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BSrsmblatt I. d. Dtschn Buchhandel. Redaktioneller Teil. — TvreLsaal X- 200, 28. August 1922. Pciösi-ncier in Ungarn. — Anlässlich der hundertsten Wiederkehr des Geburtstages des grössten ungarischen Lyrikers Alexander Prtösi (81. Dezember 18LL) haben schon jetzt in ganz Ungarn die Erinnerungsfvierlichteitcn ihren Ansang genommen. Besonders gedenkt man auch, nicht zuletzt aus politischen Gründen, des Heldentodes Petöfis, der 1849 im Frciheitskampse gegen die vereinigten Österreicher und Russen gefallen ist. SMllMIlll. Lagermieten der Buchbindereien. sVergl. Bbl. IW, 179 und 188.) Von R. C. Sch m i d t, B e r l i n. Herr vr. Justus Creutzberger, der Syndikus des Verbandes deut scher Buchbinderetbesitz-er, nahm in Nr. 188 zu obigem Dhema das Wort und bezieht sich dabei mehrfach auf meinen früheren Artikel in Nr. 163 des Bbl. Ich begrüße diese Ausführungen, da sie mir Gelegenheit geben, nochmals hierauf zurückzukommen. Ich habe gesagt, das; wir in einer Zeit leben, in der mit Schlag- wortcn und Phrasen gearbeitet wird, und nichts weiter als Schlagwort und Phrase ist les, wenn behauptet wird, daß die erhöhten Mieten die Buchbindereien »ungebührlich« belasten. Ich führte als Beispiel eine Stilprobe einer Leipziger Buchbinderei an. Herr vr. Creutzberger l-at nun die undankbar« Aufgabe übernommen, dies zu widerlegen und die Maßnahmen des Verbandes deutscher Buchbindereibesitzer zu ver teidigen. Nach den üblichen ollen Kamellen von Lohnbewegung usw., die uns jeden Tag aufgettscht werden, und mit denen er auch nichts Neues sagt, behauptet er, daß das Einlagern der Vorräte den Buchbindereien selbst Mk. 300.— je gm kostet. Als Beweis führt er die Älbstkostenberech- nung des Verbandes an, die uns Verlegern bereits durch das Rund schreiben des Verbandes bekannt ist. Diese Rechnung ist für den gutgläubigen Verleger zurechtgemacht, es stimmt keine einzige Zahl ganz absolut. Solche frisierte Selbst- kostcnberechuungen haben niemals eine Beweiskraft, und ein Narr ist der, der sie ohne weiteres fiir richtig hält. Solche Selbstkoftcnberech- uungen können höchstens als »Verhandluugsuuterlage- für Mietsfest- sctzungen mit der Gegenpartei dienen und sind entsprechend zu bewerten. Solche Verhandlungen haben aber nicht stattgefunden. Aber über die Zahlen wollen wir uns gar nicht weiter streiten; ich will großzügig sein und sie gelten lassen, wenn Sie, Herr vr. Creutz berger, mir als Gegenleistung die Zahlen der Selbstkosten eines Quadratmeters im Jahre 1914 danicbenstellcu. Sic haben gewiß über sehen, daß ich in meinem Artikel sagte: »Am 1. Juni betrug aber bereits der Teuerungsausschlag auf deu Buchbindcr-Preistarif 5200"/,. Die Summe, welche die Buchbinde reien möglicherweise für Lagermtcten mehr ausgebcn — die meisten haben ausgedehnte eigene Lager —, steht in gar keinem Verhältnis zn den heutigen Tarispreisen, und dementsprechend betragen diese Spesen nur einen Bruchteil derselben Spesen im Verhältnis zu 1914.« Inzwischen ist der Teuerungszuschlag auf den Buchbinderpreistarif aus 7lM gestiegen! Erst wenn die beiden Selbstkostenbcrechnungcn aus dem Jahre 1914 und 1922 einander gegen über gestellt und die 7600"/, Steigerung berück sichtigt sind, wird man die Vergleichszahlen gewinnen, und dann, -Herr Vr. Creutzberger, werden auch Sie zugcben müssen, daß die Mieten die Buchbindereien jetzt weit weniger belasten als 1944! Auch das, nas Sie von der Naumausnutzung schreiben, stimmt nicht ganz. Der Lagerverwalter, der so stapelt, daß die Hälfte der Flächen für Gänge abgeht, müßte wohl erst geboren werden; ich habe die Leipziger Lagerverwalter höher eiuschätzen gelernt. Ich habe auch bereits Stapel von 4 Meter Höhe gesehen. Natürlich kommt es dabei auf die Räume selbst an, ob unterm Dach oder in den bekannten Kellerniederlagcn; ent sprechend sind auch die Preise! Dem Grundsatz nach habe ich überhaupt nichts gegen eine Miets entschädigung; solange aber die Buchbindereien die freie Lagerung dem Verleger anboten, sprach auch nichts dagegen, dies abzulehnen. Ich wandte mich in erster Linie gegen die ganze Art und Weise, die Ände rung dem Verlagsbuchhandel schmackhaft zu machen. Man soll ehrlich sein und sagen: »Wir sind gegenwärtig mit Aufträgen so überhäuft, daß wir in der Lage sind, eine Änderung der bisherigen Gepflogen heiten mühelos durchzusetzen, zumal da eine verhandlnngsfähige Gegen partei infolge des fehlenden Zusammenschlusses des Verlages nicht vorhanden ist.