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11356 vvrienblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 241. 15. Oktober 1908. Drucken charakteristisch zum Ausdruck: die Betonung des Wesentlichen, das nur andeutende Verfahren an Stelle einer realistischen Bildwirkung, die Vereinfachung des Ausdrucks, die Anwendung der Umrißlinien und Farbenflächen und die bewußt vorgenommene Farbenverteilung. Das moderne Plakat hat sich in kurzer Zeit die Welt erobert. Alte be kannte Firmen und neue Unternehmen sind gleichmäßig bestrebt, durch ein gutes Plakat ihren Geschäften größere Ausdehnung zu verschaffen; an allen Orten gibt es jetzt Aus stellungen moderner Plakate und Plakatkonkurrenzen. Indem bedeutende Künstler sich diesem jungen Kunstzweig widmeten und heute noch widmen, sind neue künstlerische Werte ge schaffen und ist der Kunst ein neues Feld erschlossen worden. Für die Lithographie aber ist dies ein Gebiet, das sich gegenüber dem aufstrebenden Buchdruck noch am besten be haupten kann. Zum Schluffe ist noch hinzuweisen auf einige Er scheinungen kunstgeschichtlicher Art des Verlages R. Piper L Co. Er hat eine Folge von Biographien moderner Illustratoren ausgestellt, die der drei bekannten Münchener: Adolf Oberländer, Eugen Kirchner und Thomas Theodor- Heine, des Berliners Baluschek, des Franzosen H. de Toulouse-Lautrec und des Engländers Aubrey Beardsley Die Reproduktionen dieses Briten sind mit der größten Vollendung moderner Technik wiedergegeben. Neben den Modernen sind auch die Klassiker der Illustration vertreten: I. Meier-Gräfes »W. Hogarth«, W. Worringers »Lukas Cranach« und R. Bertels' »Francisco Goya«, alle mit sehr- guten Reproduktionen. Clou dieser Ausstellung ist ein Prachtwerk japanischer Erotik, in dem Meister wie Maronobu, Harunobu und Uta- maro reichlich vertreten sind. Kleine Mitteilungen. 29. Deutscher Juristentag in Karlsruhe, 9. -13. September 1908. Beschlüsse. - I. Abteilung: Vorsitzende: Geheimrat Prof. vr. Gierke-Berlin und Prof. vr. Enncccerus- Marburg. 1. Thema: Empfiehlt sich die gesetzliche Regelung des gewerb lichen Arbeitsoertrags (insbesondere des Tarifvertrags) zwischen Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden einerseits und Arbeiterverbänden andererseits? Gutachter: Prioatdozent vr. W. Ztmmermann-Berlin, Magi stratsrat von Schulz-Berlin, Professor vr. Kobatsch-Wien und Hof- und GerichlSadookat vr. Ettinger-Wien. Berichterstatter: Justizrat vr. Junck. Leipzig und Privatdozent vr. Koppe-Marburg. Annahme fanden die Anträge der Berichtstatter im Plenum in der Form nachstehender Thesen: Der Deutsche Juristentag empfiehlt: 1. wiederholt eine Reform des gewerblichen Koalitions rechts im Sinne seiner früheren Beschlüsse, 2. Beseitigung der Hindernisse, die nach dem bürgerlichen Rechte dem Erwerb der Rechtsfähigkeit durch gewerbliche Berufsvereine entgegentreten, 3. gesetzliche Regelung des Rechts der Arbeitstarisoerträge, in der a) jeder öffentlich-rechtliche Zwang vermieden, d) volle Freiheit der Abschließung und Durchführung der Verträge gewährt, o) die Möglichkeit eröffnet wird, Arbeitstarifoerträge bei den Gewerbegerichten öffentlich zu registrieren, ä) festgesetzt wird, daß Arbeitstartsoerträge, welche den vorstehenden Vorschriften entsprechen, unmittelbare Rechts wirkung auf die in ihrem Geltungsbereich abgeschlossenen Arbeitsverträge haben. 