Preisen«, und hinter dem Riesenstangenspargel und anderem Ge müse, der Empfehlung der täglichen warmen Gerichte zwischen i/,12 und 3 Uhr, nach den kalten Platten, den verschiedenen Würsten und dem OchseN-, Schweine- und Hammelfleisch ist der Bücher abteilung ein nicht unbescheidenes Plätzchen gewidmet. Angezeigt wird der »Verkauf gelesener gut erhaltener Bände der Leih bibliothek in Original-Einbänden zur Hälfte des regulären Preises» und dann folgen aufgeführt: Bartsch, Elisabeth Kött Braun, Memoiren einer So zialistin Freüssen, Klaus Hinrich Baas Hart, Das heilige Feuer Hedin, Transhimalaja Heim bürg, Diverse Romane Herzog, Hanseaten Kahlenberg, Spielzeug Mann, Königliche Hoheit Marlitt, Diverse Romane Map, NeiseroMane Ompteda, Exzelsior Sohnrey, Grete Lenz Stratz, Für Dich Sudermann, Das hohe Lied Voh, Alpentragödie Werner, Diverse Romane Wolfs, Der Sachsenspiegel Zahn, Einsamkeit P erfall,AusmeineiNJägerlebei statt 5 .kt nur 2 ^ 60 H, statt 7 60 H nur 3 .<t 75 «Z. statt 6 .,.4 nur 9 statt 6 ^ Nur 3 statt 20 nur 10 ^t. statt 5 ^ nur 2 .kt 60 statt 4 50 «Z nur 2 25 statt 6 ^ 50 o) nur 3 ^ 25 <Z. statt ü 4.kt nur ä 2 .V?. statt ä, 4 ^ nur ä. 2 ^ 60 statt 7 60 o) nur 3 ^ 75 statt 6 nur 2 .F 60 statt 6 . nur 2 60 H. statt 6 NUr 3 statt 5 ^ 50 ^ nur 2 76 H. statt ä. 4 nur L 2 statt 6 ^ nur 3 .//. statt 4 50 «Z nur 2 25 H. statt 4 ^ 50 ^ nur 2 26 Es sind also sämtliche hervorragende Erscheinungen des letzten Winters genannt, die hier gut erhalten in Original-Einbänden zur Hälfte des Ladenpreises angeboren werden. Die Anzeigen der Berliner Warenhäuser werden in der letzten Zeit von dem großen Publikum wehr als früher beachtet. Der Konkurrenzkampf der feindlichen Brüder A.Wertheim und W.Äertheim. in den naturgemäß auch Tietz und das Kaufhaus des Westens hereingezogen wurden, hatte einen solchen Charakter angenommen, daß jedes der ein zelnen Warenhäuser Mit Bezug auf Preisstellung die äußersten An strengungen machen mußte, um von dem Konkurrenten nicht über rannt zu werden, und die Folge war natürlich, das der Dritte, das Publikum, der an diesem Kampfe unbeteiligt war, den Nutzen hatte. Besonders auf dem Gebiete der Nahrungsmittel suchten die Waren häuser einander an Billigkeit und Güte zu überbieten, und unsere Hausfrauen haben für die dabei gebotenen Vorteile ein feines Empfinden. Davon werden aber die Männer nicht ausgeschlossen. Die Magenfrage spielt nun einmal im Haushalt eine große Rolle, und wenn bei gleichem Wirtschaftsgelde die Frau größere Leistungen ermöglicht, wird die Ursache davon gern beachtet. Es ist daher nicht ausgeblieben, daß nächst unseren Damen auch deren Männer öfter als sonst einen Blick in die »Gerichts«-Anzeigen der Warenhäuser tun, und nicht ungeschickt ist es von diesen, bei solchen »Reklame-Artikeln«, auch auf ihre weiteren, sonst vielleicht weniger beachteten Abteilungen hinzuweisen. So werden die neuerlichen Ankündigungen der zug kräftigsten Novitäten zu herabgesetzten Preisen Beachtung in weitesten Kreisen gefunden und sicherlich bei dem interessierten Publikum die verschiedensten Gefühle ausgelöst haben. Der eine hat zu regulärem Preise das oder das andere Buch zu Weihnachten bei seinem Sortimenter gekauft und auf seine Frage nach einer Ermäßi- gung oder nach einem Rabatt ein entschiedenes Nein gehört, der andere hat eins der angekündigten Werke gerade zur Ansicht von seinem Buchhändler erhalten mit einer Faktur, auf der nur der Ladenpreis notiert ist, und wieder ein anderer ist im Begriffe, das betreffende Buch zu irgend einem Zwecke von seinem seitherigen Lieferanten sich holen zu lassen. Bei all diesen Interessenten muß nach dem Blick auf die Anzeige des Warenhauses