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2530 Nichtamtlicher Teil. 74, 30. März 1900. dem Berge Athos, ferner der Museen und Bibliotheken von Prag, Lemberg und anderer. Die Moskauer Synodalschule für Kirchen gesang sandte eine interessante Kollektion von Kopieen altrussischer Notenmanuskripte. Eine Sammlung seltener alter Bücher ver vollständigte diese Ausstellung. Im Hahre 1902 wird das russische Finanzministerium sein hundertjähriges Bestehen feiern. Es soll bis dahin eine ausführ liche Geschichte dieses Ministeriums erscheinen. — Die kaiserliche Oeffentliche Bibliothek in St. Petersburg hat unlängst ein seltenes Denkmal der kirchenslawischen Sprache, die Ostromirsche Evangelien- Handschrift aus dem XII. Jahrhundert erworben. — Anstatt des verstorbenen D. W. Grigorowitsch ist Professor F. D. Batjuschkow zum Präsidenten des litterarischen Komitees der kaiserlichen Theater direktion ernannt worden. Ein sehr wertvoller bibliographischer Wegweiser der wichtigsten Artikel über Technik in russischen und ausländischen Zeitschriften, mit kurzer Inhaltsangabe, wird von der achten Abteilung der kaiserlich russischen Technischen Gesellschaft herausgegeben; kürzlich erschien die 105. Lieferung. — Die Gesellschaft russischer Dramatiker und Komponisten übergab dem Kurator des Moskauer Lehrbezirks 8000 Rubel zur Stiftung von Stipendien für Söhne von Mit gliedern dieser Gesellschaft. — Der St. Petersburger Litterarisch- artistische Klub hat jetzt den Namen -Litterarische und Kunst gesellschaft» angenommen und erlangte damit die Befugnis, sich mit seinen Anliegen direkt an die Regierung zu wenden, Ver sammlungen einzubcrufen, auf Gegenseitigkeit gegründete Hülfs- und Pensionskassen zu organisieren, Asyle für ihre betagten Mit glieder zu gründen, Streitigkeiten durch Schiedsgerichte zu schlich ten u. s. w. Die erste Anwendung der neuen Satzungen bestand in dem Gesuch, eine Schriftsteller- und Journalistenversammlung einberufen zu dürfen, die die Frage erörtern soll, wie die Ent schädigungen für den Nachdruck zu regulieren seien. Die Gesellschaft der Freunde alten Schrifttums ernannte ein Komitee, das die Herausgabe der Werke des verstorbenen I. Gor- bunow (eines populären Rezitators und Dichters von Volksscenen) vorbereiten soll. A. Koni und S. Maximow werden sich vorzugs weise daran beteiligen. — Die Kaiserliche Freie ökonomische Ge sellschaft schrieb Wettbewerbe aus für das beste Handbuch zur Ein richtung von Korndarren und für eine Anleitung zur Behandlung und Reparatur von Ackerbau-Werkzeugen und Maschinen. Die Präniien betragen 100 bis 500 Rubel. — Das unter dem Pro tektorat der Kaiserin stehende -Haus für arbeitsliebende gebildete Männer- errichtet ein Auskunftsbureau, um Anstalten und einzel nen Personen Mitteilungen über verschiedene Zweige des Wissens und des alltäglichen Lebens zu machen. Der Minister des Innern hat befohlen, daß E. Haeckels Werk »lieber die Entstehung des Menschengeschlechts- aus allen öffent lichen Bibliotheken entfernt werden soll. — Im Februar begann in St. Petersburg das Erscheinen einer Zeitung in finnischer und russischer Sprache, die das Ziel verfolgen will, Finland und Ruß land zu vereinigen. Die Herausgeber sind zwei finnische Groß kapitalisten, Redakteur ist der bekannte finnische Gelehrte Wirenius. — Nach Beendigung der Pariser Weltausstellung soll in Belgien eine vierzehntägige Zeitschrift -Rossija- erscheinen, die die