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4074 Nichtamtlicher Teil. pH 126, 3. Juni 1899. wird aber auch der Verwaltung nicht einfallen, und das hat auch die Negierung nicht gewollt. Und wer da nun ein werfen möchte, auch diese Schriften haben, vom wissenschaft lichen Standpunkte aus betrachtet, Wert und müssen der späteren Geschichtsforschung zuliebe gesammelt werden, dem können wir entgegen, diese Schriften zu sammeln, wollen wir gern den polnischen Bibliotheken überlassen; daß diese Kuriosa nicht verloren gehen, dafür werden Bibliotheken wie Warschau und Krakau Sorge tragen! »Wahrlich, auch mit der polnischen Litteratur wird die Kaiser Wilhelm-Bibliothek eine schöne Stütze für das Deutsch tum in der Provinz Posen bilden, sie kann und wird allen die Provinz lieb und wert machen durch das viele Gute, was sie stiften wird. Und es wäre nur zu wünschen, daß die Polen aus ihr den gleichen Nutzen zögen wie die Deutschen: sie ist für beide errichtet! Hüte man sich doch nur, auch noch die Wissenschaft und Kunst mit der Politik zu ver quicken. Wohin soll denn der durch die leidige Politik auf geriebene Geist flüchten, wenn es auch in Wissenschaft und Kunst politisch zu spuken beginnt?« Volksaufklärung in England*). Die Volksbibliotheken. Während der englische Staat eine merkwürdige Angst zeigte, für die Volksschule zu viel zu thun, schlug er einen andern Weg zur Beförderung der Volksbildung ein und trug dazu bei, England seiner Zeit die führende Stellung unter den Ländern zu sichern, die »ihre Herren, die Demokraten« dadurch »zu erziehen« suchen, daß sie ihnen guten Lesestoff und verlockende Gelegenheit zum Lesen in »freien Volks bibliotheken« bieten. Auch in diesem Falle hatte der Fort schritt seine Ursache in der Wahrnehmung des Zurückgeblieben seins der Nation. Bis zur Mitte unsres Jahrhunderts war das öffentliche Bibliothekswesen Englands nur sehr dürftig entwickelt. Im 17. Jahrhundert schrieb ein englischer Bücherfreund, daß Paris allein mehr Bibliotheken habe, als England, Schottland und Irland zusammen. Sogar nach der 1759 erfolgten Gründung der Bibliothek im Britischen Museum mußte der große Geschichtschreiber Gibbon noch erklären, daß »die größte Stadt der Welt einer guten öffentlichen Bibliothek entbehre«, und er sah sich für seine Untersuchungen der Geschichte der römischen Kaiserzeit genötigt, große öffentliche Büchersammlungen des Festlandes in Anspruch zu nehmen. Zum gleichen Auswege mußten sich auch englische Litteratur- forscher regelmäßig entschließen, bis das Parlamentsmitglied William Ewart 1849 das litterarische Gewissen seiner ge bildeten Landsleute dadurch weckte, daß er einem Parlaments ausschuß eine internationale Bibliotheksstatistik vorlegte, die da zeigte, daß von den westeuropäischen Ländern die deutschen Kleinstaaten am besten und die britischen Länder am schlechtesten mit der Allgenreinheit frei zugänglichen Büchern versehen waren. Dänemark besaß 412, Bagern 339, Preußen 200, Oesterreich 167 und Frankreich 129, Großbritannien aber nur 53 Bücher auf je 100 Einwohner. Das Britische Museum bildete damals die vierte in der Reihe der größten Biblio theken Europas. In Verbindung mit einem nunmehr plötzlich erwachenden Eifer, sein ganzes öffentliches Bibliothekswesen zugänglicher zu gestalten, begann da England, dieses durch Erichtung über das ganze Land verstreuter Volksbibliotheken zu vervollständigen — durch Büchereien, in denen der Arbeiter den für seinen Bildungsbedarf erforderlichen Lesestoff finden Aus dem im Verlage von Hobbing L Buchte in Stuttgart demnächst erscheinenden Werke: England als Weltmacht und Kulturstaat. Von Gustaf F. Steffen. könnte. Das Britische Museum, die Londoner Universitäts