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101, 3. Mai 1830. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Dtschn Buchhandel. Vertretungen gestellt werden. Zum 8 91 des Entwurfes liegt der Antrag vor, eine Bestimmung einzusügen, nach der die gesetzliche Berufsvertretung verpflichtet wird, die Übertragung der Auf gaben der paritätischen Ausschüsse an bestimmte Vereinigungen daun vorzunehmen, wenn die hierfür zuständigen Fachvcrbände der Arbeitnehmer und Arbeitgeber dies verlangen. Die An nahme dieses Antrages würde auch der von uns von jeher ver tretenen Auffassung gerecht werden. Ebenso entspricht unserer früheren Stellungnahme, daß die Durchführung des Gesetzes nicht den Arbeitsämtern, sondern den Handelskammern zugewiesen werden soll. Besonderes Interesse für den Buchhandel kommt noch K k>1a des Entwurfes zu, der in Form einer Kann- Borschrift den gesetzlichen Schutz einer bestimmten Berufs bezeichnung voksieht. Damit würde die Möglichkeit eröffnet, daß künftig nur noch solche Personen die Berussbezeichnung »Buch händler«: führen dürfen, welche eine entsprechende Prüfung ab gelegt haben. Das letzte Wort ist freilich über das Gesetz noch nicht gesprochen. Zahlreiche Wirtschastsverbände halten an der Forderung fest, die Verabschiedung des Gesetzes zu vertagen, da eine gesetzliche Regelung verfrüht sei und die Gefahr bestehe, daß vielleicht gesunde Entwicklungsmöglichkeiten durch eine vorzei tige gesetzliche Festlegung zerstört werden. Im Reichsministerium des Innern wird gegenwärtig an einem Entwurf für das Preßgesetz gearbeitet. Dem vom Ministerium eingesetzten Ausschuß gehört Herr vr. Heß als Sachverständiger für den Buchhandel an. Auf eine vom Deutschen Verlegerverein veranstaltete Umfrage sind besondere Wünsche auf Änderung oder Ergänzung des geltenden Gesetzes nicht geäußert worden. Es muß danach angenommen werden, daß Wünsche hierfür tatsächlich nicht bestehen. Die Überwachung der durch landespolizeiliche Vorschriften geregelten H e i l m i I t c l r e k l a m e hat in einigen Fällen, wo sie in allzu strenger Weise durchgeführt wurde, zu Schädigungen der Zeitschriftenverleger geführt. Wir haben die zuständigen Be hörden gebeten, die meist veralteten Vorschriften weitherziger auszulegen. Im Verein mit der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzel handels erstreben wir eine Verschärfung der Vorschriften über das Zugabewesen und über Ausverkäufe. Wenngleich beide Materien in den buchhändlerischen Ordnungen zweifelsfrei geregelt sind, wird ihre Durchführung, namentlich Außenseitern gegenüber, durch eine Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen erleichtert werden. Urheber- und Verlagsrecht. Obwohl das Urheber- und Verlagsrecht zu denjenigen Rechts gebieten gehört, auf denen der Streit der Meinungen am hef tigsten hin und her geht, ist aus dem Berichtsjahr wesentliches nicht zu melden. Alles ist noch in der Vorbereitung. Zu nächst wird versucht, sicher mit Einverständnis des Reichsjustiz ministeriums, im Verein sür den gewerblichen Rechtsschutz die verschiedenen Auffassungen im Wege freien Meinungsaustausches gegeneinander abzustecken und nach Möglichkeit zu klären. Das ist bei den verschiedenartigen, sehr erheblichen wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten naturgemäß nur in gewissem Rah men, in vielen Fällen überhaupt nicht möglich. Der Buchhandel ist selbstverständlich bei diesen Verhandlungen vertreten, und zwar zumeist in der Person des bewährten Vorsitzenden des Ilr- hcbcrrechtsausschusses, Herrn vr. Kirslein, dem wir an dieser Stelle für die von ihm gebrachten Opfer an Zeit und Arbeit be sonders danken. Es ist unmöglich, über die weitere Entwicklung auf diesem Gebiete genaueres zu sagen. Eines erscheint uns jedoch zweifelsfrei: Wenn es zu den entscheidenden Beratungen über die Reform kommt, so werden schwere Kämpfe zwischen den Betei ligten entbrennen und die vorher unternommenen Versuche, zu Ausglcichslösungen zu kommen, werden kaum etwas fruchten. Umso notwendiger erscheint cs uns, daß der Buchhandel in allen seinen Zweigen geschlossen in diese Verhandlungen geht. Wir halten es deshalb für