2. Thema: Sind besondere Vorschriften erforderlich und wünschenswert, um die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts an den mit einem Fabrikgebäude zu verbindenden Maschinen zu sichern? Gutachter: Professor vr. Lenel-Freiburg und Oberlandes gerichtsrat Niedner-Kiel. Berichterstatter: Geheimer Justizrat Professor vr. Enneccerus- Marburg und Professor vr. von Neumann-Ettenreich-Wien. Annahme fand der von vr. von Neumann gestellte Antrag: -In Erwägung, daß das bestehende Recht kein Hindernis bietet, den berechtigten wirtschaftlichen Bedürfnissen in An sehung des Eigentumsoorbehalts an Maschinen zu genügen, hält der Juristentag eine Änderung der Gesetzgebung zurzeit nicht für geboten.« 3. Thema: Welche zivilrechtlichen Folgen knüpfen sich an die im modernen Lohnkampf üblichen Verrufserklärungen, ins besondere an das Verbot des Einkaufs und Verkaufs, des Arbeitgebens und Arbeitnehmens? Gutachter: Kammergerichtsrat vr. Pape-Berlin, Rechtsanwalt vr. Ettinger-Wien und Pros. vr. Oertmann-Erlangen. Berichterstatter: Oberlandesgerichtsrat vr. Lobe-Dresden und Prof. vr. Rosin - Freiburg i. B. Annahme fand der von vr. Rosin gestellte Antrag: »Die zivilrechtlichenVoraussetzungen und Folgen un erlaubter Verrufserklärungen bestimmen sich im allgemeinen nach § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Der Juristentag hat das Vertrauen zur Rechtsprechung, daß sie, wie bisher, so auch ferner es verstehen wird, auf der Grundlage dieser Bestimmungen die Interessen der Erwerbs- und Arbeits- betätigung mit denen der gesellschaftlichen Selbsthülse zu einer freien und sittlichen Ordnung zu vereinigen. In diesem Sinne hält der Juristentag eine Änderung des Ge setzes zurzeit nicht für geboten.« II. Abteilung: Vorsitzender: Geheimrat vr. Rießer-Berlin. 1. Thema: Empfiehlt es sich, das Reichsgesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in Ansehung des Ausoerkaufs wesens zu ergänzen? Gutachter: Oberlandesgerichtsrat vr. Lobe-Dresden und Rechts anwalt vr. Magnus-Berlin. Berichterstatter: Prof. vr. Heymann-Marburg und Rechts anwalt vr. Wassermann-Hamburg. Angenommen wurde von der Versammlung folgender Antrag: »Im Vertrauen auf die energische Durchführung und Verfolgung der namentlich durch die neueren Entscheidungen des Reichsgerichts geschaffenen Judikatur, nach welcher es klar ist, daß Nachschüoe bei Ausverkäufen nur in geringem Umfange zulässig sind, soweit dies mit dem Zwecke des Ausverkaufs vereinbar ist, hält der Deutsche Jurfftentag eine Ergänzung des Gesetzes zur Bekämpfung des un lauteren Wettbewerbes in Ansehung des Ausoertaufswesens nicht für erforderlich, insbesondere nicht im Sinne der von der Regierung veröffentlichten Novelle. Sollte es indes doch zu einer gesetzlichen Neuordnung kommen, so erscheint das strikte Nachschubverbot empfehlenswert.« 2. Thema: Ist das Recht der Lagerscheine und Lagerpfand scheine reichsgesetzlich zu regeln? Gutachter: Pros. Vr. Heymann-Marburg und Prioatdozent vr. Moüwo-Danzig. Berichterstatter: Rechtsanwalt vr. Pralle-Bremen und Professor vr. Pappenheim-Kiel. Angenommen wurden folgende: Thesen: »1. Das Recht der Lagerscheine (Warrants) ist reichs gesetzlich zu regeln. 2. Diese Regelung hat in Verbindung mit der gesetzlichen Ordnung der Lagergeschäfte überhaupt zu erfolgen. 3. Sie ist in der Art zu bewirken, daß den Beteiligten die Möglichkeit gewährt wird, sich des Doppel scheins mit selbständigem indoffablen Lagerpfandschein und Regreß auf Grund des Indossaments zu bedienen. 4. Das Erfordernis der staatlichen Ermächtigung zur Aus gabe indossabler Lagerscheine ist zu beseitigen, und zwar auch dann, wenn es zu einer vollständigen reichsgesetzUchen Regelung der vorgedachten Art nicht kommen sollte.« 3. Thema: Welche Änderungen des bestehenden Rechts ^em pfehlen sich, um denjenigen Personen, welche in einem Vertrags- oder Anstellungsoerhältnis tätig sind, den ge bührenden Anteil an Nutzen und Ehre aus ihren