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14, 19. Januar 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dlschn. Buchhandel. 741 ebenfalls einen höheren Preis erzielen würde, ist Poe's Erstlings buch »Tarnsrlaus null Llinor kosms« in der Bostoner Ausgabe von 1827. Von diesem Buche, das wohl als das wertvollste ameri kanische Buch aus dem neunzehnten Jahrhundert betrachtet werden darf, sind überhaupt nur drei Stück bekannt, wovon zwei voll ständige in der Bibliothek von F. R. Halsey in New Uork und das dritte, ohne den Ureinband, iin Britischen Museum. Ferner wurden bei der gleichen Versteigerung für Poe's zweites Gedicht buch »^1 Garant, lainsrlans unä ülinor kosms« (Baltimore 1829) 2900 Dollars bezahlt. Das verkaufte Exemplar war insofern be merkenswert, als es von Poe für die Ausgabe seiner Gedichte benutzt wurde, die im Jahre 1845 unter dem Titel »Iba ki-avan ilnä Otbsr koems« erschien. Das Buch enthält folgende, der Ab teilung »Jugendgedichte« Vorgesetzte und mit »L. ll. k.« gezeichnete Bemerkung: »Private Gründe, von denen sich einige auf die Sünde des Plagiats und andere auf das Datum der ersten Gedichte Tennysons beziehen, haben mich nach einigem Schwanken veranlaßt, diese rohen Jugenddichtungen erneut zu ver öffentlichen. Sie sind wörtlich, ohne Änderung aus der Ur- ausgabe abgedruckt, deren Datum zu weit zurückliegt, um billige Anerkennung zu finden.« Trotz dieser Erklärung ist indessen der Abdruck keineswegs wortgetreu, sondern weicht erheblich vom Text des Maierschen Exemplars ab. Eine andere Seltsamkeit des Buches ist, daß als Druckjahr anstatt 1829 vielmehr 1820 angegeben ist (oder angegeben zu sein scheint). Es ist nicht ohne Grund von I. C. Chamberlain die Vermutung aufgestellt worden, daß das Datum mit Tinte und zwar von Poe selbst aus 1829 in 1820 ge ändert worden sei, und zwar um das Poesche Buch — oder doch seine Gedichte — als früheren Ursprungs zu erweisen als Tenny sons »Loews ok Ivo Urotbsrs«, aus die sich die obige Anmerkung bezieht. Natürlich läßt sich diese Vermutung nicht beweisen, aber auch ohne diesen Beweis dars das Buch wohl als das interessanteste Stück einer Poe-Ausgabe bezeichnet werden, von dem wir Kennt nis haben. (Nach: »Tbs bla-tion.«) Wie die Bibel verbreitet wird. — Das Buch, das die größte jährliche Verbreitung auf der Welt hat, ist immer noch die Bibel. Der Gesamtverkauf der beliebtesten Schriftsteller aller Völker von heute kommt immer noch nicht dem Umsang gleich, den der Jahresabsatz an den Heiligen Schriften des Christentums besitzt. Jahr für Jahr werden 17 Millionen Bibeln oder Teile davon in mehr als 500 Sprachen und Mundarten gedruckt und verbreitet. Uber die Art, wie sich diese Produklion und ihr Absatz auf die hauptsächlich daran beteiligten Kräste verteilt, macht Walter Prichard Eaton soeben in »LlansezLs Un^arine« einige interessante Angaben. Danach werden von Bibeln und Bibelteilen rund 10 Millionen von Bibelgesellschaften hergestellt und weit unter den Herstellungskosten verkauft, so daß also von einem Gewinn dabei keine Rede sein kann. Die übrigen 7 Millionen werden in kaufmännischer Weise gedruckt und verkauft und werfen ihren Verlegern ausnahmslos einen guten Ertrag ab. Als Ver käufer jener Gesellschaften wirken Agenten, die in der Regel ein kleines festes Gehalt sowie einen Anteil von den verkauften Exem plaren beziehen und in fremden Ländern zumeist der eingeborenen Bevölkerung entnommen sind. (Nach: »kudlisbers' IVeekI^«.) Personalnachrichten. * Ordeusauszcichnung. — Der Verlagsbuchhändler Herr vr. Georg Paetel, alleiniger Inhaber der Firma Gebrüder Paetel in Berlin, ist von Seiner Majestät dem König von Preußen durch Verleihung des Kronenordens 4. Klasse aus gezeichnet worden. * 8estorbcn: am 17. Januar im fast vollendeten einundsiebzigsten Lebens jahre nach schwerem Leiden Herr Geheimer Kommerzien rat Karl Pustet in Regensburg, Seniorchef der hoch angesehenen dortigen Verlagsbuchhandlung Friedrich Pustet, Komtur des päpstlichen Gregorius-Ordens, Inhaber des Kgl. bayrischen Michaels-Ordens III. Kl. In dem Verstorbenen ist ein hochehrenwerter, hervorragender Berufsmann aus dem Leben geschieden, ein edler Menschen- Börsenblatt für scn Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. freund und Wohltäter. Er übernahm mit seinem älteren Bruder