Volltext Seite (XML)
Nichtamtlicher Teil. k. » lisq». »uq-and-r 8233 »Schau, wie der Sonnenglanz die Königsstadt beschimmert, Und fern die grüne Heide lacht; Wie hier in jugendlicher Pracht Der ganze Himmel niederdämmert; Wie jetzt des Abends Purpurstrom Gleich einem Beet von Frühlingsrosen, Gepflücket im Elysium, Auf goldnen Wolken hingegossen Ihn überschwemmet um und um « So sang schon der 16jährige Karlsschüler Friedrich Schil ler im frühesten seiner bekannt gewordenen Jugcndgedichte, Die Rosenstimmung des schwäbischen Frühsommers lag also schon in Schillers Jugendtagen in der Lust; und das ist noch heute für alle ihr offenen Buchhändlerherzen ebenso. Wenn die Stuttgarter zu ihrem »Rosenmontag« rufen, dann kommen sie. Auch Heuer trafen die bekannten Einladungen des Süd deutschen, Württembergischen und Stuttgarter Vereins — letz tere in gewohnter Eleganz in der Offizin der Firma A, Bonz Erben mit Bildern festlich ausgestattet — in den heimischen Nestern der süddeutschen und schweizer Buchfinken wieder ein und fanden viele flugbereit und reiselustig. Das waren wir auch und konnten es diesmal kaum erwarten, hinaus zuflattern, »Geschäftehalber«, sagt man da, trafen wir also schon am Samstag mittags wohlbehalten in Stuttgart ein. Kaum ausgestiegen, sperrte uns ein musikalischer Kunstgenuß Wider Erwarten in der Kronprinzenstraße auf halbem Wege den Wandel zum gastlichen Quartier, Dort hatte nämlich der Umzug der Hofbuchhandlung von Friedrich Stahl nach dem Neubau »Stahleck« unter Vorantritt einer trefflichen Militär kapelle stattgefunden, die nun zur Eröffnungsfeier vor dem neuen schönen Laden bei lebhafter, verkehrsperrender Teilnahme des lustwandelnden Publikums ein Stündchen kon zertierte, An einem modernen und großzügigen Sortiments betrieb fehlt es hier also nicht. Welcher erfreuliche Gegensatz zu dem Klagelied vom notleidenden Sortimenter! Die stim- mungsfeindliche Not der Klage wenigstens zeigte sich hier überwunden, mit Regimentsmusik in alle Winde Verblasen, In unserer mit zwei zugleich erbauten neuen Hoftheatern wie auf mächtigen Pegasusflügeln zur Großstadt vollends rasch aufstrebenden süddeutschen Buchhändlerzentrale, woselbst der turmgekrönte Graf-Eberhardbau der Firma Albert Koch L Co, das größte Privatgebäude der Stadt ist, da wird der not- leidende Sortimenter nun für einige Zeit mindestens im Volke außerhalb der Zunft keinen Glauben mehr finden. Und es wäre doch nur zu wünschen, daß hierin ausnahmsweise des Volkes Unglaube recht erhalten und behalten würde alle wege. Doch Verzeihung, lieber Leser! Wir verloren uns zu abseits in unser Meßvorleben am Samstag, Die Messe, über die wir zu berichten haben, begann auch Heuer erst am Sonn tag vor dem dritten Montag des Juni mit dem üblichen Be- grllßungsabend. Des Vergnügungsausschusses sorgsames Walten bestand fürs ganze Meßfest diesmal in einem fein durchgeführten Solo des Kollegen Curt A, Hosemann am Dirigentenpult mit zart zurückhaltender, dramatischer Beglei tung ohne Obligo von Or, Alfred Druckenmüller, Der Festsolodirigent Hosemann hatte schon beim Entwurf des Programms für den eichen Abend eine ungewöhnlich kühne Sicherheit gegen Wetterschwankungen an den Tag gelegt. Sie war selbst durch Vater Bonzens warnende Einrede, daß er in 30 Jahren sich nur zweimal regenfreier Festfreude erinnern könne, nicht zu erschüttern gewesen. Wir waren also zu gemüt lichem Beisammensein mit Damen auf die Gartenterrasse des Kgl, Wilhelma-Theaters bei freiem Eintritt und gutem Wetter mit Militärkonzect geladen. Ungewöhnlich zahlreich waren die Gäste beiderlei Geschlechts erschienen, denn der ganze Sonntag strahlte in ungetrübtem Sonnenschein, Punkt 7 Uhr setzte der gemütliche Abend ein, aber, o