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7252 Börsenblatt f. d. Dtschn. Sochhmkl. Nichtamtlicher Teil. 137, 17. Juni 1909. Leben verbringt als der Chef, der noch weit über die Stunde des Schlusses der Arbeitszeit hinaus mit schweren Sorgen beschäftigt sei. Er wünsche den Führern der Be wegung, sie möchten sich möglichst bald etablieren, um die wirkliche Lage eines Wiener Buchhändlers kennen zu lernen. Sie würden sich dann selbst wundern, welch unvernünftige Forderungen sie früher vertreten hätten. Der Antrag auf Schluß der Debatte wird angenommen. Herr Friedländer erklärt, daß sein Rechtsgefühl sich dagegen auflehne, daß man jemandem zu arbeiten verbiete, wenn er arbeiten wolle. Man könne auch unmöglich alle Korporalionsmitglieder unter einen Hut bringen. Er spreche aus rein prinzipiellen Gründen. Ein Mißtrauen der Vor- stehung entgegenzubringen, liege ihm ganz fern. Er bittet, zuerst seinen Vertagungsantrag und dann erst den Antrag des Herrn Müller auf ev bloe - Annahme zur Abstimmung zu bringen. Herr Brenner teilt mit, daß die Antiquare beschlossen hätten, gegen den Antrag zu stimmen. Er hofft, daß die Vorstehung die Angelegenheit noch einer genauen Unter suchung unterziehen werde. Herr Stein bemerkt, daß die Vorschläge der Korporation das Mindeste eines Kompromisses darstellten. Ihre Verwirk lichung sei der Herzenswunsch aller Gehilfen. Es handle sich hier nicht um einen Kampf zwischen Personen, sondern zwischen Interessen. Er anerkennt die volle Berechtigung der Chefs, ihre Interessen zu wahren, verlangt aber auch, daß man einsehe, daß auch die Gehilfen ihre Interessen wahren müssen. Das, was die Vorstehung jetzt geantwortet habe, sei ja lediglich ein Rahmen, man habe Verhandlungen verlangt und nicht einen Schriftenwechsel. Die Verhand lungen müßten daher weitergeführt werden. Da Herr Müller sich entfernt habe, könne er, Redner, gegen ihn nicht weiter polemisieren. Es liege ihm fern, zu Hetzen, das Ziel seiner Bestrebungen sei, nach den Worten Jherings, der Frieden, nur das Instrument, das er hierzu verwende, sei der Kampf. Er bittet, die Anträge der Vorstehung zu ak zeptieren, sie zur Unterlage weiterer Verhandlungen zu machen und die Angelegenheit keineswegs zu vertagen. Herr Deuticke resümiert, spricht sich gegen die Ver tagung aus und erklärt, er werde die Anträge der Vor stehung getrennt zur Abstimmung bringen. Erstens alle Punkte mit Ausnahme der Bestimmungen betreffend die Feiertage nnd zweitens die Bestimmungen betreffend die Feiertage. Herr Friedländer erklärt, seinen Antrag zurück zuziehen. Herr Deuticke bringt sodann die Anträge der Vor stehung zur Abstimmung, und zwar mit Ausnahme der Be stimmungen betreffend die Feiertagsruhe. Diese Anträge werden mit allen gegen 1 Stimme angenommen. Herr Deuticke schreitet sodann zur Abstimmung betreffend die Feiertagsruhe. Herr Daberkow beantragt namentliche Abstimmung, was angenommen wird. An der Hand der Präsenzliste findet sodann die nament liche Abstimmung statt. Von den in der Präsenzliste Ein getragenen sind noch 48 anwesend. Von diesen stimmen mit Ja, das heißt für die Annahme der Feiertagsruhe im Sinne der Vorschläge der Korporationsvorstehung, die Herren: Beck, Blaha, Braumüller, Daberkow, Deuticke, Diegel, Dietl, Eisen stein, Eytelhuber, Friese, Grünfeld, Hanaczek, Heck, Herz, Herzmansky, Horwath, Kosmack, Mayer, Robitschek, Schiller, Schwyhal. Suschitzky, Dachauer, Trömel; für nein stimmen die Herren: Abheiter. Amonesta, Bermann, Siegmund Breiten