Friedrich (1- 4. August 1902) am 23. Juli 1860 das väterliche Ge schäft in dessen vollem Umfange (Buchhandlung, Verlag, Buch druckerei, zwei Papierfabriken samt Grundbesitz in Stadt und Land) zu gemeinsamem Eigentum und selbständigem Betriebe. Das große Geschäft hat sich unter der umsichtigen und tatkrästigen Leitung der Brüder zu weitem Umfange und wachsender Be deutung entwickelt. Im Jahre 1865 errichteten sie eine Filial- handlung in New Uork, 1898 folgte dieser Gründung eine Filial- handlung in Rom. Der Verlag führte seinen wertvollen Beständen die Werke namhaftester Autoren hinzu. Der »Regensburger Anzeiger« schildert das Leben und Wirken des Entschlafenen mit warmen Worten und würdigt insbesondere seine große Menschenfreundlichkeit und echte Frömmigkeit, seine Bescheidenheit und den Sonnenschein seines Familienlebens. Gern lassen wir diesen Nachruf, der auch vom Bildnis des Ver storbenen begleitet ist, hier folgen: Geheimer Kommerzienrat Karl Pustet -s. Regensburg, 17. Januar 1910. Das Auge eines der geachtetsten Bürger Regensburgs, dessen langjährige segensreiche Tätigkeit auf sozialem Gebiete mit zu den schönsten Erfolgen in seinem von Gott reich gesegneten Leben ge zählt werden darf, hat sich heute vormittag ^10 Uhr nach einer schweren Lungenentzündung für immer geschlossen: Herr Geh. Kommerzienrat Karl Pustet wurde nach einem achttägigen Kranken- lager wohlvorbereitet und ergeben in Gottes heiligen Willen vom Tode dahingerafft. Der Schmerz über das Hinscheiden eines Mannes, der nicht nur unermüdlich mit Liebe, Freudigkeit und weitschauendem Blicke seinem Berufe oblag, sondern auch mit reichen Wohltaten seine Lebenspfade bedeckte, läßt sich in seiner Tiefe und Größe nicht ermessen, zumal der Heimgegangene in seiner Bescheidenheit und christlichen Demut es verschmähte, vor der Welt zu glänzen und seine Taten offenbar werden zu lassen. Er wirkte mehr Gutes im Geheimen als vor den Augen der Welt, so daß er die Linke nicht wissen ließ, was die Rechte gab. Wer den teuren Verstorbenen kannte oder zu ihm in näheren Be ziehungen stand, konnte in ihm das Muster einer edlen, wohl wollenden, gefühlvollen Persönlichkeit, die von echt christlichem Geiste beseelt war, erkennen; ihr ganzes Benehmen atmete Güte und Menschenfreundlichkeit, nicht nur im äußeren, öffentlichen Verkehr, sondern auch im inneren Betriebe des weitausgedehnten Geschäfts, in welchem er schon vor Jahrzehnten und unausgesetzt Fürsorge für die Angestellten und Arbeiter durch umfangreiche Wohlfahrtseinrichtungen getroffen hatte. Bei der Forderung äußerster Pünktlichkeit und Korrektheit der Haltung seines Per sonals zeigte er sich doch in der Beurteilung dessen Lage und Verhältnisse milde und entgegenkommend. Der Verstorbene war ein überzeugter Katholik dem es mit der Erfüllung der religiösen Pflichten ernst war. Kein Unwetter konnte ihn von dem Besuche des Gottesdienstes abhalten; er war in seinem Stande für viele ein leuchtendes Vorbild. An ihm, der in allen seinen Handlungen auf Gottes Segen baute, hat sich auch das Sprichwort: »An Gottes Segen ist Alles gelegen« herrlich be wahrheitet, denn welcher Fülle von Segen und zeitlichem Wohl stände durfte sich der liebe Verstorbene nicht erfreuen! — Aber er hat auch von seinem Wohlstände einen guten Gebrauch gemacht! Wer wüßte nicht, welche Opfer er für die katholische Sache, für katholische Institute gebracht hat! Wer wüßte nicht, wie die Er weiterung des katholischen Bruderhausbaues durch sein tat kräftiges Eingreifen mitgesördert nnd vollendet wurde! Wem wäre unbekannt, daß die Restaurierung der Ägidienkirche der edelsinnigen Aufopferung des Verstorbenen zu danken ist! Wir haben indes nicht die Absicht, die materiellen Leistungen des Verstorbenen in seiner umfangreichen sozialen Tätigkeit hier zum Lobe desselben alle aufzuzählen; dazu wären wir nicht imstande, es läge auch nicht im Sinne des Verstorbenen, der das Gute um seiner selbst willen, nicht um von den Menschen geehrt und ge achtet zu werden, übte. Wir wollten hier nur einige Andeutungen des segensreichen Wirkens des teuren Verstorbenen geben, um zur Beurteilung seiner Persönlichkeit nach der sozialen Seite hin einen Anstoß zu geben, da der Verstorbene zu seinen Lebzeiten streng darüber wachte, daß seiner Persönlichkeit kein Weihrauch gestreut werde. 98