Volltext Seite (XML)
101, 3. Mai 1930. Redaktioneller Teil Börsenblatt s, ü. Ttschii Buchhandel. dem Abschluß. Das gleiche gilt für die Schaffung einer Schieds gerichtsordnung zwischen dem Rcichsverband bildender Künstler und den buchhändlerischen Organisationen. Stcuersragen. Auf steuerlichem Gebiete stand das Berichtsjahr im Zeichen der Bemühungen um eine grundlegende Reichsfinanzre form, die infolge der Arbeitsunfähigkeit des Reichstages ebenso langsam vorwärts kommt wie die übrigen trotz aller Zusagen noch ausstehenden Reformen. Die Finanzlage des Reiches, der Länder und Gemeinden ist immer schwieriger geworden. Man ist namentlich infolge der steigenden Lasten für die Arbeitslosen versicherung an dem Punkte angelangt, wo Abhilfe unter allen Umständen geschaffen werden muß. Leider hat sich bei dieser Zwangslage das der Wirtschaft seit langem versprochene Steuer- senkungsprogramm in eine Lastcnerhöhung verwandelt. In folge der dringenden Finanznöte ist auch das Werk der Steuer vereinheitlichung in den Hintergrund gedrängt worden; man sucht sich durch Teilmaßnahmen zu helfen, um wenigstens den dringendsten Bedarf zu decken. Eine einzige Erleichterung ist in zwischen eingetreten und zwar an Stelle der immer wieder ge forderten Besteuerung nach dem dreijährigen Durchschnitt die Zu lässigkeit des Verlustvortrages von einem, später sogar von zwei Jahren. Im Vordergrund der Steucrsragen des Buchhandels stand der Streit um den 8 7 UStG., der nach langwierigen Verhandlungen durch zwei Urteile des Reichssinanzhofes vom 19. April und 21. Oktober 1929 zugunsten des Buchhandels (Sortiment und Zwischenbuchhandel) entschieden wurde. Für den Verlag brachte das Berichtsjahr durch einen Bescheid des Reichs- sinanzhoscs eine gewisse Klärung über das vielumstrittene Pro blem des Verlagswertes. Hierüber ist im Bbl. Nr. 204 vom 3. Sept. 1929 berichtet worden. Auf dem Gebiete der Lager bewertung und der Festsetzung von Durchschnittssätzen für die Einkommensteuer nichtbuchführender Gewerbetreibender ist eben falls eine gewisse Konsolidierung zu verzeichnen. Die vom Bör senverein vertretene Auffassung hat im wesentlichen den Sieg davongetragen. Der Steuerausschuß befaßte sich namentlich mit der schwierigen Frage der Ausstellung von Durchschnittssätzen für Abschreibungen aus Anlagekapital. Bcrkehrssragen (Bahn, Post). Im Bahnverkehr sind im Berichtsjahr keine Änderun gen eingetreten. Ende März ging durch die Presse eine Notiz, daß die Reichsbahn eine Erhöhung der Eisenbahntarife vor zunehmen beabsichtige, bzw. eine Umstellung, die einer Erhöhung gleichkommt. Eine Heraussetzung der Eisenbahntarise trifft aber nicht nur das Buch als Fertigware, sondern alle zur Herstellung des Buches erforderlichen Grundstoffe und verteuert den End preis. Wir haben Einspruch erhoben und gebeten, falls eine Erhöhung unvermeidlich sein sollte, für die buchgewerblichen Er zeugnisse Vorzugstarife einzuführen. Klagen über zu langsame Beförderung oder über zu große Verluste von Bahnsendungen sind nicht an uns gelangt. Daraus kann geschlossen werden, daß der Bahnverkehr wieder die Sicherheit der Vorkriegszeit erlangt hat. In den letzten Wochen ist zwischen der Reichsbahn und den Kraflverkehrsunternehmungen ein heftiger Tarifkamps ent brannt. Die staatlichen und privaten Kraftverkehrslinien be deuten selbstverständlich für die Reichsbahn eine äußerst fühlbare Konkurrenz. Die Reichsbahn hat sich mit dem Versuch einer Aufklärung an die Öffentlichkeit gewandt. Die privaten Kraft- Verkehrslinien wehren sich gegen jede Erschwerung ihres Be triebs zugunsten der Eisenbahn, zumal da sie ohnehin neue Be lastungen durch Erhöhung der Kraftstoffsteuer auf sich nehmen mußten. Der Buchhandel, insbesondere der Leipziger Platz, wird sich naturgemäß immer der schnellsten und billigsten Besörde- rungsmöglichkeit bedienen müssen. Auch die Klagen über Unzuträglichkeiten im Po st verkehr haben