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^ 93, 25 April 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 4909 verschafft, für diesen Buchhändler der Schutz des § 15 a. a. O. gegen eine zu Täuschungszwecken erfolgende Nachahmung des Einbandes begründet werden. Vorausgesetzt ist hierbei jedoch, daß das für den Absatz des Buches in Betracht kommende Pu blikum sich gewöhnt hat, in dem Einband des Buches das Kenn zeichen der Ware eines bestimmten, wenn auch dem Namen nach nicht bekannten Buchhändlers und nicht vielmehr ein Kennzeichen für den Inhalt des Buches zu sehen (vgl. RGO. 40, 67). Ob das eine oder das andere der Fall ist, hängt von der Auffassung des Publikums ab, die wiederum von dem Eindruck, den das Aussehen des Bucheinbandes bei dem Beschauer hervor ruft, wesentlich beeinflußt wird. Weist der Einband des Buches irgend eine die Aufmerksam keit des Beschauers erregende und nicht mit dem Inhalt des Buches unmittelbar zusammenhängende Besonderheit auf, so ist die Voraussetzung dafür gegeben, daß das Publikum den Einband als Kennzeichen der Ware eines bestimmten Buchhändlers be trachtet. Stellt sich dagegen der Einband lediglich als eine dem Inhalt des Buches und der durchschnittlichen Geschmacksrichtung seiner Leser angepaßte Umhüllung für das Buch dar, so läßt sich erwarten, daß das Publikum den Einband nur als Kennzeichen für das Buch selbst (unabhängig von seiner Eigenschaft als Ware eines bestimmten Buchhändlers) ansehen wird. Der im vorliegenden Falle als Gegenstand des Ausstattungs schutzes in Frage kommende Einband des Freundschen Gebet- und Andachtsbuches »Hanna« weist irgendwelche die Aufmerksamkeit des Beschauers erregende und nicht mit dem Inhalt des Buches unmittelbar zusammenhängende Besonderheiten nicht auf, sondern stellt sich lediglich als eine dem Inhalt des Buches und der durch schnittlichen Geschmacksrichtung seiner Leser angepaßte Umhüllung für das Buch dar. Es erscheint daher die Annahme begründet, daß das Publikum den Einband dieses Buches niemals als Kennzeichen für die Ware eines bestimmten Buchhändlers, sondern immer nur als Kennzeichen für das Freundsche Gebet- und Andachtsbuch »Hanna« betrachtet hat. Etwas anderes hat auch der in erster Instanz vernommene Sachverständige vr. Braun nicht bekundet. Der Vernehmung weiterer Sachverständigen über den hier erörterten Streitpunkt bedarf es nicht, weil die Verhältnisse der artig liegen, daß das Gericht selbst die Beurteilung vornehmen kann. Hiernach fehlt es schon an der wesentlichsten Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 15 des Warenbezeichnungsgesetzes, nämlich an der Verwendung einer Ausstattung, die innerhalb be teiligter Verkehrskreise als Kennzeichen gleichartiger Waren eines anderen gilt. Es liegt aber auch der weitere Tatumstand nicht vor, daß der Beklagte zum Zweck der Täuschung im Handel und Verkehr sich derselben Ausstattung wie 'der Kläger bedient habe. Es greifen hier dieselben Gesichtspunkte Platz, die bei Erörterung der Frage, ob der Beklagte gegen § 8 des Wettbewerbsgesetzes oder § 826 BGB- verstoßen habe, geltend gemacht sind und zu dem Ergebnisse führen, daß eine Absicht des Beklagten, Ver wechslungen zwischen seinem Buche und dem des Klägers herbei- zuführen, nicht für nachgewiesen zu erachten ist. Eine solche Absicht mußte um so ferner liegen, als das Titelbild auf dem Ein band bereits in der ersten, im Verlage der Schletterschen Buchhand lung erschienenen Auflage verwendet ist. Soweit der Kläger schließlich unter Berufung auf § 1 des Wettbewerbsgesetzes den in erster Instanz nicht geltend gemachten Anspruch erhebt, daß dem Beklagten untersagt werden solle, sich der Verbreitung des Buches »Hanna« mindern Zusatze »Neueste, vermehrte und verbesserte Ausgabe« zu enthalten, steht diesem Verlangen bei dem Widerspruch des Beklagten die Vorschrift des 8 627 ZPO. entgegen. Allerdings würde eine Klageänderung nicht vorliegen, wenn der Kläger sich zur Begründung eines bereits in erster Instanz unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt erhobenen Anspruchs in zweiter Instanz auch noch auf 8 l des Wettbewerbsgesetzes berufen würde. Um eine bloße Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes handelt es sich jedoch nicht, viel mehr tritt zu dieser Veränderung auch noch die Aufstellung neuer Behauptungen hinzu. Der Kläger hat in erster Instanz weder