west europäische Welt mit der wirtschaftlichen Evolution Rußlands be kannt machen will. — In letzter Zeit sind im Kaukasus fast gleich zeitig vier neue Zeitschriften erschienen: -Der Kaukasus und Central asien in Photographieen und Schilderungen-, -Der kaukasische Bote für praktischen Gartenbau-, -Der kaukasische Bote- und -Der kaukasische Bücherbote-. — Eine -Encyklopädie der russischen Litte ratur- mit Illustrationen soll in Vorbereitung sein. Die Wladimirsche Landschaftsversammluna beschloß zwei Lehrerbibliothekcn zu organisieren und 10000 Rubel für Volks bibliotheken anzuweisen. — Im Gouvernement Ljublin wurden im vergangenen Jahr 52 Volkslesestuben eröffnet. — Einige Per sonen, die während der vorjährigen Mißernte zur Linderung der Not in den Dörfern thätig waren, beabsichtigen, die Materialien, die sich auf die Thätigkeit der Privat-Initiative in Sachen der Hilfsleistung beziehen, zu sammeln und herauszugeben. Professor I. Schljäpkin hat eine Anzahl von unveröffentlichten Briefen A. Puschkins aufgefundcn, die baldigst in Buchform er scheinen sollen. — Ein Mitarbeiter der Zeitung -Nowoski- be richtet, daß Graf L. Tolstoj gegenwärtig nichts schreibt; auch habe er ihm gesagt, daß die sogenannten -Tolstowzen- sich fälschlich seine Anhänger nennen, da sie mit seinen Ansichten nur wenig harmo nieren. Ferner soll Leo Tolstoj geäußert haben, daß er Ibsens Werke mißbillige, dagegen Hauptmanns -Weber» für eines der hervorragendsten dramatischen Werke halte. — Fürst D. W. Paske- witsch-Eriwanskij spendete 1000 Rubel zu einem Denkmal für Grigorowitsch. Das Vermögen dieses verstorbenen Schriftstellers soll nach dem Tode seiner Frau an die Gesellschaft zur Förderung der Künste fallen, deren Gründer und Präses Grigorowitsch war. Seine hinterlassenen Papiere wird P. I. Weinberg sichten und das Geeignete davon herausgeben. — In der Londoner Zeitschrift -Atlantic Monthly» wurden noch ungedruckte Briefe von I. S. Turgenjew veröffentlicht. In einem dieser Briefe ist folgendes Urteil über Victor Hugo enthalten: -Ich las soeben Victor Hugos letzte Produkte und muß es wahrhaftig bedauern, in meinem Sprachschatz keine so kräftigen Worte finden zu können, um Ihnen mitzuteilen, wie sehr mir diese Werke und überhaupt die Prosa dieses so gerühmten Autors zuwider sind.» — Die Zeitschrift -Die neue Welt- beginnt mit dem Druck von T. Mouriers -Erinne rungen an Turgenjew»; der Artikel enthält viele Illustrationen. — S- W. Maximow, der Verfasser von -Sibirien u. die Zuchthaus strafe-, -Ein Jahr im Norden- und anderer Werke, schreibt für die Pariser Weltausstellung eine umfangreiche und wertvolle-Ethno graphische Erforschung Rußlands», deren Inhalt hauptsächlich den religiösen Glaubenslehren des russischen Volkes gewidmet sein wird. Diese Arbeit soll einen Teil des vom Fürsten Tenischew herauszugebenden Werkes bilden. — Vor dreißig Jahren starb A. T. Herzen in Paris; die -Nowoje Wremja- sagt, sein Name gehöre zu denjenigen, die mit der Zeit zu immer höherer Geltung gelangen. Das russische nationale Selbstbewutztsein wachse zusehends, und Herzen biete soviel des Interessanten, wie vielleicht kein anderer Mann der vierziger Jahre. Es wird daher die Frage erörtert, ob nicht die Zeit gekommen sei, die Werke dieses hervorragenden rus sischen Emigranten, Schriftstellers und Publizisten in Rußland zu veröffentlichen. Seine Werke haben einen eminent künstlerischen und erzieherischen