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S88, 9. Dezember 1918. Redaktioneller Teil. Ihnen für den neuerlichen Beweis Ihres Vertrauens meinen besten Dank aus, ebenso für die vielen Beweise warmer Teil nahme, die Sie mir während meiner Krankheit zuteil werden ließen. Dank auch sage ich meinem Stellvertreter, dem früheren Vorsitzenden unseres Vereins, Herrn Alarms Stein, daß er so lange Zeit hindurch mich vertreten hat. - Als Sie mich das erstemal im Jahre 1898 zu Ihrem Vor sitzenden wählten, sagte ich Ihnen, daß ich immer bestrebt sein würde, eventuell auch energisch, die Interessen des Buchhandels auch in bezug auf seine Stellung in der Öffentlichkeit zu wahren. Ein solcher Anlaß schien mir unter anderen Fällen auch die Gründung der Deutschen Bücherei zu sein. Als die Mauern die ses Riesenbaues schon standen und der Schlußstein dem Ganzen eingcsügt worden war, machte ich beim Geschästsführenden Aus schuß den Vorschlag, bei diesem Prachtbau doch der Mit- und Nachwelt äußere Merkmale der innigen Zusammengehörigkeit beider im Weltkrieg Schulter an Schulter kämpfenden Völker, des deutschen und österreichisch-ungarischen, Ausdruck zu geben. Ich schlug vor, dies zunächst durch Aufstellung einer Statue der Austria und Germania versinnbildlichen zu wollen, und mein Vorschlag fand freudige Aufnahme. Es wurde mir jedoch nach einiger Zeit bedeutet, daß die innere Ausstattung des Baues nur durch Spenden erfolgen könne. Ich ließ mich dadurch nicht ab halten, sondern versuchte das Ministerium für Kultus und Unter richt zur Spende einer Austria zu veranlasse», was mir tatsäch lich gelang. Dann regte ich an, ein deutsches und österreichisches Wappen gleich beim Eingang anzubringen, was mir gleichfalls zugesagt wurde. Der Erste Vorsteher des Börsenvereins hatte die Aufmerksamkeit, ein in Mosaik ausgesührtes österreichisches Wappen zu spenden, was mich veranlaßte, ein deutsches Wappen zu widmen. In unserm Vereine machte ich den Vorschlag, 5 Fen ster zu stiften, auf welchen in Glasmalerei Epochen aus der österreichischen Kulturgeschichte zur Darstellung gelangen sollen, die Zeugnis oblegen, in welch hervorragender Weise Österreich Anteil an der deutschen Kulturgeschichte genommen hat. Auch dieser Vorschlag wurde in der letzten Generalversammlung an genommen. Nun wendete ich mich auch an eine Anzahl von Kol legen mit der Anfrage, ob sie bereit seien, dem Beispiel der deut schen Buchhändler, welche über 4V Büsten hervorragender ver storbener Dichter und Schriftsteller zur Ausschmückung der Bü cherei gespendet hatten, zu folgen und eine Anzahl von Büsten österreichischer Schriftsteller zu stiften. Ich habe die große Freude, Mitteilen zu können, daß aus Österreich sieben Büsten gespendet werde», und zwar Grillparzer (k. k. Schulbücherverlag), Raimund (Mauz), Stifter (von Hölder), Lenau (Urban L Schwarzenberg), Hamerling (Gerlach L Wiedling), Halm (Pro- chaska, Tesche») und von Gilm (Wagner'sche Universitäts-Buch handlung, Innsbruck). Außerdem wurden die Büsten von der Ebner-Eschenbach und dem Erzherzog Ludwig Salvator von zwei deutsche» Firmen gestiftet. Ich heg« die begründete Hoffnung, daß sich noch einige Firmen bereit erklären werden, Büsten von Anzengruber, Saar, Bauernfeld usw. zu stiften, so daß man sagen kann, daß Österreich in der Deutschen Bücherei sehr reich ver treten sein wird. Ich kann nicht umhin, auch Herrn I)r. Richard Kralik von Meyrswalden für seine uneigennützige Mitarbeit in der Wahl von Darstellungen für die Glasfenster den Dank auszusprechen, und bin in der Lage, Ihnen einige Proben heute zur Geneh migung vorzulegen. Das erste Fenster zeigt, wie auf österreichi schem Alpengebiel zu Roreja im Jahre 113 v. Ehr. das Ger manentum zum erstenmal in die Weltgeschichte eintritt, wie so dann Markomannen und Ostgoten die von Karl d. Gr. gegrün dete Mark im Osten vorbereiten. Das zweite Fenster stellt dar, wie in Österreich der deutsche Heldensang entsteht und blüht, vor allem mit dem Nibelungenlied, dem Urborn aller völkischen Dichtung. Das dritte Fenster schildert, wie in Österreich der deutsche Minnesang sich entwickelt, wie die Meister der Minne hier singen und sagen lernten. Im vierten Fenster wird die Entstehung der beiden ältesten deutschen Universitäten, Prag und Wien, das Wirken Maximilians I., des