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^ 97, 28, April ISIS, Redaktioneller Teil, Er wäre sehr schön gewesen, wenn diejenigen, die für eine von kritischem Geiste geleitete Verbreitung fremdländischer Lite ratur in Deutschland eintraten, von Anfang an in allen deutschen Buch« und Biihnenvcrlegern und Theater-Direktoren eine Stütze gefunden hätten; es wäre sehr schön gewesen, wenn der deutsche Übersetzer in den Verlegern immer Persönlichkeiten gefunden hätte, die in ihm zunächst den Landsmann sahen, der Aus ländern gegenüber ihres Beistandes sicher sein durfte, und den sie nicht — wie es manchmal geschehen ist — i nr V e re i n m i t Ausländern noch mehr in seinen Lebensbedingungen herab drückten. Aber es ist nicht immer der Fall gewesen. Vielleicht erschüttert nun die Erkenntnis, daß bei weiterer Entwicklung der bisher herrschenden Zustände nach dem Frieden der eigene Vorteil gefährdet werden könnte, den Gleichmut ein wenig, mit dem manche Verleger und Schriftsteller sich die Dinge über den Kopf wachsen ließen. Wenn das der Fall ist, so werden sich auch Mittel finden, dafür zu sorgen, daß die neue Zeit nach dem Kriege nicht mehr die alten übelstände vorsindet. Wir sind es unserer Stellung in der Welt nach wie vor schuldig, die hervorragenden Werk« der ausländischen Literatur bei uns einzuführen, ganz gleich, ob ihre AutorcnDeutschenfreunde oder -Feinde sind! Die Sprachkunst d'Annunzios ist nicht Plötzlich dadurch geringer geworden, daß er sich als ein politisch unreifer Kops gezeigt hat, ebensowenig wie Sarah Bernhardt plötzlich eine schlechte Schauspielerin wurde, als sie ihren Deutschenhaß be kundete, Wir können uns auch nicht nur mit den Geistesprodukten der paar Neutralen befassen. Wir brauchen alle wirklichen Kul turschätze der Erde zur Entwicklung der eigenen Kultur und werden jetzt vielleicht für die Schöpfungen der Gegner, die, wenn auch durch eigene Schuld, gelitten haben wie wir, noch mehr Verständnis aufbringen können, als für die der Zuschauer, Aber es muß in Zukunft vermieden werden, daß man uns mit Spreu überschüttet, weil man steht, wie eifrig wir nach Weizen suchen. Das ist kein besonders origineller Wunsch, sondern es ist anzunehmen, daß ihn jeder Beteiligte hegt und nach dem Kriege sein Teil zur Erfüllung beitragen will. Aber es ist fraglich, ob hier der gute Wille allein helfen kann. Die geschäftliche Eifer sucht in Verbindung mit dem — an manchen Stellen herrschen den — Mangel an Qualitätsempfinden wird wieder ihr Spiel beginnen, und es könnte alles werden wie zuvor, wenn die Vor sätze nicht auf irgend eine Weise i» die Tat umgesetzt werden. Es kann bei gemeinsamem Handeln aller beteiligten Faktoren hier Wandel geschaffen werden. Viel wäre schon durch eine Hebung des Übersetzerstandes — anstelle der bisherigen Bedrückung! — gewonnen, dessen einzelne Mitglieder soweit gebracht werden müssen, «in Gefühl der Verantwortlichkeit ihren Volksgenossen gegenüber zu empfinden, deren Geschmack mancher von ihnen mit gleichgültig ausgewählter Lektüre ruiniert, deren Stil er durch eilig hingeschmierieVerdeutschung schlecht beeinflußt, DieFeuille- tons sogar großer Tageszeitungen, die Übersetzungen, die bei angesehenen Verlegern erscheinen, sind oft in einem haarsträuben den Deutsch geschrieben. Aber freilich, auf den Übersetzer, den Pekuniär und geschäft lich Schwächsten, kommt es hierbei erst in zweiter Reihe an. Die Führung in den Bestrebungen, eine kritische Verarbeitung der Schätze fremden Geisteslebens in der deutschen Kultur durch zusetzen, muß von denen ausgehen, die die Macht haben, solche Pläne durchzusetzen. Dann wird es in Europa wieder als eine Ehre gelten, in Deutschland gedruckt oder aufgeführt zu werden, während das jetzt auch von den mittelmäßigen Autoren mancher Länder als ihr gutes Recht betrachtet wird. Ein einiger Wille all der Persönlichkeiten, die in irgend einer Weise berufen sind, als Kulturvermittler zu wirken, kann dieses Verhältnis ändern, kann das Verantwortlichkeitsgefühl der Beteiligten so schärfen, daß es sich auch nach dem Kriege nicht beim leisesten Anlaß wieder verliert, damit das Ausland erfährt: es ist kein Massengefchäst mehr mit dem Bücherhunger des deut schen Volkes zu machen, der deutsche Literaturmarkt hat kritische Türhüter mit scharfen Augen, Dann wird man aufhören, uns mit fremder Literatur systematisch versorgen zu wollen. Wir werden wieder, wie auf jedem andern Markte, auch hier in Ruhe und mit Umsicht aussuchen, was für den deutschen Leser und Theaterbesucher geeignet ist — nämlich das wirklich Gute; der Verleger- und übersetzergewinn wird nicht ständig in Gefahr sein, von anderer Seite auf ein Minimum herabgedrückt oder völlig entzogen zu werden — kurz, wir werden wieder Herren im eigenen Hause sein, KöniZI. Univer5i1ät8äi-uckei-ei 8lüi-1r ^.