« Auch von den deutschen Verlegern denken Sie sehr gering, Herr vr. Creutzberger, wenn Sie sagen, daß der bisherige Buchbinder »Gift darauf nehmen kann«, daß das gesamte Material von der Kon kurrenzfirma abgeholt wird, wenn die Konkurrenzfirma um 5 Pfennige billiger war. Es ist nicht gerade sehr geschickt, die Auftraggeber des Verbandes deutscher Buchbindeveibesitzer in den Schmutz zu ziehen. Ich bitte daher auch hier Herrn vr. Creutzberger, Len Beweis dafür anzu- trcten, daß ein Verleger wegen einer Offerte, die um 5 Pfennig billiger ist, sein Lager, das er jahrelang umsonst gehabt hat, einer Konkurrenz firma zum Binden übertrug. Nun, Herr I)r. Creutzberger, will ich Ihnen noch einige Fälle aus der Praxis erzählen, die den Vorzug der ungeschminkten Wahrheit ha ben. Dieselbe Firma, von der ich in Nr. 163 den Auszug aus dem Briese brachte, antwortete mir auf meinen kurzen Brief, in welchem ich die Vorräte abrief, folgendes: »Wir bitten Sie mit Heutigem nochmals höfl. um Einsendung des erbetenen Betrages, da mir von dessen Erhebung bekanntlich nicht Abstand nehmen können. Sollten Sie sich auch jetzt nicht dazu bereit erklären können und die hier lagernden Vorräte abnehmen, verfehlen wir nicht, Sie heute bereits darauf aufmerksam zu machen, daß durch die Auslieferung und Auszählung des aus - zu liefernden Materials Unkosten entstehen, die w ir Ihnen in Rechnung stellen m ü ßten. Uber derc u Höhe läßt sich heute selbst eine annähernd in Be tracht kommende Angabe nicht machen, da die Ar beiten ja im Zei 1 lohn ausgeführt werden.« Was sagen Sie dazu, Herr vr. Creutzberger? Nicht wahr, »Nied riger hängen!« Im diesem Falle glaube ich uns beide einig! Die Firma ist deutlich, das muß man ihr lassen. Wie es mit dem »um 5 Pfennig Gift nehmen« aussieht, Herr vr. Creutzberger, zeigt folgender Fall: Eine Berliner Verlagsfirma zahlte seit Jahren für ältere geringe Bestände eine Mietsentschädigung. Die Firma verkauft die Verlagsgruppe, zu der diese Bestände gehören, nach Hamburg. Der jetzige Verleger will diese Bestände nach seinem Wohn sitz überführen, die Buchbinderei verweigert die Herausgabe. Aus den Briefen der Buchbinderei führe ich folgende Stellen an: Berlin, den 15. 7. 1922. »Der Jmhalt Ihres Schreibens vom 12. d. Monats veranlaßt uns, zu Ihrer Aufforderung, Ihnen die Rohvorräte der L-Bibliothek nach Hainburg zu schicken, Stellung zu nehmen. Wir sind nicht Lagerhalter und auch keine Speditionsfirma, wie Sie anscheinend glauben. Wir sind vielmehr eine Buchbinderei, die Anspruch darauf erhebt, die ihr zur Einlagerung übergebenen Mate rialien zur gegebenen Zeit auch einzubinden. Tie geringe Berech nung der Lagermiete enthält keine Entschädigung für unsere Spesen, sondern beträgt nur einen ganz geringen Anteil unserer eigenen Un kosten. Die Berechnung dieses geringen Anteils erfolgt deshalb und hat zur Voraussetzung, daß das Einbinden nur durch uns geschieht.« Berlin, den 25. 7. 1922. »Es ist nicht unsere Art, dort Schmierigkeiten zu machen, wo cs nicht die Wahrnehmung unserer Interessen dringend erforderlich macht, es ist vielmehr unser Prinzip, jedem unserer Geschäftsfreunde nach Möglichkeit entgegenzukommen. Dieses Prinzip diktiert uns fol genden Vorschlag. Als Pauschalentschädigung und zur Abgeltung aller Ansprüche, entstanden aus Lagermiete, Anspruch auf Ausführung der Binde arbeiten, Bezahlung der Platten, zahlen Sie, bzw. . . . uns einen Be trag von 10 000 Mark, wogegen wir die Platten und das gesamte Druckmaterial zur Abholung dereitstellen. Soll die Ablieferung durch uns erfolgen, so berechnen wir die hierdurch entstehenden Un kosten, die als Nachnahme erhoben iverdcn.« »Ich« hätte mich mit dieser Art von Firma überhaupt njcht weiter in einen Schriftwechsel eingelassen, vielmehr Termin zur Herausgabe ge stellt und dann eine einstweilige Verfügung aufgebrummt. Ferner sagen Sie, Herr vr. Creutzberger, »die Lust, eine eigene Buchbinderei zu errichten, dürfte bald vergehen, sobald mehr als einfache Broschüren herzustellen find«. Ich sagte dagegen, daß ein Berliner Verlag »mit bestem Erfolge« eine Buchbinderei eingerichtet hat mid diese Buchbinderei hat wohl noch nie einfache Broschüren gearbeitet, vielmehr feinste und allerfeinste Arbeit (auch Luxusbände!). Es nmr mir bisher leider nicht möglich, alle Zuschriften meiner Herren Kollegen zu beantwortien, es kann nur nach und nach geschehen. Material in dieser Angelegenheit nehme ich al>er weiter gern entgegen! 1232