3026 «örl-nblalt s. d. Dtsch». BllchlMdil. Künftig erscheinende Bücher. 56, 8. März 1912 Soeben gelangt zur Ausgabe der erste Band von Otto Julius Bierbaum Gesammelten Werken in zehn Bänden /solange ein Dichter mitten im Leben und im Schaffen steht, mitten in der leb- V^haften Diskussion des Tages, wird es auch dem objektivsten Willen kaum möglich sein, eine gerechte Würdigung seines Wesens zu erreichen. Besonders schwierig mochte dies bei einer Erscheinung wie Otto Julius Bierbaum gewesen sein, dessen drängende und reiche Produktion in den lebendigsten Beziehungen zu der Zeit stand und von einem frühen Tode mitten unterbrochen schien. Aber schon die kurze Zeit, die seit seinem 1910 erfolgten Tode verflossen ist, schuf die nötige Distanz, und die stets wachsende Zahl seiner Verehrer und Leser läßt allmählich, aber sicher jene Werke erkennen, die sich zu bleibenden Werten kristallisieren. Will man nun eine Umschreibung des Dichters versuchen, so wird man sagen dürfen: als Lyriker von eigenem Ton und eigener Farbe — als Erzähler und Dramatiker die ganze weite Skala vom Behaglichen bis zum Grotesken beherrschend, hat er keine dichterische Form versucht, ohne sie mit Kultur und Geistigkeit zu erfüllen. Ihn haben natürliche Veranlagung und gepflegter Geschmack über romanische Kultur zu den Quellen freien Menschentums, zum antiken Heidentum zurückgeführt. Romantische Empfindung, Lebenskenntnis und eine Weisheit, der nichts Menschliches fremd ist, verleiht seinen Werken jene sorglos epikureische Grundstimmung, aus der sich eine seine Heiterkeit und Frische verbreitet. Eine verständnisvolle Ausgabe seiner Werke wird nun dem Bedürfnis der gebildeten Lesergemeinde entgegenkommen, und der Verlag, der seit einer Reihe von Jahren die Produktion Bierbaums veröffentlichte, sieht sich nun zu dieser ehrenvollen Auf-