Wert. — Die Freunde und Verehrer des Dich ters A. Schemtschushnikow beabsichtigen den Tag zu feiern, an dem vor fünfzig Jahren sein Theaterstück »Eine sonderbare Nacht- zum erstenmal im Petersburger Alexandratheater aufgeführt wurde. — Eine neue Auslage der Vorlesungen und anderer Werke des Pro fessors Sacharjin ist in Vorbereitung. Sie wird mit dem Bildnis, der Biographie und dem Autograph des Verfassers in einem Bande erscheinen und auch unveröffentlichte klinische Vorträge enthalten. Professor Golubow wird die Redaktion besorgen. — W. W. Stassow, der unermüdliche 76jährige Kunstschriftsteller und Kritiker, arbeitet gegenwärtig an einem Werke, das den Einfluß der orientalischen auf die russische Kunst schildern soll. — In Warschau erschien eine Gesamtausgabe der Werke des talentvollen Belletristen und Publi zisten Alexander Swientochowski in sechs Bänden. Die Wölfischen -Nachrichten- enthalten in ihrer jüngsten Num mer einen Artikel über die neue, von L. Leger in Paris veranstaltete Ausgabe des für die slawische Philologie so wichtigen Reimsschen Evangelien-Manuskripts in Heliogravüre. Der Artikel ist mit den Kopieen von zwei Seiten dieser Ausgabe und dem Porträt des Herausgebers geschmückt. Dann folgt ein Artikel über den neuen Chef der russischen Oberpreßverwaltung, Fürsten N. W. Schachowskoj, nebst dessen Bildnis; die Fortsetzung von A. v. Rheinholdts Artikel über die russische Litteratur in Deutschland mit den Porträts von R. Löwenfeld, Jul. Hasselbladt-Norden und Fr. Fiedler. Die Re daktion der -Nachrichten- fügte diesem Artikel auch eine Schilderung der litterarischen Thätigkeit von Alexander v. Reinholdt und dessen Porträt bei. V. Russakow führt dem Leser kurze Charakteristiken der neuen Ehrenmitglieder der russischen Akademie der Wissen schaften vor, deren Porträts beigefügt sind. Ferner ist noch eine eingehende Besprechung der im Verlage von A. F. Marcks heraus gegeben illustrierten Geschichte der russischen Litteratur von P. N. Polewoj heroorzuheben; von diesem hervorragenden Werke ist nun die zweite Lieferung in vorzüglicher Ausstattung erschienen. Schließ lich wäre noch eine biographische Skizze über den verstorbenen Londoner Antiquar B. Quaritch nebst dessen Porträt zu erwähnen. Neuigkeiten des russischen Büchermarktes. Alexandrow, N., Die Fremdlinge des Waldes. Lsg. 3. 1 R. 50 K. Andersen, Märchen. Hebers, v. Hansen. Mit Jllustr. v. Tegner. 10 R. Anitschkow, M., Krieg und Arbeit. 4 R. 50 K. Arbeiten, die, der ersten allrussischen Zusammenkunft von Bühnen künstlern. 2 Tle. 3 R. Arbeiten, die, der Wladimirschen gelehrten Archiv-Kommission 1. Buch. Mit 22 Tabellen. 2 R. Baranzewitsch, K., Ein Winkel der Seele. 40 Erzählgn. humoristischer Sbornik. 1 R. Bardsskij, A., Gesetze über die Insolvenz u. den Schuldarrest. 3 R. Bczold, Fr. o., Geschichte d. Reformation in Deutschland. A. d. Deutschen. Bd. I. 3 R. Budilowitsch, A., Von den Fortschritten der russ. Sprache in d. Jurjewschen Universität im ablaufenden Jahrhdt. 75 K. Chronist, der, von Nowgorod. (946 bis 1441). 1 R. Encyklopädie, vollständige, der russ. Landwirtschaft u. der damit verbundenen Wissenschaften. Bd. I. Lsg. 1. 3 R. 75 K. Engelmeier, P., Erfindungen u. Privilegien. M. einem Einleitungs brief von Graf L. Tolstoj. 2. Ausl. 1 R. 50 K. Ewald, W., Die Baumaterialien. Mit 117 Zeichnungen im Text. 2. Ausl. 1 R. 85 K. Ganz Petersburg für d. Jahr 1900. Adreß- und Nachschlagebuch. 3 R. 50 K.