behauptet, daß der Beklagte sein Buch als »Neueste vermehrte und verbesserte Ausgabe« bezeichne, noch hat er zu erkennen gegeben, daß er sich Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. durch eine solche Behauptung des Beklagten beschwert fühle, daß er sie insbesondere für unwahr und geeignet halte, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen. Er hat aller dings in der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 1908 ein Exemplar des Israelitischen Familienblattes vom 8. Oktober 1908 überreicht, in dem eine Anzeige des Buches des Beklagten ent halten und dieses Buch als neueste, ungekürzte und vermehrte Ausgabe des Andachtsbuches »Hanna« von Jacob Freund be zeichnet ist. Daß der Kläger aber mit der Überreichung des Zei tungsblattes Behauptungen oder Erklärungen des oben bezeich- neten Inhalts verbunden habe, ist weder aus dem Protokoll vom 22. Dezember 1908 noch aus dem Urteilsbestande ersichtlich. Unter diesen Umständen liegt in der Erhebung des Anspruchs, daß der Beklagte die Bezeichnung seines Buches als »Neueste vermehrte und verbesserte Ausgabe« unterlassen solle, eine Änderung sowohl des Klagegrundes als auch des Klagegegenstandes, und es kann dieser Anspruch daher schon aus prozessualen Gründen keine Be rücksichtigung finden, so daß sich ein Eingehen auf die Frage, ob die Voraussetzungen des 8 l des Wettbewerbsgesetzes gegeben sind, erübrigt. Daß die oben unter dem Gesichtspunkt des 8 8 des Wett bewerbsgesetzes und des § 826 BGB. gewürdigten Anführungen des Klägers nicht geeignet sind, den Tatbestand des § 1 des Wett bewerbsgesetzes zu erfüllen, ergibt sich daraus, daß der Beklagte, wie aus den früheren Erörterungen hervorgeht, unrichtige An gaben tatsächlicher Art über geschäftliche Verhältnisse nicht ge macht hat. In der Bezeichnung des Buches des Beklagten als »Hanna«, Gebet- und Andachtsbuch für israelitische Frauen und Mädchen von Jacob Freund, kann, auch wenn man die Ausführungen des Klägers über die besondere Wertschätzung der Joelschen und Levyschen Beiträge als wahr unterstellt, eine solche Angabe keinesfalls gefunden werden, da sich eine Feststellung darüber, ob das Vorhandensein der Joelschen und Levyschen Beiträge für ein Buch mit dem vom Beklagten gewählten Titel wesentlich ist, nach objektivem Gesichtspunkte nicht treffen läßt, vielmehr das subjektive Ermessen und der religiöse Standpunkt des Lesers allein entscheiden würde. (Oberlandesgericht Breslau, 1. Juli Allgemeine Zeitungsverleger-Versammlung. — Dem »Zeitungs-Verlag«, Organ des Vereins Deutscher Zeitungsverleger (Sitz: Hannover), entnehmen wir folgenden Bericht: Die für den 14. April vom Verein Deutscher Zeitungsverleger nach Berlin einberufene Allgemeine Zeitungsverleger-Versammlung war derartig zahlreich besucht, daß der Vorsitzende mit Genug tuung in seiner Eröffnungsansprache feststellen konnte, »daß eine Versammlung zustande gekommen ist, wie wir sie von seiten der Zeitungsverleger noch nicht haben begrüßen können. Selbst als vor bald zweiJahren dieJnseratensteuer am Horizont auftauchte, konnten wir nicht eine so große Anzahl von Zeitungsverlegern begrüßen wie bei diesem Appell, den wir an die Kollegen gerichtet haben«. Es war mit einiger Sicherheit vorauszusehen, daß der Gegen- stand der Verhandlung — Einführung feststehender Jnsertions- tarife — eine große Anziehungskraft auf alle Zeitungsverleger ausüben würde; denn es handelt sich um eine Angelegenheit von außerordentlich großer Bedeutung für das ganze Zeitungs wesen. Auf jeden Fall gehört die Frage der festen An zeigenpreise gegenwärtig mit zu den wichtigsten im Zei tungsgewerbe, die einer Klärung und einer Besserung ent gegengeführt werden müssen. Was über die Notwendigkeit der Einführung feststehender Jnsertionstarife im allge meinen im Anzeigengeschäft zu sagen war, ist bereits in der letzten Nummer unserer Zeitschrift hervorgehoben; wir möchten jedoch nicht unterlassen — bevor wir auf die Versammlung selbst genauer eingehen —, an dieser Stelle besonders darauf hinzuweisen, daß verschiedene Herren, die in der Versammlung zu Wort kamen und die für ihre Blätter bereits feststehende Jnsertionstarife eingeführt haben, in rückhaltloser Weise betonten, daß sie mit der Wirkung und dem gnten Erfolg ihrer ge- schäftlichen Maßnahmen durchaus zufrieden find. Niemand konnte in dieser Hinsicht von gegenteiligen Erfahrungen be- 634