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^ 97, 28. April 1816. Redaktioneller Teil. Nach Schluß der Versammlung zwangloses Beisammen sein im Restaurant des Archttektenhauses. Berlin, den 22. April 1916. Der Vorstand der Vereinigung der Berliner Mitglieder des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler Wilhelm Koebner Georg Eggers Ernst Schmersahl Vorsitzender stell». Vorsitzender Schriftführer Friedrich Fcddersen R. L. Prager stell». Schriftsiihrer Schatzmeister Paul Nitschmann Vorsitzender des Berliner Sortimenteroereins. Neichsbuchwoche. Die Bekanntmachung des Vorstandes vom 15. April 1916 über die Neichsbuchwoche hat im Sortimentsbuchhandel die Auffassung hervorgerufen, daß sich jede Buchhandlung, die an der Neichsbuchwoche tetlnehmen will, melden müsse. Dies geht aus der großen Zahl von Anmeldungen hervor, die bet dem Vorstand und der Geschäftsstelle eingelauscn sind. Um diese irrtümliche Annahme zu beseitigen, teilen wir mit, daß die Werbedrucksachen unter Benutzung der Leinerschen Sortt- mentsadressen an etwa 6600 Sortimentsbuchhandlungen in einem Exemplar kostenfrei versandt worden sind. Es sind lediglich die reinen Antiquare und Kunsthandlungen bei den Adressen ausgemerzt worden. Nach dem Empfang dieser Muster sind dis Bestellungen einzusenden, unter Benutzung der beigefllgten Bestellkarte. Der Vorstand des Börsenvereins setzt voraus, daß sich jede Firma ausnahmslos in ihrem eigenen und im Interesse des Verlagsbuchhandels an der Neichsbuchwoche beteiligen, das Plakat zum Aushang bringen und in der Woche eine Ausstellung der in Frage kommenden Literatur im Laden und im Schaufenster vornehmen wird. Die Notizen für die Presse, die auch bereits verlangt werden, wird die Redaktion de? Börsenblattes rechtzeitig auf dem weißen Bestellzettelbogen abdrucken lassen und jedesmal darauf Hinweisen, wenn eine derartige Aufnahme erfolgt ist. Was ferner die Flugblätter für die deutsche Jugend und für das Publikuin anbetrifst, so sei darauf hingewiesen, daß die Flugblätter an die deutsche Jugend in je 100 Exemplaren vom Gesamtausschuß zur Verteilung von Lesestoff im Felde und in den Lazaretten unmittelbar an jede einzelne Schule versandt werden und daß das Flugblatt an das große Publikuin ebenfalls von derselben Stelle in je 100 Exemplaren an den deutschen Sortimentsbuchhandel zur Versendung ge langt unter Benutzung derselben Leinerschen Adressen, welche der Vorstand für die Versendung der Muster benutzt hat. Wenn nun heute schon von dem allgemeinen Flugblatt einzelne Firmen dis zu 3000 Stück verlangen, so glauben wir kaum, daß diesem Ersuchen Folge gegeben werden kann, denn dazu würde es einer Auflage von Millionen bedürfen. Es ist ja doch aber auch zu berücksichtigen, daß die Flugblätter in den Schulen zur Verteilung gelangen und dadurch in die Familien kommen, so daß es angebrachter sein wird, mit den jeder Buchhandlung zur Verfügung stehenden Flugblättern sparsam zu Wirtschaften und den Vereinen in den Eingaben beizulegen, die der Sortimentsbuchhandel an diese richtet. Gedruckte Formulare an die Letter der Schulen und die Vor sitzenden der Vereine besitzt der Börsenvereinsvorstand nicht, diese müssen unter Benutzung der Werbedrucksachen selbst ent worfen werden. Wir haben aber in Aussicht genommen, einige Muster zum Abdruck zu bringen, wie sie von einzelnen Firmen zu diesem Zweck entworfen wurden. Leipzig, den 25. April 1916. Hochachtungsvoll Geschäftsstelle des BörscnvereinS der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Dr. Orth, Syndikus. Deutschland und die Weltliteratur nach dem Kriege. Als wir Deutschen beim Aufflammen des Weltkrieges vom Auslande eine recht unerfreuliche Quittung über unsere bishe rige Bevorzugung fremdländischer Kunst- und Literaturprodnktc erhielten, gab es natürlich unter dem Eindruck der ersten Ent täuschung eine übertriebene Erbitterung gegen alles Ausländische, und es