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147, 28. Juni 1899. Nichtamtlicher Teil. 4707 Nichtamtlicher Teil Nus dem Jahresbericht des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller.*) Buchhandel. Das Jahr 1898 war für die Geschichte des Berliner Buchhandels schon deshalb bedeutsam, weil es das erste halbe Jahrhundert des Bestehens der »Korporation des Berliner Buchhandels« abschloß. Im allgemeinen kann das verflossene Jahr als ein Zeitraum ruhiger Entwickelung angesehen werden, und man muß es als ein Zeichen gesunder Verhältnisse betrachten, wenn schwere Erschütterungen nicht eintraten und der Berliner Sortimentsbuchhandel in der Lage war seinen Verpflich tungen nachzukvmmen. Dieser Umstand ist um so höher auzuerkcnnen, als das Berliner Sortiment hart zu kämpfen hat. Die Konkurrenz wächst mit jedem Tag, Ramschgeschäfte mannigfachster Art machen dem Sortimentsgeschäft das Leben immer schwerer, und in den letzten Jahren suchten auch die großen Warenhäuser mit besonderem Nachdruck den Buch handel in den Kreis ihrer Thätigkeit zu ziehen. Die allgemeinen Verhältnisse des Buchhandels haben sich im Laufe des vergangenen Jahres nicht geändert. Auf der einen Seite sehen wir ein wachsendes Gedeihen des Verlagshandels, dem leider ein entsprechendes Aufblühen des Sortimentshandels nicht gegenübersteht. Seit Jahren sucht der Buchhandel ein Mittel, den Niedergang des Sortiments aufzuhalten, und wenn sich im Laufe der letzten Zeit auch manches gebessert hat, so stehen doch heute noch die alten Hindernisse: »Ucbergroße Konkurrenz und Preisunterbietung« entgegen. Trotzdem alle dem regulären Buchhandel angehören den Verlagsfirmcn die Lieferung ihrer Verlagsartikel an die Warenhäuser verweigern, finden diese immer wieder Mittel und Wege, sich in den Besitz von Verlagswcrken zu setzen, um diese dann teils zum Einkaufspreis, teils mit einem Auf schlag, bei dem ein solider Buchhändler nicht bestehen kann, i» ihre Kataloge aufzunehmen, um dem Publikum die Billig keit ihrer Waren recht deutlich vor Augen zu führen. Sofern sich die Konkurrenz der Warenhäuser auf Manipulationen erwähnter Art beschränkt, ist sie zwar im Interesse des Ber liner Sortimentsbuchhandels zu bedauern, aber doch wenigstens dem Publikum nicht direkt gefährlich. Das ist jedoch der Fall, sobald die eigentliche Ramschware zu Markte kommt: neu herausgegebenc Jugendschriften von minderwertiger Qualität in dürftiger Ausstattung; solche Lektüre ist geeignet, einen gefahrdrohenden Einfluß auf den Geist und Geschmack der Heranwachsenden Jugend auszuüben. Einen Lichtblick für das gesamte Sortiment bildete das Erscheinen der Bismarckschen »Gedanken und Erinnerungen«, die um die Weihnachtszeit das Feld beherrschten und jedem Sortimenter eine willkommene Umsatzsteigerung brachten; das Buch war zugleich ein Artikel, den man nicht in den Waren häusern fand. Zollamtliche Behandlung der ausländischen Journale in Oesterreich. Durch die an den Zollämtern in Oesterreich eingeführte Sonntagsruhe können die am Donnerstag von Leipzig abgehenden Jourualpakete frühestens am Montag zoll amtlich behandelt und behoben werden. Dadurch gewinnen *) ksUi-osyoricbt «kos Vereins Leillnsr Iks.uk Isuts unci Inänstriellsr im 2u8SmmonkisiiF mit ckom Iksriebt über «kis IbsttAlcsit ckss tkentrslsussekmösss bissiger sLsrkinsrj lisokmsimisotisr, Asvsiblicbsi- unä industrielle»- Vereins. 