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5530 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ptz 1Ü4, 7. Mai 1S0S Wie haben sich Druck und Buchausstattung, Gewerbe betrieb und Geschäftsführung gewandelt in diesem Drciviertel- jahrhundert stolzer Geschichte eines deutschen Unternehmens, dessen Erinnerungsscst die Firma I, I. Weber am 8. Mai dieses Jahres festlich begeht! Dem Zeicheuatelier und der Lylographischen Anstalt ist die Druckerei gefolgt, die erst im Jahre I88K und auch von da an noch ein Jahrzehnt unter Heranziehung der Offizin von F A. Brockhaus den Druck der -Jllustrirten Zeitung-besorgte, und allmählich sind galvanoplastische, photographische und chemigraphische An. stalten, eine eigene Buchbinderei und Tischlerei den älteren Berlagsinstituten ungegliedert worden. Eine bedeutende An zahl vielgestaltiger Betriebe, die im Jahre 1896 noch 200, im Jahre ISOS aber schon 380, im Jahre ISOS dagegen 480 Köpfe belchästigten! Begreiflich genug, daß darum auch an der Firma I. I, Weber das Dichterwort sich er füllen mußte: -Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus.« Zuerst in der Nikolaistraße, dann in der Querstraße zu L.'ipzig hatte die Verlagsbuchhandlung ihr Heim auf geschlagen, bis sie im Jahre 1880 nach einem stattlichen Hause an der Ecke der Mittel- und der Reudnitzerstraße llbcrsiedelte. Ein Menschenalter später reichten auch dessen Räumlichkeiten nicht mehr aus, und am I, Mai 1898 wurde ein prächtiger und zweckmäßig eingerichteter Neubau den technischen Instituten des Unternehmens in der Reud- nitzerstraße Nr 1—7 eröffnet, während die Zeitungsredaktion im April 1905 gleichfalls in ein neues Gebäude verlegt worden ist. Die fortdauernde Geschäftsvergrößerung hat nun abermals einen Erweiterungsbau erforderlich gemacht, der seiner Bollendung im Herbst des Jubiläumsjahres entgegenwächst. So ist allmählich eine erhebliche Ge samtmasse von Gebäuden zusammengesiigt worden zu dem Wohnsitz der Firma uud zu einer würdigen und geeigneten Heimstätte der persönlichen und technischen Krast, die un ablässig schafft und ringt an dem Umsatz des geistigen Kapitals des deutschen Volkes und der Kulturmenschheit unserer Zeit. Als stumme und doch so beredte Zeugen grüßen sie am Jubeltage des Mai die Gegenwart, die ihnen gleichend Anstrengungen, Ersparnisse und Krast von drei Generationen enthält. Wie alles Große und Gute, verdankt auch die Firma I, I. Weber der Liebe zu einer Idee ihre» Ursprung, In einem arbeiterfüllten Zeitraum von fünfundstebzig Erden jahren hat diese Idee so manchen Widerstand überwunden, so manche Sorge besiegt, so manchen Gegner entwurzelt. Erfolge und Taten der Söhne und Enkel, Zustimmung uud Anerkennung der gebildeten Welt, diesseit und jenseit des Weltmeeres haben den bestätigenden Beweis erbracht, wie zeit- und zukunftsgemäß der Schöpfergedanke Johann Jakob Webers und wie richtig er gewesen ist. Darum galten und gelten der Firma aber auch heute noch die ernsten Mahn worte, die ein alter Jünger Gutendergs, der erste Mit arbeiter des Begründers, Karl B, Lorck, einst im Jahre 1893 der »Jllustrirten Zeitung- nachgerühmt hat: »Sie braucht die Kritik nicht zu scheuen, der Reklame ist sie nicht be dürftig-:. Zum Entwurf einer Verkaufsordnung. In der Einführung des Entwurfes einer Verkaufs- ordnung wird zu Z 3, Z ffec 3, u, a, bemerkt, daß mau solchen Betrieben, die vollständig auf gewerblichem Boden stehen, aber den Reingewinn gemeinnützigen Zwecken zusühreu, die Eigellschaft eines Wiederverkäusels, an welche mit vollem Buchhändler-Rabatt geliefert werden