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VSrsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 47, 26. Februar 1916. tigung und Weckung des deutschen Gedankens dienen. Es sei den Vertretern des Buchhandels überlassen, Mittel und Wege zu zei gen, die diese hier nur angedeuteten Ideen verwirklichen helfen. Jedenfalls darf aber im eigenen Namen wie Wohl für die ähn liche Zwecke verfolgenden anderen deutschen Vereine der Freude darüber Ausdruck gegeben werden, datz der deutschen Heimat- Pflege in unserem so rührigen Buchhandel ein Bundesgenosse an die Seite treten will, dessen Bedeutung und Erfolge von unserer Seite vollkommene Würdigung finden. vr. Albert Becker, Schriftleiter der Zeitschrift für Pfälzer Heimatpflege »Der Pfälzerwald«!, Vorstandsmitglied des Literarischen Vereins der Pfalz. III. Es ist im Wesen des deutschen Volkes und der ihm von der Geschichte zugewicsenc» Aufgabe begründet, das; es sich nicht mit der Rolle eines bloßen Zuschauers aus dem Welttheater be gnügen kann, sondern seinen Anteil an der Entwicklung und Weiterbildung des Menschengeschlechts fordert, über die Art, wie diese Aufgabe in Zukunft gelöst werden kann, wird der gegenwärtige Krieg entscheiden, und es unterliegt Wohl schon heute keinem Zweifel, datz der Versuch, die Entwicklung Deutsch lands zu hemmen und es wieder auf den bescheidenen Stand vor 1870 und 71 herabzudrücken, als gescheitert zu betrachten ist. So lange sich Deutschland mit dem Ruhme begnügte, das Volk der Dichter und Denker zu sein, konnte es des Beifalls aller jener Nationen sicher sein, die inzwischen die Erde unter sich teilten und in Ausnutzung ihrer politischen Machtstellung — der Handel der Flotte folgend — sich auch das Wirtschaftsleben anderer Völker unterwarfen. Heute bedarf Deutschland schon mit Rück sicht aus seine ständig wachsende Bevölkerung und die Entwick« lnng seiner Industrie des ungehinderten Verkehrs mit dem Aus lände. In welcher Weise die Beziehungen zu anderen Völkern nach dem Kriege wieder ausgenommen werden können, wird wesentlich von der politischen Gestaltung und den wirtschaftlichen Voraussetzungen abhängen, unter die dieser Verkehr gestellt wer den kann. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden wir in ein en geres Verhältnis zu Österreich und der Türkei treten und auch lebhaftere Verbindungen mit jenen Völkern anknüpfen, die ihre Sympathie für Deutschland während dieses Krieges zu er kennen gegeben haben. Da wir uns indes vollständig neu auf dem Weltmärkte orientieren müssen, so wird geraume Zeit da rüber vergehen, ehe wir die Früchte dieser Bestrebungen ernten, umsomehr, als hier Schwierigkeiten kultureller und wirtschaft licher Art zu überwinden sind, die nur ein schrittweises Vor gehen ermöglichen. Gleichwohl werden sich die Versuche, im Orient festen Fritz zu fassen, für Deutschland schon deswegen nützlich und zweckmäßig erweisen, weil auch dieser Krieg wieder gezeigt hat, datz der weitaus größte Teil der Kräfte, die bisher ihren Weg über das grotze Wasser genommen haben, dem Deutsch tum verloren geht. Dem Buchhandel wird nach dem Kriege die Aufgabe er wachsen, für die Erschließung neuer Wege nach Kräften in Wort und Schrift einzutreten und nicht nur unser Volk mit den kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen dieser Länder be kannt zu machen, sondern auch im Auslande selbst für eine bessere Kenntnis und Erkenntnis des deutschen Wesens Sorge zu tragen. Weitergchend wird der deutsche Buchhandel daran denken müssen, feste Stützpunkte im Auslande zu suchen, von denen aus er seine Mission in zweckmäßigerer Weise erfüllen kann, als dies in jenen Ländern der Fall ist, wo er, einbezogen in ein neues Staats- und Wirtschaftsleben, nur geringe Möglichkeit hat, sich im Interesse des Deutschtums zu betätigen. Diese Aufgabe wird allerdings ohne staatliche Unterstützung kaum gelöst wer den können, da es sich hier um die Erschließung von Neuland unter oft wenig günstigen Verhältnissen handelt, sodatz auf Jahre hiuaus an eine unmittelbare Ertragsmöglichkeit dieser Betriebe kaum zu denken ist. Gleichwohl ist diese Aufgabe für die künftige. Weltstellung Deutschlands von so großer Wichtigkeit, datz nichts zu ihrer Förderung unterlassen werden sollte, und der Drang l in die Weite, der gerade so vielen deutschen Buchhändlern eigen I 214 ist, Wird