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erscheinen, die Fabrikation lithographierten Papiers zur richtigeren Erfassung der gesunden Eigenart farbig ge musterten Papiers anzuregen. Eine Gruppe einfarbiger gestrichener Papiere, Gold- und Farbenborden schließt die Ausstellung ab. Auch hier läßt sich die allmähliche Verödung des Farbengefiihls und das lieberwuchern technischen Raffinements zum Schaden der Wirkung verfolgen. Alles in allem vermag die Ausstellung sehr bemerkens werte Anregungen zu geben. Und besonders sollten doch unsere großen Buchbindereien, soweit sie nicht selbst marmorieren, sich fragen, ob sie gut daran thun, eine Sache, die ihrer Arbeit einen individuellen, persönlichen Stempel geben könnte, so durchaus dem Fabrikanten zu über lassen, ob sie nicht eigentlich die Pflicht hätten, wenigstens für den feinen Halbfranzband das Papier (ich denke natür lich zunächst an Marmorpapicr) selbst herzustellen und so ihrer Hände Werk wieder zu einem liebevoll durchdachten künstlerischen Ganzen zu gestalten. Wie das möglich ist, das zeigt die dänische Bnchbinde- kunst, von der wir unlängst Proben ausstellen konnten und ans deren Bereich auch jetzt wieder (im Ecksaal des Museums oben) ausgezeichnete Buntpapiere zu scheu sind, teils in An lehnung au alte Muster, teils ganz modern gestaltet — ein tröstlicher Beweis, daß es doch auch heute noch eine Buch bindekunst geben kann. Rudolf Kautzsch. Die Ausstellung der Reichsdrurlrerei im Deutschen Buchgewerbeh-ruse xu Leipzig. Die Sonderausstellnng, die die Kaiserliche Reichs druckerei in Berlin zur Zeit im Deutschen Buchgewerbe hanse zu Leipzig veranstaltet hat, zählt zweifellos mit z» den interessantesten und künstlerisch wertvollsten Darbietungen, die seit dem Bestehen des Hauses hier zu sehen waren, ja diese Werke und heliographischen Nachbildungen, die dieser Sonderausstellung angehören, veranschaulichen eine Entfaltung der modernen Buchausstattung, wie sie in gleicher Vervoll kommnung bislang nur in ganz vereinzelten Fällen zu Tage getreten ist. Beim Anblick dieser außergewöhnlichen Schöp fungen des Buchgewerbes wird man es begreiflich finden, daß sie auf der Pariser Weltausstellung allgemeine Be wunderung erregt haben. Die in ihrer charakteristischen Erscheinung einheitlichste und künstlerisch bedenlfamste Buchausstattung ist die Aus gabe des altdeutschen Epos »Die Nibelunge», deren ganze Ausführung in die Hand eines Künstlers gelegt war, zu der Joseph Sattler nicht bloß die Illustrationen »nd den Titel, sondern auch die Typen, Initialen und Randleisten entworfen hat Machen sich bei Sattler in seinen früheren Arbeiten oftmals archaistische Neigungen in allzu augenfälliger Weise bemerkbar und zeigt dadurch seine Darstellungsweise mitunter eine zu geringe Selbständigkeit und zu starke An lehnung an die formalen Ausdrucksmittel der alten Meister, so hat er bei seiner neuesten Schöpfung sich ganz auf eigene Füße gestellt. Obgleich man den Eindruck empfängt, daß Sattler die Erfahrungen der alten Meister sich nutzbar zu machen wußte, läßt er doch sein eigenes künstlerisches Em pfinden zu vollein Ausklang kommen. Die in sogenannten Tondrucken ausgesührten Vollbilder, die neben den Charakter- kvpfen der Hauptfiguren der Dichtung auch ein Schiffsbild zeigen, auf dem die über dem Meer ausgehende Sonne und ihre goldigen Reflexe durch Goldbronze wiedergegeben sind, erscheinen trotz der geringen Mittel von seltener Kraft male rischer Wirkung. Die als Randleisten verwendeten Dar stellungen sind nur in Linienzeichnungen durchgeführt und fügen sich den schönen Schriftzeichen höchst feinfühlig ein. Die Schriftzeichen selbst zeichnen sich durch ebenso schöne Ver hältnisse wie klare Formenbildung aus, die sich freihält von jedweder Uebertreibung des