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4184 Nichtamtlicher Teil. 117, 22. Mai 1901. (Bcckh (Coburg).) eines Autors hineinnimmt und damit sich einen Verdienst schafft. Es ist das eben einfach die Rosinen aus dem Kuchen genommen, und große Gelehrte, von denen gesprochen worden ist, haben sich in der That mit einem solchen Vorgehen nicht befaßt und haben es auch nicht gebilligt. Auch jüngere Autoren werden, Hlaube ich, nicht erfreut sein, wenn ihre Produkte, mit denen sie ans Tageslicht getreten sind, und die ihnen vielleicht einen Ruhm verschaffen würden, wenn sie in ihren eigenen Gedichtsammlungen hinansgingen in die Welt, nun in solcher Weise ihres besten Schmuckes beraubt werden, indem in die Anthologien da und dort eines ihrer besten Gedichte genommen wird. Wenn ich nun sage, ich bin eigentlich gegen alle diese Amende ments, so muß ich doch anderseits sagen: wenn Sie den Zusatz antrag des Herrn vr. Müller (Meiningen) entweder zu dem Hasse- schcn oder zu dem Albrechtschen Anträge hinzunehmen, dann kann man sich allenfalls damit einverstanden erklären, und ich würde mich selbst also eventuell damit einverstanden erklären. Denn wenn die Autoren selbst ihre Genehmigung zu einem solchen Hin einnehmen in die Anthologien geben, dann kann man nicht mehr von Raub und Diebstahl sprechen, dann ist cs eine Erlaubnis, die sie gegeben haben, mit ihrer Zustimmung ist es geschehen, sie haben vielleicht selbst gewünscht, daß in einer solchen Anthologie Früchte ihrer Arbeit bekannt gegeben werden. Also mit dieser Modifikation würde ich mich unter Umständen einverstanden er klären können, eventuell selbst mit dem Worte -eigentümlich», wenn das in dem Anträge bleibt. Der Zusatzantrag des Herrn Kollegen Oertel, wonach die Zu stimmung präsumicrt werden soll, wenn nach einer bestimmten Frist, nach einem Monat, von dem Autor die Erklärung auf Grund eines eingeschriebenen Briefes nicht erlangt wirb, ist mir auch vollkommen entsprechend, und ich bitte jedenfalls, diesen Zu satzantrag seiner Zeit auch anzunehmen, wenn der übrige Antrag angenommen wird. Ich komme nun speziell aber noch zu dem Anträge Wellstein, und da, meine Herren, bin ich formell einer ganz anderen An schauung als der Herr Antragsteller. Zur Sache selbst bin ich vollständig mit ihm einverstanden und habe nur wenige Worte eigentlich noch zu bemerken. Es ist ja doch all den Herren be kannt, daß für besondere Gelegenheiten, für besondere Zwecke solche kleine Sammlungen bisher schon gemacht worden sind von Gedichten, von Liedern, die man entweder an bestimmten Abenden sang, die man bei einem besonderen Feste gesungen hat, Samm lungen, die man bei Ausflügen und dergleichen, bei Reiseausflügen von Vereinen oder Gesellschaften mitgenommen hat, um unterwegs daraus singen zu können. Das ist doch in der That ein unschul diges Vergnügen, gegen welches kein Autor irgend etwas ein zuwenden haben wird, und damit wird auch kein Autor geschädigt. Nun hat der Herr Kollege Fischer sich speziell in mir un begreiflicher Weise gegen den Antrag Wellslein gewendet, und zwar, wie er sagt, aus -moralischen Gründen». Er hat gesagt, das käme -nur der Bourgeosie zu gute». Das ist ganz unrichtig! Auch die Sozialdemokraten machen Ausflüge. Ich weiß sogar von einem bestimmten Ort, daß die Sozialdemokraten solch ein Büch lein angeschafft haben, und da stehen nickt nur Gedichte von Sozialdemokraten, sondern auch andere