der Gedanke wachgerufcn werden, daß dieses etwas ganz Besonderes kann und daß der alte Sorti mentsbuchhändler entweder nicht leistungsfähig ist oder zuviel ver dienen will. Auf Grund der Verkaufsordnung gegen derartige Anzeigen einzuschreiten, ist nicht möglich. § 14 sagt, daß als Antiquariat solche Werke anzusehen sind, die bereits Eigentum des Publikums oder an dieses gewerbsmäßig verliehen gewesen oder ihrer äußeren Beschaffenheit nab nicht mehr neu sind, und § 17 fordert die An kündigung in einer Form, die den antiquarischen Charakter solcher Werke in unzweifelhafter Weise erkennen läßt. Diesen Vorschriften genügt die Anzeige, wenn sie »Verkauf ge lesener gut erhaltener Bände der Leihbibliothek« anbietet. Dem Ausschuß zur Beratung der Verkaufsordnung sind die Miß stände, die sich bei dem Vertriebe der in den Lesezirkeln und Leihbibliotheken entbehrlich werdenden Vorräte zum Schaden des Sortiments und des Verlages naturgemäß ergeben müssen, wohl bekannt geworden, und eingehend wurde beraten, ob diesen ab zuhelfen sei durch Einführung einer Karenzzeit, innerhalb welcher nach dem Bezug den Leseinstituten billiger weiter zu verkaufen oder anzuzeigen verboten wäre, oder ob der Verleger gehalten werden könnte, an Lesezirkel nur solche Exemplare zu liefern, die aus einem entsprechenden Stempel auf dem Titelblatt den Zweck ihrer Bestimmung, des gewerbsmäßigen Verleihens, sichtlich zu tragen hätten, oder ob den Lcihanstalten die Verpflichtung auferlegt werden könnte, in dem Leihbetrieb nur Werke zu führen, die durch einen besonderen Einband als aus dem Lesezirkel stammend sogleich zu erkennen seien. Der Ausschuß hielt keinen dieser Vor schläge für durchführbar, weil die berechtigten Interessen, besonders der wissenschaftlichen Leihanstalten, ebenso wie des Antiquariats, zu berücksichtigen seien, und suchte die zutage getretenen Mißstände zu treffen durch die Aufnahme des § 15 in die Verkehrsordnung, nach dem antiquarische Werke zu beliebigen Preisen nur dann angezeigt und verkauft werden dürfen im ersten Halbjahr nach ihrem Erscheinen, wenn sie infolge ihrer Beschaffenheit nicht mehr neu sind oder sich nachweislich im Besitze des Publikums befunden haben. Nach den oben gemachten Ausführungen müssen die Vor schriften der Verkaufsordnung als nicht ausreichend angesehen werden. Anzeigen, wie sie von W. Wertheim erlassen werden, schädigen Verlag und Sortiment gleichmäßig. Wohl wird der Verleger erfreut sein, sobald er an ein Warenhaus oder Leseinstitut, auch wenn er einen höheren Rabatt erhält! Große Bibliotheken in Berlin und der Provinz, kleinere Leseinstitute und viele Bücherliebhaber kaufen heute ihren Gesamt bedarf nicht mehr beim Verleger bzw. dem Sortimenter zu den vom Verleger bestimmten Preisen; sie warten vielmehr bis die Anzeigen der Lescinstitute und der Warenhäuser erscheinen, um dann zu zwei Drittel oder zur Hälfte des Ladenpreises ihren Bedarf zu decken und schmunzelnd dem Sortimenter die bezogenen Bücher nichts tun. Hier muß der Verleger, der nicht Raubbau mit seinen Artikeln treiben lassen will, sich selbst helfen, und diese Selbsthilfe würde darin bestehen müssen, daß er an die Leihbibliotheken der Warenhäuser in Originaleinband gar nicht und broschierte Verlagsartikel nur unter der Bedingung liefert, daß diese inner halb von 3 Jahren zu einem herabgesetzten Preise nicht angezeigt werden dürfen, und später nur dann, wenn die Werke infolge ihres Zustandes im Leihverkehr nicht mehr verwendet werden können. Durch derartige Maßnahmen würde der Verleger sich selbst den größten Dienst erweisen, dem Sortimenter aber viel Ärger und Verdruß ersparen. Berlin, 3. März 1010. Karl Siegismund. 393*