-0. in Wünrbui'A. Leriedt, äes Vorstanä68 und de8 ^uk- s!edt,8rat68 über da8 7. Oe8edükl8^abr 1915. 40. 16 Löitsv. Störender als im ersten Kricgsjahre 1914, das wenigstens in seinen ersten sieben Monaten ein regelmäßiges Arbeiten gestattet hatte, haben im Jahre 1915 die nachteiligen Einwirkungen des Krieges den Geschäftsgang des Unternehmens beeinflußt. Von 683 Personen, die bei Kriegsausbruch in der Druckerei beschäftigt waren, sind 234 zu den Fahnen einberufen, ein Verlust vou Spczialarbcitern, der zur Stillegung nicht nur eines Teiles der Setzmaschinen, sondern auch von Buch- und Steindruck-Schnellpressen geführt und leider auch zur Ablehnung teilweise belangreicher Aufträge genötigt hat. 13 von den Einberufenen haben den Heldentod gefunden. — Die Bilanz des Ge schäftsjahres 1915 (1./I.—31./XII.) erweist bei einem Aktienkapital von 1 400 000 ./i einen Fabrikationsgewinn von 184 159 .// 50 Mit dem Gewinnvortrag aus dem Jahre 1914 von 66 675 35 erhöht sich die Aktivseite des Gewinn- und Verlustkontos auf 250 834 85 Auf der Gegenseite sind die Handlungsunkosten, die Steuern und sozial politischen Abgaben mit 104 748 50 ^ gebucht, die Zinsen mit 13 087 ^ 69 die Abschreibungen mit 76 074 75 Danach ergibt sich ein Betriebsverlust von 9751 49 ^5. Letzterer soll dem Gewinnvortrage aus dem Jahre 1914 entnommen werden, dessen ent sprechend verringerter Betrag mit 56 923 ./i 86 ^ auf neue Rechnung vorgetragen werden soll. Von Verteilung einer Dividende soll ab gesehen werden. Nach dem Vorstandsbericht liegen seit Beginn des Jahres 1916 zahlreichere Aufträge vor als im gleichen Zeitraum des Vor jahres, auch sei es gelungen, den Personalbestand wieder zu heben. - Der Aufsichtsrat gedenkt in seinem Bericht mit ehrenden Worten der Verdienste seines am 29. Juni 1915 entschlafenen Vorsitzenden vr. Heinrich Stürtz, dessen Umsicht und Tatkraft das Unternehmen aus be scheidenen Anfängen zu eiucr der vornehmsten Anstalten des Druck gewerbes entwickelt haben. Seine Stellvertretung im Aufsichtsrat liegt dem Direktor der Bayerischen Vereinsbank in München Geh. Hof rat Adolf Pöhlmann ob. Weiter gehören dem Aufsichtsrat an die Herren Dr. Fritz Bergmann, Verlagsbuchhändler in Wiesbaden, Max Berthold, Direktor der Elektrizitäts-A.-G. vorm. Schuckert L Co. in Nürnberg, Kommerzienrat Wilhelm Hilcken, I. Vorsitzender der Han delskammer in Würzburg, Fritz Springer, Verlagsbuchhändler in Berlin. 2. Kleine Mitteilungen. Vom Deutschen Verlcgcrvcrein erhalten wir folgende Zuschrift: »In den Mitteilungen des Deutschen Verlcgcrvereins* ist die bereits angekündigte Liste der Sortimenter abgedrnckt, die sich bis zum 19. April d. I. an uns gewandt haben, weil sie mit den Ostermeß- Arbeitcn im Rückstände sind, und deren Wünsche der Vorstand des Deutschen Verlegervereins der Berücksichtigung empfiehlt. Außerdem haben wir auch die Namen der Firmen veröffentlicht, die im Börsen blatt bis zum gleichen Tage um Rücksichtnahme wegen nicht recht zeitiger Abrechnung gebeten haben, zu deren Wünschen wir aber keine Stellung nehmen konnten, da sie uns ihre Verhältnisse nicht klargelegt haben. Wir stellen von dieser Liste Verlegern, auch außerhalb des Kreises unserer Mitglieder, Son derdrucke kostenlos zur Verfügung.« Eine weißrussische Übersetzung des Sachsenspiegels, des ältesten der deutschen Nechtsbücher des Mittelalters, wurde in einer Bibliothek in Wilna entdeckt. Die Handschrift stammt ans dem 15. Jahrhundert. Der »Spiegel der Sachsen«, der in der Zeit zwischen 1198 und 1235 entstand, war über das alte Sachscnland hinaus weit verbreitet; eine Übersetzung in das Wcißrussische mag sich frühzeitig auS praktische» Gründen als notwendig erwiesen haben, weil in Wilna schon seit 1387 das »Magdeburger Recht« gültig war. 495