dringend erwünscht, daß die Notwendigkeit dieser Einigung des Buchhandels der Leitstern für alle seine 408 Zweige sein möge. Grundsätzlich halten wir daran fest, daß eine Reform des Urheberrechts durch völlige Umgestaltung des jetzigen Gesetzes nicht notwendig, ja in mancherlei Hinsicht sogar bedenk lich ist. Um die wenigen neuen Gesichtspunkte, wie sie sich nament lich aus den Beratungen auf der Romkonferenz 1828 ergeben haben, im Gesetz zu verankern, genügt die S ch a f f u n g c i n e r Novelle. Diese Auffassung haben wir in einer im Verein mit den Verlegerverbänden bearbeiteten Denkschrift dem Reichs- justizministerium nochmals eingehend unter Beifügung entspre chend feftgelegter und begründeter Vorschläge unterbreitet. Aufsehen erregte eine im Januar 1930 in der Tagespreise verbreitete Mitteilung, daß seitens des Reichsjustizministeriums die Einführung des Lizenzsystems nach englischem Muste r ernstlich in Erwägung gezogen werde. In einer von uns alsbald nachgesuchten Unterredung konnte festgestellt werden, daß irgendwelche bindende Beschlüsse der Reichsregierung noch nicht vorliegen, wenngleich nicht zu verkennen war, daß die da mals maßgebenden politischen Persönlichkeiten dem englischen System zuneigten. Wir legten sofort die Gründe dar, weshalb der Buchhandel die Einführung des Lizenzsystems ablehnen muß. Bei der Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst sind im Berichtsjahr Beitritte nicht zu verzeichnen, obwohl dringend zu wünschen wäre, daß die noch fernstehenden Länder, insbesondere auch die Vereinigten Staaten von Amerika, sich endlich dafür entschließen, um damit zu völliger Vereinheitlichung zu gelangen. Ende 1929 Jahreskongrcß in Kairo ab. Beschlüsse, die für die Allgemein heit wichtig wären, sind auf diesem nicht gefaßt worden. In Österreich wurde durch ein am 31. Dezember 1929 erlassenes Gesetz die bis dahin geltende dreißigjährige Schutzfrist einstweilen um zwei Jahre, bis 31. Dezember 1931, verlängert. Die für diese außerordentliche Maßnahme in Betracht kommenden Gründe sind bekannt. Es läßt sich nicht behaupten, daß dadurch die Rechtssicherheit auf urheberrechtlichem Gebiete gefördert worden wäre. England beabsichtigt den Erlaß eines neuen Gesetzes über die Aufführungsrechte. Danach soll ein Werk der Tonkunst ohne weiteres aufgeführt werden dürfen, wenn es keinen Vorbehalt über das Aufführungsrecht enthält. Wird jedoch ein solcher Vor behalt gemacht, so ist jede öffentliche Aufführung gestattet, wenn für jedes bei der Aufführung benutzte Notenexemplar zwei Pence gezahlt werden. Uber diesen auf Veranlassung des Verbandes der Musikverbraucher eingebrachten Entwurf ist in England selbst ein heftiger Meinungsstreit entstanden. Falls er Gesetzeskraft erlangt, dürfte das Ausscheiden Großbritanniens aus dem Ver band der Berner Konvention nicht zu umgehen sein. Die eng lische Regierung selbst hat jedenfalls bereits die Möglichkeit eines solchen Schrittes angedeutet. Litauen erkennt bedauerlicherweise den Schutz geistiger Werke für ausländische Autoren immer noch nicht an. Die Ver handlungen mit Deutschland über ein Schutzabkommen sind schon vor Monaten abgeschlossen. Leider steht aber die Unterzeichnung durch die litauische Regierung noch aus. Für Lettland ist zweifellos der Schutz von Geisteswerken ausländischer Autoren auf Grund der Meistbegünstigung gegeben. Die lettische Regierung erkennt die deutsche Auffassung nicht an, und so können Nachdrucke zum Schaden deutscher Verleger in Lettland ungehindert erscheinen. Auch in den Staatender 11 nionderSoz. Sowjet- Republiken blüht das Unwesen des Nachdruckes ungemindert fort. Alle Bemühungen, den deutschen Verlag und die Autoren schaft durch ein Literaturabkommen zu schützen, sind bisher ver geblich gewesen. Die im Jahre 1922 abgeschlossenen Vertragsnormen undAuslegungsgrundsätze für wissenschaft liche Werke sind in gemeinsamen Verhandlungen zwischen Börsenverein, Deutschem Verlegerverein und dem Verband der Deutschen Hochschulen durchberaten und abgeändert worden. Die Neufassung wurde im Börsenblatt veröffentlicht. Dagegen stehen die Beratungen über Schaffung einer Schiedsordnung noch vor