Himmel, wie ansge- Börstnblatt f»r dm Dmtschm Buchhandel, 79, Jahrgang, rechnet zur Minute auch ein kleiner Wolkenbruch, der den dauernden Aufenthalt aus der lampiongeschmllckten Garten terrasse ungenießbar machte. Der schöne Wilhelmagarten aber hatte keinen geeigneten Trockenraum für unsere große Gesell schaft zur Verfügung, Trotzdem verstand die rührige Fest direktion unsere bedrohte Gemütlichkeit auf originellste Weise zu retten. Wie im Handumdrehen waren zwei Säle für uns bereit; der eine im Hotel Textor in Stuttgart, der andere, wie 'zur Auswahl, im Kursaalrcstaurant in Cannstatt, Wer aber die Wahl hat, hat meist auch die Qual, Und so entstand un aufgeklärterweise, wir möchten sagen, eine ganz überraschend neue Art von Begrüßungsfeierlichkeiten im Umherziehen, Denn ein kleiner Teil der frohen Gäste landete mit Hilfe der freund lich gespendeten Straßenbahnfreikarten in Stuttgart bei Textor, der größere im Kursaal in Cannstatt, Und hier wie dort ent wickelte sich nun eine, sozusagen, parallellaufende Abendunter haltung in ungetrübter Feststimmung, In Cannstatt gelang es Curt A, Hosemann sogar, als »Festonkel« seinen schwung vollen offiziellen Begrüßungssermon gerade noch zehn Minuten vor der Heimfahrt nach Stuttgart als Schlußrede loszulassen. Das belebte die allgemeine Heiterkeit nicht weniger, als die hu morvolle Weise, in derOttoPetters denDamen unseren Dank für ihr Erscheinen dargebracht hatte. Beim üblichen Schlutzkasfee fand sich die Wider Willen geteilte Festkorona in verdoppelter Freude nochmaligen, ungeahnten Wiedersehens im Königsbau bei »Männer« zum harmonischen Abschluß des gemütlichen Beisammenseins ziemlich vollzählig wieder zusammen. Erst als des Tages Herold den nahenden Anbruch des »Rosen montags« verkündete, sollen sich die letzten Kollegen am Königsbau verabschiedet haben auf Wiedersehen um 9 Uhr vormittags im großen Saale des Bürgermuseums zur Teil nahme an der 68, Generalversammlung des Süddeutschen Buchhändlecvercins, Diese Versammlung eröffnete der Vorsitzende Kommerzien rat Alfred Bonz kurz nach g Uhr, Er begrüßte die anwesen den, besonders von auswärts zahlreich erschienenen Mitglieder mit gewohnter Herzlichkeit, Aus dem von ihm hierauf erstatteten Jahresbericht wird unsere Leser interessieren, daß der Verein auch im verflossenen Jahre wieder eine Zunahme seiner Mitgliederzahl zu ver zeichnen hat, die gegenwärtig 179 beträgt. Durch den Tod verlor der Verein das langjährige Mitglied Max Prechter in Neuburg, zu dessen ehrendem Angedenken sich nach einem kurzen Bericht über seinen Lebenslauf die Versammlung von den Sitzen erhob. Nach Erfüllung dieser der Trauer geweihten Ehren pflicht für den Heimgegangenen Berufs- und Vereins genossen konnte sich der Vorsitzende der Teilnahme an erfreu lichen geschäftlichen Ereignissen des vergangenen Jahres im Mitgliedcrkreisc zuwenden. Zur Feier ihres 50jährigen Bestehens konnten im Ver lauf dieses Jahres den Firmen Holland L Josenhans-Stutt- gart, C, Rielhmüller-Kirchheim, R, Oldenbourg-München und Wilhelm Bader in Rottenburg, zum 75jährigen Geschäfts jubiläum der Firma Ferdinand Enke die Glückwünsche des Vereins ausgesprochen werden, ebenso seinem langjährigen Vorstandsmitglied Carl Schöpfung, i, Fa, Lindauersche Buch handlung-München zu dem ihm verliehenen Titel eines Kgl, bayerischen Kommerzienrats, Sonst war der Verlauf des Vereinsgeschäftsjahrs der einer erfreulichen, ruhigen Entwicklung ohne erwähnenswerte Vorkommnisse und Veränderungen, Aus dem Bericht über die allgemeine Geschäftslage ISN im süddeutschen Buchhandel entnehmen wir, daß der Geschäfts gang im Sortiment leider nicht als gut bezeichnet wer den konnte. Die innerpolitischen Kämpfe, die durch lang» 1073