letzten Ritters, des hochstnnigen Teuerdank für deutsche Kunst, Poesie, Musik und Wissenschaft, die Bedeutung Prinz Eugens, des edlen Ritters, für deutsche Ziele im Osten, die Bedeutung der Donaustraße und des Adriaweges für deutsche Kultur gezeigt. Das fünfte Fenster ^ bietet Gruppen der großen österreichischen Musiker (Gluck, Mo zart, Haydn, Beethoven, Schubert) und österreichischer Dichter (Grillparzer, Raimund, Halm usw.). Als die Einladung an mich erging, der feierlichen Eröffnung der Deutschen Bücherei durch Seine Majestät den König von Sachsen beizuwohnen, bin ich gern derselben gefolgt und ! konnte nicht anders, als meine Bewunderung deutscher ! Kraft und Ausdauer, die sich in diesem neuesten Kultur- ^ werke in Gestalt eines wuchtigen Prachtbaues darstellt, das während des in allen Teilen Europas lobenden ! Weltkrieges geschaffen wurde, Ausdruck zu verleihen. Von ' dieser Empfindung zeugt die bei dieser Gelegenheit ge haltene Rede, in der ich die Zugehörigkeit des österreichisch- deutschen Buchhandels zum Börsenverein und zur Deutschen Bücherei betonte. Ich empfehle jedem Berufsgenossen, wenn er nach Leipzig kommt, dieses Denkmal deutschen Unternehmungs geistes sich anzusehen. Gleich nach der Hauptversammlung des Vereins, in wel cher Sie den denkwürdigen Beschluß der völligen Abschaffung des Rabatts faßten, haben wir diesen dem Börsenverein zur Ge- ^ nehmigung überreicht. Wie Ihnen bekannt ist, haben wir die ! Zustimmung des Börsenvereins in der »Buchhändler-Corre- ! spondenz« veröffentlicht, und ich möchte aus dieser Zustimmung Ihnen neuerlich die Worte in Erinnerung bringen: »Der Vor- stand begrüßt es mit Freude, daß nun auch im Gebiete Ihres Vereins der bisherige Rabatt bei Verkäufen an das Publikum in Wegfall gekommen ist«. Meine hochverehrten Herren! Auch mir persönlich hat dieser Beschluß große Freude bereitet, denn er krönt gewissermaßen die Bestrebungen, die ich seit so vielen Jahren hier in diesem > Kreise und auch in Leipzig verfolge. Das Publikum ist durch die Tagesprefse, wie auch durch die von uns hergestellten Zirkulare, die wir den Mitgliedern unseres Vereins zur Verfügung gestellt ! haben, von Ihrem Beschluß in Kenntnis gefetzt worden. Wir ^ werden heute jene Bibliotheken bestimmen, denen künftig ein Rabatt von 5"/» zukommt und werden uns dann in dieser Ange- ! legenheit mit dem Ministerium für Kultus und Unterricht und ^ mit den betreffenden Bibliotheken direkt ins Einvernehmen setzen. Entsprechend einem aus der Mitte unserer Mitglieder viel- ! fach ausgesprochenen Wunsche, haben wir uns an das Kricgs- ! Ministerium und an das Landesberteidigungsministerinm mit der Bitte gewendet, die eingerückten, aber im Hinterland be findlichen Buchhändler für die Zeit des Schulbüchergeschästs zu beurlauben und die bei der letzten Musterung assentierten Buchhändler nicht vor dem 1. Oktober einzuberufen. Obwohl unsere Gesuche von der Direktion des Schulbücherverlags und von dem Unterrichtsministerium wärmstens befürwortet worden sind und obwohl bei den maßgebenden Stellen wiederholt per sönlich vorgesprochen worden war, ist dieser Wunsch unserer ! Mitglieder doch nicht erfüllt worden. Die Erledigungen auf unsere Eingaben sind in der »Buchhändler-Correspondenz«, gleich nachdem wir sie erhielten, veröffentlicht worden. Im übrigen sind wir aber der obersten Heeresverwaltung vielfach zu Danke verpflichtet, da sie unsere Bestrebungen be treffend die Errichtung von Feldbuchhandlungen in den von uns okkupierten Gebieten von Russisch-Polen und Serbien sehr gefördert hat. Es sind zum Teil von österreichischen, zum Teil voit ungarischen Firmen Feldbuchhandlungen errichtet worden bei den Armeen in Wolhynien, in Galizien und an der Jsonzo- front. Es sollten auch an der Tirolerfront Feldbuchhandlungen errichtet werden. Die Buchhändler von Tirol haben sich aber ^ in einer sehr energischen Zuschrift an uns gegen diesen Plan ausgesprochen. Es ist dies sehr bedauerlich, da wir infolgedessen j keine weiteren Schritte mehr unternommen haben und nunmehr ^ die Armee selbst den Bücherdienst eingerichtet hat, ohne daß ! wir, respektive ein Mitglied unseres Vereins, hierbei zugezogen worden wären. Herr Leutnant vr. Richard Stein hat in Serbien eine sehr > verdienstvolle Tätigkeit entwickelt, die, wie Sie ja wissen, 149^