dürfe, zuerkennen müsse. Ich kann nicht umhin, dieser Auffassung entschieden entgegcnzutreten; meines Erachtens bedeuten solche Betriebe eine mindestens ebenso große Gefahr für den regulären Buchhandel wie die Konsumvereine rc,, was ich durch eigene Erfahrung erhärten kan». Wer, wie ich, mit Behörden arbeitet, hat vielleicht in der letzten Zeit Gelegenheit gehabt, zu beobachten, daß manche Bestellungen, die bisher regelmäßig einzugehen pflegten, aus blieben; bei mir ist das wenigstens der Fall gewesen, und ich brachte, als ich der Ursache nachforschte, in Erfahrung, daß meinen bisherigen Kunden von ihren Vorgesetzten Be hörden empfohlen war, für die Folge bei Bestellungen von Büchern und Zeitschriften möglichst den Jnvalidendank in Berlin zu berücksichtigen, der einen Teil seines Reingewinnes zur Unterstützung von Invaliden verwende, und aus diesem Grunde auch seinerseits die Unterstützung seitens der Behörden und Truppenteile verdiene. Eine solche Empfehlung kommt einem Befehle beinahe gleich, und so ist mir mehrfach die Lieferung von Jnstruktiousbüchern für die hier garnisonierenden Truppenteile, als auch von Büchern und Zeitschriften für die militärtechnischen Institute entgangen. Was mir heute passiert ist, kann jedem Kollegen, der mit Behörden oder Militär arbeitet, morgen ebenso passieren, und daher entspricht es einem dringenden Gebot der Selbst erhaltung, dagegen Protest zu erheben, daß solche Betriebe, die ihren Reingewinn oder einen Teil desselben gemein nützigen Zwecken zusührcn, als Buchhandlungen im Sinne der Verkaufsordnung angesehen werden. Spandau. Hermann Mund. Kommissionsgut. Die Flut der Remittenden kündet dem Verleger, daß Kantate und der Tag der Abrechnung naht. Schon ist er dabei, nach dem Prozentsatz der Remittenden sich die Unkosten an dem Versand des Kommissionsgutes zu berechnen. Ec hat in einer längeren Reihe von Jahren die nötigen Er fahrungen gesammelt, und sich stoische Ruhe errungen, auch wenn die Remittenden sturmflutartig herandringen. Er hat sich auch zu dem höheren Gerechtigkeitsprinzip ausgeschwungen, nicht nur dem Sortimenter die Schuld am Nichtabsatz zu geben, sondern sich selbst als Verleger, der ebenso thöricht war, Bücher zu verlegen, die kein bestimmtes Absatzgebiet mit einem gewissen Kaufzwang haben. Der Notschrei des Verlegers, der diese Zeilen schreibt, betrifft deswegen auch nicht den geringen Absatz an sich, sondern die Art der Verrechnung des Kommissionsgutes. Barbestellungen bei Neuerscheinungen sind, wie jeder Verleger weiß, ungemein rar gesät, man bedars einer be sonders scharscn Lupe, um die wenigen Barzettel zwischen den Kommifstonszetteln herauszufinden. Alles Anprcisen und alle übertriebenen Prozent- und Partie-Angebote des Verlegers haben versagt, und er ist froh, wenn der Sorti menter nur sein Werk überhaupt nicht ganz mißachtet und es sllr würdig hält, es sich in Kommission kommen zu lassen. Der Verleger weiß sehr wohl — und wenn er selbst Sortimenter war, empfindet er cs um so mehr —, daß der Sortimenter bei der Überproduktion auf dem Büchermarkt bei der wirtschaftlich schlechten Zeit, die noch weniger Bücher kaufen läßt als bisher, nur in Ausnahmefällen das Risiko der Vorbestellung tragen kann. Bei Anerkenntnis dieser Tatsache bleibt aber doch die andere ebensogut bestehen, daß der erhöhte Nabatssatz nur bei Barbestellungen ein Äquivalent sein soll für das eingegangene Risiko. Ist das unbestreitbar richtig, so soll Kommissionsgut diesen Vorzugsrabatt eben nicht genießen. Hier wird nun der Notschrei eines ver ärgerten Verlegers laut.