darin. Nein, der Antrag kommt allen Parteien zu gute. Freilich, mutz ich sagen, wird es be sonders bei Festkommersen in der That geboten sein, daß die dort ge sungenen Lieder in einem kleinen Heft vereinigt werden, ohne daß man die Autoren erst um Erlaubnis fragt. Dann möchte ich auch die Herren Kollegen darauf aufmerksam machen, daß der Antrag Wellstein nicht als Anhängsel zu dem Antrag Hasse zu betrachten ist, weil in dem Antrag Hasse mit den dazu gestellten Zusätzen des Herrn Or. Müller ja die Zustimmung der Autoren notwendig >st; es darf daher auch der Antrag Wellstein nicht bloß als Even tualantrag gebracht werden, sondern er muß selbständig aufrecht erhalten werden. Ich habe hierfür auch noch einen weiteren Grund. Wenn wir nämlich auch heute von verschiedenen Seiten des Reichstags hören, daß man sagt, in dem Antrag Hasse oder Albrccht ist der Antrag Wcllstein mit inbegriffen, und wenn das auch seitens des Reichs-Justizamts gesagt wird, so hat sich doch der Richter nicht um die Ansicht des Reichstags oder des Reichs- Juslizamts zu kümmern, sondern er urteilt einfach nach dem Wortlaut des Gesetzes und dem daraus zu entnehmenden Sinn; denn wenn ein Wortlaut einen richtigen Sinn giebt, so braucht man keine besondere künstliche Interpretation. Da heißt es nun im Anträge Hasse-Albrecht -zu litterarischen Zwecken»! Der An trag Wellstein geht aber nicht auf litterarische Zwecke, sondern daraus, daß die Sammlung zu musikalischen, zu Gesangs- zweckcn gemacht werde. Ich würde deshalb, wenn der Herr Kollege Wcllstein seinen Antrag fallen ließe, bei Annahme des Antrages Hasse schon jetzt erklären, daß ich denselben wieder aufnehmen werde. Ich glaube aber, daß Sie unter allen Umständen dazu kommen werden, diesen Antrag anzunehmen, weil, wenn der - ... - — Antrag Hasse und Albrecht mit den dazu gestellten Zusatzanträgen bezüglich der Zustimmung der Autoren angenommen werden wird, er jedenfalls aufrechterhaltcn werden muß, da ja in diesem Falle die Zustimmung der Autoren nicht nötig ist. Ich möchte Sie also von meinem Standpunkte aus bitten, in erster Linie an den Kommissionsbeschlüssen festzuhalten — damit dringe ich aber, glaube ich, nicht durch — oder wenigstens dem Antrag Hasse oder Albrccht mit den Zusätzen der Herren vr. Müller und Or. Oertel zuzustimmen, wobei ich auch den Antrag Eickhoff mit einschließe, weil derselbe, wenn der Antrag Müller- angenommen wird, auch seine Berechtigung hat. Jedenfalls aber bitte ich Sie, dem Antrag Wellslein zuzustimmen; Sie werden sich dadurch in der That ein Verdienst schaffen um die Geselligkeit und um unsere deutschen Sänger. Or. Arendt, Abgeordneter: Ich werde auf die Sache selbst so wenig wie möglich eingehen, da die Schwierigkeiten bei diesem Paragraphen nicht in sachlichen Gegensätzen liegen, sondern, wie ich mich ausdrücken möchte, im Mangel an sachlichen Gegensätzen zwischen den verschiedenen Anträgen; denn im wesentlichen, meine Herren, sind die verschiedenen Anträge gleichbedeutend. Die Kom- misstonsfassung schließt die Anthologie nicht aus, der Kampf um die Anthologie oder Nicht-Anthologie ist hier gar nicht am Platze. Der ganze Unterschied zwischen dem Beschluß der zweiten Lesung und dem Antrag des Abgeordneten Albrecht, wenn er durch den Antrag Eickhoff ergänzt wird, oder dem Antrag Hasse, wenn er durch den Antrag Esche ergänzt wird, besteht tatsächlich nur darin, daß nach dem Kommissionsbeschluß