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468 Nichtamtlicher Teil. 14, 15. Januar 1899. lichc Behandlung der Fläche zeigendes Ganzes bilden soll, im Gegensätze zu dem bislang üblichen aus allem möglichen Zierat zusannnengebauten Druck-Erzeugnis, das wohl ein vielgestaltiges, aber kein stilgerechtes Bild bot. Eine große Anzahl von Firmen ist bestrebt, durch originelle Entwürfe der künstlerischen Ausgestaltung von Drucksachen immer mehr freie Bahn zu schaffen. Mochten diese Bestrebungen auch im Anfänge auf Widerstand stoßen, so ist dieser nun doch bald überwunden, denn die Erkenntnis zieht immer weitere Kreise, daß der Setzer und Drucker nach den gleichen Grundsätzen wie der -Ornamentzeichner arbeiten muß, wenn sein Druckwerk das seiu soll, was schon in den: Namen Buchdruckerkunst liegt, ein Kunstwerk, dem künstlerisches Empfinden zu Grunde liegt. Daß in der Ausstellung noch manche Erzeugnisse zu finden sind, die auf künstlerischen Wert keinen Anspruch er heben können, war im voraus zu erwarten und gereicht nicht zum Schaden, sondern zum Vorteile, denn gerade in diesen Gegensätzen wird die Wichtigkeit der künstlerischen Bewegung im Druckgewerbe erst recht vor Augen geführt. Eine der ersten Finnen, die für die künstlerische Aus stattung von Druckwerken, sowie mit der Erzeugung modernen Zierats kräftig in die Bahn trat, war die Firma Breitkopf L Härtel in Leipzig, die auch in der Ausstellung mit einer großen Anzahl aus ihrer Offizin hervorgegangeuer Druck arbeiten vertreten ist. Die Druckerzeugnisse als Glückwunsch-, Einladungs- und Adreßkarten, Buchumschläge und Notentitel zeigen in der künstlerischen Behandlung von Zeichnung und Schrift ein einheitlich wirkendes Ganzes, so daß diese Arbeiten wohl zum größten Teil als mustergiltig zu betrachten sind. Die Schriftgießerei Numrich L Co. in Leipzig bringt eine Anzahl Druckproben der von ihr angefertigten Schriften und Zierstücke, die Zeugnis dafür geben, daß die Firma rast los auf künstlerisch vollendete Formen ihres Schriftmaterials hiuarbeitet. Gleiche Ziele verfolge» nach den ausgestellten Arbeiten auch die Firmen: Rudhard'sche Gießerei in Offenbach n 'M., Schriftgießerei Flinsch in Offeubach a M., Wilhelm Woellmcr, Schriftgießerei in Berlin, Aktiengesellschaft für Schriftgießerei in Offenbach n/M., Bauer'sche Gießerei in Frankfurt a/M., Ludwig L Mayer, Schriftgießerei in Frankfurt a M. Heinrich Hoffmeister, Typographisches Atelier in Leipzig, läßt sich die Herstellung von modernen Zierstücken besonders angelegen sein und bringt zum Teil sehr gelungene Gegen stände hervor. In der Anfertigung von Dreifarbendrucken genießt die Firma Förster L Borries in Zwickau i. S. einen wohl verdienten, weit über die Grenzen des Deutschen Reiches ver breiteten Ruf. Und dies mit vollem Rechte, wofür die aus gestellten in drei Farben hergestellten Arbeiten den besten Beweis geben. Die ausgelegten Glückwunschkarten sind Mnsterleistungen im Dreifarbendruck, die so leicht nicht über- troffen werden dürften. Duftig und reizend sehen die kleinen Blumen-, Landschafts- und Genrebildchen aus, die eher den Eindruck von vielfarbigen Chromolithographieen machen als den von Buchdruckerzeugnissen in den drei Grundfarben. Mit Stolz kann die Firma auf ihre Erfolge blicken. I. G. Scheiter ck- Giesecke iic Leipzig zeigen in einer großen Anzahl Druckproben ihre neuesten Schriften und Zier stücke, die der Firma ein vorzügliches Zeugnis für ihre Be strebungen und Leistungen ausstellen. Der jüngste Zweig dieses graphischen Instituts, die photomechanische Abteilung, widmet dem Dreifarbendruck bezw. der Anfertigung von Autotypieen für den Dreifarbendruck eine ganz besondere Sorgfalt. Die ausgestellten Druckproben, die auf einer Phönix-Tiegeldruckpresse (die die Firma selbst baut) gedruckt sind, zeugen glänzend für die Leistungsfähigkeit des Hauses Scheiter L Giesecke auf dem Gebiete des Dreifarbendrucks und der hierzu nötigen Autotypieen. Die Firma I. I. Weber in Leipzig hat eine Anzahl Holzschnitte zur Schau gebracht, die ebenso wie deren Druck musterhaft zu nennen sind. Ganz besonderes Interesse dürfte der große Knnstholzschnitt nach Kliugers Christus im Olymp« erwecken. F. A. Brückhaus in Leipzig hat die 14. Auflage von Brockhaus' Konversations-Lexikon, Mausen, In Nacht und Eis« und »Landor, Auf verbotenen Wegen« ausgelegt. Die typographische Ausstattung gereicht der Firma zur Ehre, ebenso sind die Illustrationen und Karten in vorzüglicher Weise ausgeführt, wofür nicht nur die in den Werken be findlichen Bilder, sondern auch eine Reihe von einzelnen Tafeln den besten Beweis liefern. Angerer L Göschl in Wien sind mit zahlreichen Auto typieen, Chemitypieen und Chromotypieen in 4, 5 und mehr Farben vertreten, lieber die Erzeugnisse dieser Firma, sowie über diejenigen von Meisenbach Riffarth L Co. in Leipzig, Berlin, München, noch etwas zu sagen, hieße Wasser ins Meer gießen«, denn welche graphische Anstalt oder welcher Verleger kennt heute nicht die ausgezeichneten Leistungen dieser Anstalten! Erwähnen wollen wir aber doch die große von Angerer L Göschl in Wien hergestellte Autotypie eines Bildes des Kaisers Franz Josef I. von Oesterreich, die infolge ihrer Größe schon auf der Jubiläums-Ausstellung in Wien Aufsehen erregte und allgemeinen Beifall fand. Husnik L Häusler in Prag, deren Erzeugnisse sich einen ausgezeichneten Ruf erworben haben, hat eine Reihe von Druckproben von Autotypieplatten und Dreifarbendruckplatten ausgestellt, die der Leistungsfähigkeit dieser Anstalt zur Ehre gereichen, vor allem die Dreifarbendrucke, für die sie die Her stellung von Autotypieen als Spezialität betreibt. Das Bibliographische Institut iu Leipzig hat verschiedene seiner Verlagswerke, wie Meyers Konversationslexikon, Meyers Kleines Konversations-Lexikon, Meyer, das deutsche Vvlksthum, Wülker, Englische Litteraturgeschichte und andere, ausgestellt; die Druckausstattung der Bücher, sowie deren farbige Illu strierung sind musterhaft zu nennen. Eine Reihe von Tafeln zeigt, in welcher splendiden Weise das Bibliographische Institut seine Verlagswerke ausstattet. Sehr gute Arbeiten zeigen ferner Otto Spanier, A. T. Engelhardt, C. Müller-Hostmanu und andere. Die Farbenfabriken Berger ck- Wirth, Leipzig, und Käst L Ehinger, Stuttgart, bringen eine große Anzahl Farbenproben, meistens Porträts, aber auch stilgerechte moderne Druck- arbeiteu. Julius Klinkhardt iu Leipzig zeigt iu seinen Druck erzeugnissen, Schriften und Zieratproben, daß diese Firma nur ausgezeichnete Arbeit auf jedem Gebiet ihres weitverzweigte» graphischen Instituts schafft und sich bemüht, dem Buchdruck gewerbe immer wieder Neues und Gediegenes zu bieten. Unter den Einzeleingängen sind hervorzuheben die Wand kalender von Melchior Lechter und Walther Leistikow, her gestellt von Julius Sittenfeld in Berlin, ferner die nach Zeichnungen von Fritz Lange von der Brühlscheu Druckerei in Gießen angefertigte Neujahrskarte mit Wandkalender. Vorbildlich in jeder Hinsicht ist aber der im Verlage von Artaria L Co. in Wien erschienene »Oesterreichische Kalender für 1899«, für den im Aufträge des k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht die Künstler Heinrich Lepler und Joseph Urban prächtige Zeichnungen geliefert haben. Für jeden Monat ist eine eigene, mit sinnreichen Leisten und Vignetten geschmückte Tagestafel, sowie ein künstlerisch aus- gefllhrtes Blatt angefertigt, z. B. fiir den Monat Januar die heiligen drei Könige. Gedruckt ist der Kalender iu der