Charakteristischen, in die manche so leicht verfallen, sobald sie die alten gotischen Typen als Vorwurf nehmen. In den Typen, wie in den Initialen — die bald in schwarz, bald schwarz und rot, bald mehrfarbig erscheinen — zeigt Sattler ein so weises und vornehmes künstlerisches Maßhalten, daß man diese Schrift charaktere geradezu als mnstergiltige ausehen darf. Dieses »Nibelunge»-Werk ist in zwei verschiedenen Ausgaben er schienen, die jedoch bis jetzt nur aus einer Lieferung mit den ersten vier Gesängen bestehen. Zu den -Druckschriften des IS. bis 18. Jahr hunderts-, die eine Reihe auserlesener Musterblätter in treuen Nachbildungen hervorstechender typographischer Kunstwerke aus den angegebenen vier Jahrhunderten enthalten, hat Joseph Sattler gleichfalls einen Titelentwurf geliefert, der, durch den Schriftsatz getrennt, in dem oberen und unteren Felde je einen Drucker mit dem Drnckerballeu in der Hand aus der ersten bezw. letzten angedeuteten Zeitperiode enthält. Ein weiteres Werk, »Italienische Portraitsculp- turen des XV. Jahrhunderts in den Museen zu Berlin», herausgegeben von W. Bode, liegt ebenfalls in zwei verschiedenen Ausgaben mit zwei verschiedenen Ein bänden vor, die von Eckmann entworfen sind. Während der eine Einband in weißem Kalbleder mit Lederauflage, Handvergoldung und Farbendruck ausgeführt ist und die Figur der Bildhauerei zeigt, ist der andere in erbsfarbigem Kalbleder in Flechtmanier, Lederauflage, Handvergoldung und Farbendruck hergestellt und trägt in der Mitte in einem weiblichen Kopf die Personifikation der Kunst. Dis zum größten Teil in photomechanischen Knpferdrucken ausgesührten Nachbildungen der herrlichen Bildniswerke, von denen nur einzelne als Radierungen behandelt sind, geben in ihrer fein modellierten Durchführung die schönen und charaktervollen Büsten mit frappanter plastischer Wirkung wieder. Die mit ausgestellte IV. Lieferung des Werke? über: »Handzeichnungen von Rembrandt Harmensz van Ryn», in Licht- und Farbendrucken herausgegeben unter Leitung von F. Lippmann im Verein mit W. Bode, Sidncy Calvin, I. P. Heseltine und Emile Michel, giebt ebenso wie die Kollektion Nachbildungen nach Albrecht Dürer und anderen Meistern in geradezu täuschender Weise die Studien, Entwürfe, Kupferstiche, Holzschnitte und farbigen malerischen Schöpfungen wieder. Das Rembrandt-Werk wird nur in ISO numerierten Exemplaren erscheinen. Jedes einzelne Blatt ist in der von dem Meister angewendeten Technik, Rötel- oder Tuschzeichnung in Sepia, Schwarz und anderen mehr oder weniger reichen Farbentönen, ausgeführt. Ernst Kiesling. Kleine Mitteilungen. Vom Gutscheinhandel. — Eine vom Berliner Polizei- Präsidenten Herrn von Windheim erlassene öffentliche Warnung vor dem Ankauf von Waren nach dem System der Gutscheine (Hydra-, Gclla-, Schneeballsystem) bildete vor einigen Tagen den Gegenstand der Verhandlung vor einem Schöffengericht in Berlin. Kläger war der Vertreter der Warenvertriebsgesellschaft -Gella- in Berlin, Beklagter der verantwortliche Redakteur des -Berliner Tageblattes-, Herr Carl Keller, der in seinem Blatte die Warnung abgcdruckt hatte und eine ihm von der Gella-Gesellschaft eingc- sandte Berichtigung zwar auch abgedruckt, aber mit einer Be merkung begleitet hatte, wonach für den Polizeipräsidenten keine Veranlassung oorliege, die Gclla-Gcsellschast von der allgemeinen Warnung auszunehmen. Diese Bemerkung gründete sich auf zuvor cingeholte Erkundigung bei Herrn von Windheim. lieber den Verlauf der Verhandlung sei einem Berichte in der Nat.-Ztg. das Folgende entnommen: Der Privalklagcr der Gella-Gesellschaft, Herr Hertz, bemühte sich, die Behauptung zu erweisen, daß die Gella-Gesellschaft nicht mit den übrigen Gesellschaften dieser Art in einen Tops geworfen werden dürfe und daß alle» absolut reell A