nicht nur der lebende Autor befragt werden muß, sondern für den Fall, daß er tot ist, auch dessen Erben. Also so lange eine Schutzfrist besteht, muß nach dem Kommissionsbeschlusse der Inhaber des Urheberrechts, nicht nur der Autor, befragt werden, während nach den anderen Anträgen der lebende Autor allein befragt werden muß. Ich meine, daß das ausreicht, daß also der Antrag Hasse, wenn er durch den Antrag Müller-Esche ergänzt wird, annehmbar ist. Aber durch diese Ergänzung wird der Antrag Hasse in das Gegenteil von dem verwandelt, was er eigentlich wollte. Ich kann nun dem Abgeordneten Hasse nicht zugeben, daß hier das allgemeine Interesse und das Autorinteresse in einem Gegensätze steht. Es handelt sich vielmehr lediglich darum, ob der Autor für eine Anthologie zu -einem eigentümlichen litterarischen Zweck- sein Eigentum, ohne daß er befragt wird, abzugeben hat oder nicht. Da bin ich allerdings der Meinung, daß das eine Vergewaltigung des Autors ist, die keinem allgemeinen Zwecke dient; denn insoweit allgemeine Zwecke in Betracht kommen, kann auf die Zustimmung des Autors gerechnet werden; mindestens aber ist es keine Unbilligkeit, den Autor zu befragen, ihm selbst ein Urteil darüber zuzugcstehcn, ob er sein Geisteserzeugnis hier hergeben will oder nicht. Wenn nun gar der Zusatzantcag ange nommen wird, daß eine verweigerte Zustimmung ergänzt wird, wenn sie binnen vier Wochen nicht erfolgt ist, dann ist allen praktischen Bedürfnissen Rechnung getragen. Unter solchen Umständen, meine Herren, kommt es eigentlich auf die Reihe der Abstimmungen an, wofür man stimnit. Ich könnte für den Antrag Albrecht mit dem Zusatzantrag Eickhoff stimmen; ich kann für den Antrag Hasse unter Voraussetzung der vorherigen Annahme des Antrages Müller-Esche stimmen, ich kann auch eventuell für die Kommissionsbeschlüsse der zweiten Lesung stimmen, weil der Unterschied von keiner praktischen Bedeutung ist. Dagegen lege ich großes Gewicht darauf, meine Herren — darin kann ich dem Herrn Vorredner nur zustimmen —, daß der Antrag Wellstein nicht als Eventual-, sondern als Prinzipal antrag aufgefaßt wird, und daß er unter allen Umständen auf recht erhalten werde. Denn, meine Herren, gerade wenn die Ab stimmung sich so gestaltet, daß entweder die Kommissionsbcschlüsse oder die Anträge Albrecht oder die Anträge Hasse mit dem Zusatz antrag Müller angenommen werden, dann ist unter allen Um ständen der Antrag Wellstein von Bedeutung, weil er für die jenigen Zwecke bestnnmt ist, die ich als durchaus nicht litterarische Zwecke bezeichnen möchte. Insofern fällt er nicht unter den An trag Hasse, sondern es handelt sich, wie der Abgeordnete Beckh mit Recht heroorgehoben hat, um die geselligen musikalischen Veranstaltungen, in denen für einen kleinen Kreis besondere Liedersammlungen schnell gedruckt werden. Da kann man nicht erst die Autoren befragen. So sehr ich gewillt bin, für die Rechte der Autoren einzutreten, so wenig möchte ich, daß aus diesem Ge setze unnötige Erschwerungen für das Verkehrs- und das gesellige Leben entstehen. Aus diesem Grunde bin ich für den Antrag Wellstein, und ich möchte auf ihn den Satz anwenden: rainiwa von curat autor — darum hat sich der Autor nicht zu kümmern, wenn bei solchen kleinen Anlässen auch einmal ohne seine Zustimmung ein Lied abgedruckt wird. Aber im übrigen wird der Gang der Dinge davon abhängen, in welcher Reihenfolge abgestimmt wird. Nur