bibliotheken für Rechtswissenschaft, Theologie, Naturwissen schaften, Medizin, Kunst- und Kunstindustrie, sowie für orien talische Studien u. s. w. sollten ausschließlich der höheren Fachausbildung und wissenschaftlichen Spezialstudien dienen — eine Arbeitsteilung, die auch für kleinere Gemeinden als London empfehlenswert erscheint. Seit 1850 hat das englische Parlament an einer be sonderen Volksbibliothekgesetzgebung gearbeitet und sie Schritt für Schritt durchgeführt. Sie gehört zu der vielseitigen »permissiven« Gesetzgebung Englands, kraft deren die Ge meinden zu gewissen Steuer- und andern Zwangsmaßnahmen bevollmächtigt sind; sie verlangt solche aber nicht, sondern überläßt es der Entscheidung der Gemeinden, inwieweit etwas wirklich »unter dem Schutze und Drucke des Gesetzes« unternommen werden soll. Die erste einschlägige Parlaments atte wurde »tbs L^vsi-t ^.ot« genannt, weil die Anregung dazu und ihre Durchführung großenteils William Ewart zufällt, einem aufklärungsfreundlichen Patrioten, nach dem der später so berühmte William Ewart Gladstone seine beiden Vornamen bekam. Das betreffende Gesetz zeugt für die übertriebene, fast komische Vorsicht, womit das englische Parlament stets zuwege geht, wenn es sich um Veraus gabung von Geldern der Steuerzahler, speziell zum Besten der niederen Volksklassen handelt. Man erteilte nur Städten mit 10 000 und mehr Einwohnern die Erlaubnis, jährlich höchstens 1/2 Penny auf 1 Pfund Sterling, d. h. 4^ Pfennige auf je 20 Mark, des gesamten Steuerertrags zur Errichtung eines Gebäudes für eine frei zugängliche Bibliothek und zu deren Unterhaltung aufzuwenden — für Anschaffung von Büchern sollte aber kein Pfennig ausgegeben werden! In seiner salomonischen Weisheit setzte das Parlament voraus, daß sich Bücher schon »freiwillig« einfinden würden. Das war, mit Erlaubnis zu sagen, ein Schnitzer, und schon 1855 begann man auf das Bibliotheksgesetz das bei den englischen Gesetzgebern so beliebte, für den ausländischen Beobachter aber so verwirrende Ausflick-, Erweiterungs-, Verbesserungs und Liberalisierungsverfahren anzuwenden. Infolgedessen giebt es nun Labile ttibrariss ^msaäraeat ^.ets von 1866, 1871, 1877, 1884, 1887, 1889, 1890, 1891, 1892, 1893 und von einigen späteren Jahren. Wie die Sache jetzt liegt, haben die Obrigkeiten aller Stadt- und Landgemeinden das Recht und, wenn zehn Steuer zahler darum einkommen, die Verpflichtung, in der Gemeinde eine Abstimmung mittels gedruckter Stimmzettel über die Frage herbeizuführen, ob die Gemeinde von den Bibliotheks gesetzen Gebrauch machen und sich eine freie Bibliothek oder ein Museum beschaffen solle. Die Steuerauflage für diesen Zweck darf einen Penny vom Pfund Sterling des Einschätzungs betrags nicht übersteigen. Gewinnt der Vorschlag bei den abstimmenden Steuerzahlern die Mehrheit, so haben die Stadt- oder Bezirksbehörden die Bibliothek oder das Museum einzurichten und zu verwalten. Ist es eine Kirchengemeinde, also nicht eine Stadt oder ein »Bezirk«, die sich eine Biblio thek zulegt, so muß diese von einem besonderen Ausschuß mit mindestens drei, höchstens neun Mitgliedern aus den Reihen der Steuerzahler, nicht aber von dein Kirchenrate, ver waltet werden, dagegen ist dieser zu hören, wenn es sich um die Aufnahme von Darlehen handelt. Meist werden für diese Gemeinde-Bibliotheken und -Museen besondere Gebäude errichtet, ohne daß das ein gesetzlicher Zwang ist. Erklärt sich die Mehrzahl der Steuerträger gegen den Vorschlag zur Anwendung des Bibliotheksgesetzes in der Gemeinde, so darf eine neue Abstimmung vor Ablauf eines Jahres nicht stattfinden. Die Bibliotheksgesetze brachte zuerst — schon 1852 — die Stadt Manchester in Anwendung. Der Einweihung der