diese Entwicklung begünstigen, besonders wenn jungen Männern von Unternehmungslust und Tatkraft der Versuch, sich in diesen Ländern eine Existenz zu gründen, nach Möglichkeit auch von den Regierungs-Organen erleichtert wird. Über diesen wirtschaftspolitischen Aufgaben, die Deutschland im Auslände erwachsen, darf jedoch die engere Heimat nicht übersehen werden, und wie uns das Hemd näher ist als der Rock, so werden wir auch zunächst an die literarischen Bedürfnisse unserer Volksgenossen denken müssen. Beide Tendenzen sind auch durchaus mit einander verträglich, da Kräfte genug vor handen sind, um sich sowohl der einen, als auch der anderen Auf gabe mit Erfolg anzunehmen. Wir begrüßen es daher mit be sonderer Freude, daß durch den Krieg wieder ein lebendigeres Interesse an der deutschen Heimat und allem, was dazu dient, sie in Herzen und Sinnen unseres Volkes lebendig zu erhalten, hervorgerufen worden ist. Denn die stärksten Wurzeln seiner Kraft wird das Deutschtum doch immer aus der heimatlichen Erde ziehen, und auch das deutsche Schrifttum wird feine Stellung in der Welt nur behaupten können, wenn es etwas von dem Geiste widerspiegelt, der Deutschland groß gemacht hat und jetzt auf den Schlachtfeldern sich neue Lorbeeren erkämpft. Aber nicht nur aus ideelle», sondern auch aus materiellen Gründen möchten wir eine stärkere Anteilnahme des deutsckM Buchhandels an der Heimatlitcratur — das Wort hier im weitesten Sinne verstan den — empfehlen, da wir nicht noch einmal das Schauspiel von 1870/71 erleben möchten, als nach siegreich beendetem Kampfe der Milliardensegen in Form von Taniicmcn wieder seinen Weg nach Frankreich nahm und das eroberte Paris dem neuen Reiche auch die neue Kunst gab. Leider sind auch noch unmittelbar vor diesem Kriege jährlich Unsummen für Übersetzungen oft recht wertloser Schriften in das Ausland gewandert, die besser und zweckmäßiger zur Pflege der deutschen Literatur hätten ver wendet werden können. Damit soll keineswegs gesagt sein, wie dies auch schon Herr Peth betont hat, daß sich nun der Buchhandel des Vertriebs ausländischer Werke enthalten solle, sondern nur auf die Notwendigkeit stärkerer Betonung deutscher Interessen — auch wirtschaftlicher Art — im Buchhandel hin- gewresen werden. Nach wie vor wird er es als seine Ausgabe be trachten, die großen Schöpfungen des Auslandes auch in Deutsch land heimisch zu machen und alles in den Kreis seiner Tätig keit einzubeziehen, was von Nutzen und Interesse für unser Volk sein könnte. Auch liegt es keineswegs in unserer Absicht, jene billige vaterländische Literatur aufs Schild zu heben, die sich nur in Worten deutsch gebärdet, oder gar lokalpatriotischen Schriften zu größerer Verbreitung zn verhelfen. Es handelt sich vielmehr darnin, den Werken besondere Aufmerksamkeit und Ver wendung zu schenken, die, aus echt dichterischem Geiste geboren, deutsches Leben und deutschen Geist in ungebrochener Reinheit zurückstrahlen, wobei jede Provinz die Schriften in den Vorder grund stellen könnte, die ihre Eigenart besonders klar Wider spiegeln. Deshalb würde es sich empfehlen, wenn der deutsche Buch handel Hand in Hand mit den literarischen Vereinen, den Frem denverkehrsvereinen und der Presse in den einzelnen Provinzen auf eine Siärkung des deutschen Volkstums und seiner Literatur hinwirken würde. Da die Buchhandlungen die natürlichen Sam- mclstcllen ortsgeschichtlicher Literatur, Heimat- und Volkskunde sind, so würden alle Beteiligten, und nicht zuletzt das Publi kum aus dieser engeren Verbindung Nutzen ziehen, besonders wenn der Buchhandel in den kleineren Städten ständig dieser Literatur einen bestimmten Platz in seinen Schaufenstern ein räumen und so nicht nur die Einheimischen, sondern auch die Fremden auf die Eigenart der Landschaft, der Sitten und Gebräuche ihrer Bewohner Hinweisen würde. Hunderttausende, allen Ständen angehörende deutsche Soldaten, denen auf ihrer Fahrt durch Deutschland nach der Front oder auf dem langsamen Rücktransport erst der rechte Sinn für die deutsche Heimat, um die jetzt draußen gekämpft wird, aufgegangen ist, werden den Wunsch haben, sie nach dem Kriege noch näher kennen zu lernen. Und da auch der Fremdenverkehr in den nächsten Iah« 1 ren voraussichtlich nicht mehr die gewohnten Wege ins Aus- I land nehmen wird, so kann Wohl mit einem lebhafteren Besuche