1. »Vpril 1898 bis 31. Nsrx 1899. 8". VIII, 3ö0 Leiten. (Versinsburesu: Lettin 81V., Ursussnstr. 35.) die Postämter in Oesterreich für die Journalausgabe einen Vorsprung von vollen 48 Stunden. Da es aber gewiß im Interesse des deutschen Verlagsbuchhandels gelegen ist, die österreichischen Sortimenter gegenüber den Postämtern kon kurrenzfähig zu erhalten, so dürfte es angezeigt sein, die Journale einen Tag früher zur Ausgabe gelangen zu lassen. Wir würden eine bezügliche Aenderung mit Freuden begrüßen. Graz, den 17. Juni 1899. Franz Pechel. ZurVerstcherungderBuchhandlungsgehilfen gegen Stellenlosigkeit. (Vergl. Börsenblatt Nr. 129, 139, 140.) Eine am 22. Juni stattgefundene Monatsversammlung der »Ortsgruppe Lei pzig« der Allgemeinen Vereinigung Deutscher Buchhandlungsgehilfen befaßte sich in zwei stündiger Verhandlung mit dem Artikel des Kollegen Klee- mcier in Nr. 129 dieses Blattes. In Nachstehendem sei allen Interessenten dieser hoch wichtigen Frage die Stellungnahme der Ortsgruppe zu dieser Angelegenheit bekanntgegeben. Zunächst gab der Vorsitzende, Kollege Heydtmann, den Anwesenden bekannt, daß er es insofern für seine Pflicht erachtet hätte, diesen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen, als ja die Allgemeine Vereinigung nach Z II, 2 o und ä und tz V, 9 e. und b ihrer Satzungen eine Kasse für Stellenlose bereits unterhält. Er führte darauf u. a. an, daß es un bedingt zu einer Zersplitterung der Kollegenschaft führen würde, wenn man noch eine Korporation ins Leben rufe, mit der den Gehilfen gedient werden solle. Für den Platz Leipzig wäre das die sechste Vereinigung, der man notwendiger weise angehören müsse, denn für uns kämen doch der Unter stützungsverein, der Verband, die Vereinigung, sowie die beiden Vereine in Leipzig zunächst in Betracht. Aus diesem Grunde könne man einer neu zu gründenden Kasse un möglich sympathisch gegenüberstehen. Kollege Sinner bemerkte hierauf, daß es überhaupt auch für alle Plätze notwendig sei, hierzu Stellung zu nehmen. Er wies ferner auf den Verband hin und erinnerte daran, daß auch dessen Leipziger Kreisverein vor Jahresfrist eine derartige Kasse ins Leben rufen wollte, was aber mit Majorität dort abgelehnt worden sei. Er verstehe den Klee- meierschen Artikel so, daß er nur deshalb im Börsenblatt erschienen sei, um diese Angelegenheit wieder ins Rollen zu bringen, nicht aber um der Vereinigung Konkurrenz zu machen. Kollege Dulloo stimmte den beiden Vorrednern zu und wünschte eine Resolutton im Sinne des eben Gehörten zu fassen. Kollege Heydtmann gab ferner zu bedenken, daß es bei der Interesselosigkeit der Gehilfenschaft gerade für Staudes fragen schwer sei, -ein neues Unternehmen lebensfähig zu er halten. Er mies darauf hin, wie schwer es gewesen sei, der Allgemeinen Vereinigung in Leipzig den Boden zu erobern. Genau so würde es einer neuen Körperschaft gehen. An der Hand von Zahlen gab Kollege Sinner ferner zu bedenken, daß für die Geschäftsführung einer solchen neuen Kasse schon große Beträge aufgehen würden, während die Allgemeine Vereinigung für ihre Stellenlosen - Unter stützungskasse keine belangreichen Geschäftsausgaben habe, da ja das Gehalt für den Geschäftsführer von den Mitglicder- beiträgen gedeckt werde. Die Summe, die an unsere Kasse für Stellenlose alljährlich abgeführt werde, solle eben nur deni Zwecke dienen, der Kollegenschaft eine Unterstützung zu gewähren. 626'