nachgelassen. Abgesehen von einigen wenigen Fällen wur den uns begründete Beschwerden nicht unterbreitet. Die gegenwärtig geltenden Vorschriften über den Ver sand von Drucksachen, namentlich von Bücherzetteln, die vom Börsenverein wiederholt in anschaulichen Übersichten veröffentlicht worden sind, scheinen in Versenderkreisen nunmehr genügend bekannt zu sein. Wenigstens sind Beanstandungen im Berichtsjahr kaum noch vorgekommen. Auch der Päckchen-Versand hat sich gut eingeführt; Nachteile für den Kreuzbandversand sind uns nicht bekannt ge worden. Die vom Börsenverein und von anderen Organisationen nach und nach erreichten Vorteile und Verbesserungen genügen aber nicht allen. Man forderte beispielsweise eine allgemeine Herabsetzung der Drucksachengebühr auf drei Pfennig. Derartige Wünsche haben aber bei der angespannten Finanzlage der Ver kehrsinstitute keine Aussicht auf Verwirklichung. Der im Frühjahr 1929 in London tagende Weltpost kongreß hat verschiedene Verbesserungen für den internatio nalen Postverkehr angenommen. Eine hiervon ist die Einführung von Päckchen im Auslandverkehr. Auf Anregung des Börsen vereins darf künftig auch bei allen Drucksachen nach dem Aus land eine Geschäfts- oder Buchungsnummer angegeben werden. Ferner sind nunmehr auf Bücherzetteln Angabe des Verlegers zur Kennzeichnung des bestellten Werkes und ebenso Angabe über die Art des Einbandes zulässig. Alle diese Änderungen treten am 1. Juli 1930 in Kraft. Im abgelaufenen Jahr sind, wie auch in den früheren Jah ren, Vertreter von Industrie, Handel und Presse in derOber - Postdirektion Leipzig zu einer Besprechung über Ver kehrsfragen zusammengekommen. Wir sprechen an dieser Stelle dem infolge seiner Berufung in die Leitung der Oberpostdirektion Berlin scheidenden Präsidenten der Oberpostdirektion Leipzig, Herrn Gerbeth, herzlichen Dank für sein dem Buchhandel be wiesenes Wohlwollen aus. In der kurzen Zeit seiner Leipziger Amtsführung haben sich die guten Beziehungen zwischen Buch handel und Post, auf die beide Teile ganz besonders angewiesen sind, aufs beste weiterentwickelt. Zollsragcn. So oft sich Gelegenheit dazu bot, haben wir bei den zu ständigen Stellen unsere von jeher vertretene Auffassung vor gebracht, daß geistige Werke aller Art von jeglichen Zollab gaben befreit bleiben müssen. Wir stimmen darin mit allen buchhändlcrischen Organisationen der Welt überein. Auch der Internationale Verlegerkongreß hat diese Auffassung zu der sei nen gemacht. Leider lehnen aber noch viele Staaten die Anerkennung dieses Standpunkts ab. Es ist sogar festzustellen, daß in einigen bei neuerlichen Änderungen der Zolltarife die Zölle für literarische und künstlerische Erzeugnisse heraufgesetzt worden sind. Dabei ist diese Erhöhung noch nicht einmal das Ausschlag gebende. Die Verteuerung wird vor allen Dingen durch die Gebühren verursacht, die außer dem Zoll zu entrichten sind. Wir haben in verschiedenen Fällen, so namentlich bei Änderung des Zolltarifs in Rumänien, durch Anruf deutscher Regierungsstellen dagegen Stellung genommen. Uber die Fassung des inte rnationalenZolltaris- schemas wird beim Völkerbund in Genf noch immer verhan delt. Wir hatten bekanntlich vorgeschlagen, die geistigen und künstlerischen Erzeugnisse in einem besonderen Abschnitt zu sammenzufassen und sie auf diese Weise unter den sonstigen Warengattungen hervorzuheben. Die Anregung des Börsenver eins, der fast alle buchhändlerischen Vereine des Auslandes bei gepflichtet haben, hat sich noch nicht durchzusetzen vermocht. Manche Länder glauben eben, Schutzzölle auch für geistige Er zeugnisse nicht entbehren zu können. Auch in Deutschland ist der Zolltarif geändert worden. Wir haben dafür verschiedene Wünsche vorgetragen. Insbesondere forderten wir den Fortfall des Zolles auf buch händlerische Kataloge, Nachschlagewerke und Prospekte, ohne da mit zunächst Erfolg zu haben. Dagegen ist eine Erleichterung 409