stein, Brenner, Cosn, Ehrenfeld, Fischer, Friedländer, Gold mann, Frau Hirsch, Kindermann, Leichter, Frau Löwit, Möbius, Pichl, Pilz, Reichmann, Saar, Schönfeld, Steckler, Moritz Stern, Stetter, Zinner. Es ergibt sich daher als Resultat 24 Stimmen ja und 24 Stimmen nein. Da zur Annahme dieses Antrages im Sinne des Z 114b der Gewerbeordnung eine Zweidrittel majorität notwendig wäre, erscheint der Antrag der Vor stehung betreffend die Feiertagsruhe in der Zeit von Ostern bis Allerseelen gefallen. Herr Dietl beantragt, man möge die Feiertagsruhe für die Zeit vom 1. Juni bis l. September einführen. Herr Fey-Felber bemerkt, daß der Antrag der Vor stehung hauptsächlich durch die Abstimmung jener Herren gefallen sei, die noch vor nicht langer Zeit Gehilfen gewesen seien. Damals waren diesen Herren die freien Feiertage recht erwünscht, um Ausflüge zu machen. Er bittet die Versamm lung, nunmehr wenigstens den Antrag des Herrn Dietl anzunehmen. Herr Brenner spricht sich gegen den Antrag des Herrn Dietl aus. Herr Dachauer wünscht eine Modifikation dieses An trages dahingehend, daß nicht vom 1. Juni bis 1. September sondern vom Pfingstmontag bis l. September Feiertagsruhe zu gelten habe. Herr Dietl akkomodiert sich diesem Antrag. Herr Brenner erklärt den Antrag für ungerechtfertigt. Herr Deuticke führt aus, daß die Stellung des An trages vollkommen berechtigt sei. Herr Friedländer bittet die Versammlung, vorläufig den Antrag Dietl nicht anzunehmen. Es möge jetzt beim alten bleiben, man könne die Angelegenheit im nächsten Jahre wieder auf die Tagesordnung setzen. Herr Daberkow bittet dagegen die Versammlung, den Antrag Dietl anzunehmen. Da sich niemand mehr zum Worte meldet, schreitet der Vorsitzende zur Abstimmung und konstatiert, daß 24 Stimmen für die Einführung der Feiertagsruhe in der Zeit von Pfingst montag inklusive bis 1. September abgegeben worden seien. 8 Stimmen seien dagegen. Der Vorsitzende konstatiert, daß der Antrag der Herren Dietl und Dachauer mit der not wendigen Zweidrittelmajorität angenommen worden sei. Der Vorsitzende geht sodann zum nächsten Punkt der Tagesordnung über und erstattet folgendes Referat: ' Nach Z 130 o der Gewerbeordnung können die Genossen schaften für bestimmte örtliche Gebiete zu Territorialverbänden oder auf Grund ihrer fachlichen Zusammengehörigkeit zu Fachverbänden zusammentreten. Diese Verbände können unter Umständen als Pflichtverbände erklärt werden. Damit die Handelskorporationen nun nicht einem Territorialverband beitreten müssen, der aus Genossenschaften aller Art zu sammengesetzt ist, hat der Zentralverband österreichischer Kauf leute, dem wir ohnehin schon angehören, im Sinne des Ab satzes 7 des zitierten Paragraphen einen Fachverband unter dem Namen »Zentralverband kaufmännischer Gremien und Genossenschaften Österreichs« in Wien gegründet. Da dieser Verband meritorisch sich so ziemlich mit dem Zentralverband österreichischer Kaufleute deckt, dessen segensreiches Wirken ich schon wiederholt zu betonen Gelegenheit hatte, stellt die Vorstehung den Antrag, die Korporation möge diesem Zentralverband kaufmännischer Gemien und Genossenschaften Österreichs beitreten und im Sinne des Z 12 der Statuten dieses Verbandes vier Delegierte wählen. Als Delegierte wurden von der Vorstehung vorgeschlagen die Herren: Carl August Artaria, Franz Deuticke, Wilhelm Müller und Heinrich Dachauer. Herr Daberkow stellt den Antrag, die Wahl der Dele gierten per Akklamation oorzunehmen. Der Antrag des Herrn Daberkow wird angenommen. Die Versammlung erklärt