schien so, als ob die Kulturwerte fremder Länder nie wieder bei uns Eingang finden würden. Die erste Erregung hat sich nun zum Glück gelegt, und die Ereignisse auf dem Kriegsschauplätze gestatten uns eine ruhigere Betrachtung der einschlägigen Verhältnisse und ihrer Einwirkung auf die Zustände im Buch- und Bühnenberlag. Diese ruhigere Betrachtung läßt uns erkennen, daß nach dem Kriege die Beschäftigung mit den fremden Literaturen wieder be ginnen muß. Schon die Sprachstudien, die wir im Interesse unserer Handelsbeziehungen zu treiben gezwungen sind, fördern die Kenntnis der Bücherschätze des Auslandes, denn mit Hilfe von Grammatiken und Unterhaltungsstunden allein wird keine Sprache erlernt. Aber außerdem würden wir uns selbst schädi gen, wenn wir höchstens von den Werken unserer Nicht-Feinde Kenntnis nähmen. Gerade die geistige Fühlung mit den großen Nachbarreichen muß wieder gesucht werden — sie wird auch den Wiederbeginn der wirtschaftlichen Verbindung erleichtern — und ein Überblick über die Schöpfungen der Weltliteratur uns erhalten bleiben. Kunst und Politik sollen nicht bestimmend auseinander einwirken. Hiermit sei freilich nicht gesagt, daß die Wiederkehr der alten Zustände im Bühnenlebsn und auf dem Büchermarkt, wo die Vorherrschaft fremdländischer Erzeugnisse schweren Scha den angerichtet hat, erwünscht wäre. Es ist nicht gerade nötig und wäre vom volkswirtschaftlichen Standpunkt nur zu be dauern, wenn uns die Geistesprodukte fremder Länder wieder überschwemmen, wenn die Übersetzer zu gehetzten, erbärmlich be zahlten Abschreibern gemacht, die deutschen Schriftsteller einer drückenden Konkurrenz ausgesetzt, die deutschen Buchhändler und Theater-Direktoren durch so und so viele am Vertrieb des aus ländischen Werkes interessierte Stellen in oft unrentable Unter nehmungen Hineingetrieben würden. Soll aber diesen Verhältnissen, die bis zu Anfang des Krieges unzweifelhaft bestanden haben, nun wirklich ein Ende gemacht werden, so müßte man sich erst darüber klar sein, auf welche Weise sie sich bei uns cinnisten konnten. Die Erkenntnis der Ursache eines Übels zeigt meist auch das Mittel zu seiner Bekänrpfung. Man mühte sich also zunächst klar machen: aus welchem Grunde kommt ein ausländisches Buch oder Bllhnenwerk bei uns soviel schneller »an den Mann« als ein deutsches? Diese Frage beantwortet sich von selbst, wenn man bedenkt, wie viel günstiger die Vertriebsverhältnisse für den ausländischen Autor liegen als für den einheimischen. Der »neue« deutsche Schriftsteller mutz sein Manuskriptpäckchen selbst austragen oder versenden. Er muß warten, bis seine Arbeit vom Verlage geprüft wird, und kann sich nicht gut selbst anpreisen. Tut er es dennoch, so findet er natur gemäß nur in seltenen Fällen Glauben. Der deutsche Dramatiker hat freilich auch seinen Agenten, doch kann dieser aus Gründen, die weiter unten angeführt werden sollen, für ihn nicht so leicht arbeiten wie für seinen ausländischen Kollegen. Für den ausländischen Autor tritt zunächst sein Übersetzer ein, der an ihm verdienen mutz. Es tut hierbei oft nichts, daß der Autor eine Mittelmäßigkeit ist, deren Bekanntschaft wir schließlich entbehren könnten. Der Übersetzer, der seine Sprach- kenntnisse oft nicht auf verständigere und einträglichere Weise,.;. B. durch Stundengeben oder kaufmännische Korrespondenz, son dern auf »standesgemäße« Art verwerten will, kann an die großen Dichter nicht heran und muß sich vorerst mit unbedeutenderen be gnügen. Will er seine Arbeit nicht umsonst getan haben, so muß er den mittelmäßigen Dichter aufs wärmste bei deutschen Ver legern und Redaktionen empfehlen. Er wird manchmal unter stützt von dem Vertriebs-Bureau oder der Theater-Agentur des betreffenden Landes, das natürlich, wenn auch sonst die Deutschen liebe bet ihm nicht allzu groß ist, doch das deutsche Geld nicht ver achtet. Für ein auf diese Art doppelt empfohlenes Werk findet 493