Volltext Seite (XML)
^ 38, 23. April 1312. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. 5283 Zeitung und Zeitschrift bedrängen das Buch mehr und mehr, indem sie die geistige Mußezeit der Kulturmenschheit für sich zu absorbieren versuchen. Was liegt näher, als sich am Vertnebe der Zeitschriften schadlos zu Hallen für den durch Nachlaß des Buchoerkaufs entgehenden Gewinn? Wie man heutzutage Abonnenten erhält, soll in einem späteren Aufsatz dargelegt werden. Kleine Mitteilungen. Deutsche Lehrerversamrnluag 1912. — Das soeben ver öffentlichte Programm für die Deutsche Lehrerversammlung, die vom 27. bis 30. Mai in Berlin stattfindet, zählt neben den beiden Hauptversammlungen im Zirkus Schumann noch gegen 30 Neben versammlungen auf, die sich zum Teil mit methodischen Fachfragen befassen, zum andern allgemeine Gebiete berühren, wie Schulstatistik, Schulpolitik, philosophische Pädagogik, freiwillige Volksbildungs arbeit, Jugendschriftenwesen, Jugendfürsorge, Bodenreform und Schule,Schulgesundheitspflege, Schulturnen, Schulgesang,Kinemato graphie und Schule, Militärdienst der Lehrer. Außerdem werden in den verschiedenen Stadtgegenden öffentliche Volksversamm lungen einberufen werden, in denen über folgende Themen referiert werden wird: I. die Volksschule, wie sie ist und wie sie sein soll, 2. Spielplätze, 3. Kinder im Kino. Für die große Schul- ausstellung sind die Räume des Abgeordnetenhauses zur Ver fügung gestellt worden. Venezuela. Zollbehandlung von Büchern bei der Einfuhr mit der Post. — Die Einfuhr von ungebundenen gedruckten Büchern mit der Post ist erlaubt, sofern nicht mehr als ein Exemplar eines Werkes für einen Empfänger mit der näm lichen Post eintrifft und das Gesamtgewicht des Packstücks das gesetzlich für Drucksachen festgesetzte Gewicht nicht überschreitet. Bücher über Wissenschaft, Kunst und Handel können indes, gebunden oder ungebunden, in jeder Menge mit der nämlichen geführt werden. Gebundene Bücher, andere als solche über Wissenschaft usw., dürfen nicht als Drucksachen, sondern müssen mit der Paketpost eingeführt werden; sie unterliegen dem tarif- Ein Internationaler Kongreß für Unfallverhütung und industrielle Hygiene soll vom 27. bis 31. Mai in Mai land unter dem Protektorate des Königs von Italien stattfinden. Der Kongreß wird sich ausschließlich mit technischen Fragen be schäftigen. Er will die besten in den verschiedenen Ländern mit Erfolg angewendeten Verfahren zur Lösung der technischen Probleme der Sicherheit bei der Arbeit und der Hygiene der Arbeitsräume bekannt machen und jenen Problemen, deren Lösung noch nicht existiert oder unvollkommen ist, nachforschen und zu ihrem Studium anregen. Sin Lehrstuhl für soziale Medizin in «letzen. — In der Stadtverordnetenversammlung vom 25. April teilte der Ober bürgermeister mit, die Regierung habe die Errichtung eines Lehr stuhls für soziale Medizin an der Universität Gießen zugesagt Sechs Berufsgenossenschaften, die Stadt Gießen und die Orts schaft m. b. H beizutreten, die die Erbauung und den Betrieb eines Unfallkrankenhauses im Anschluß an die Universitätskliniken übernehmen soll Zur Tauseudjahrfeier der Residenz Cassel im September 1913 ist die Aufführung eines Festspiels in der neuen Stadthalle geplant. Der Stoff des Festspiels muß der Casseler Geschichte entnommen sein, kann aber dichterisch frei gestaltet werden. Um geeignete Stücke zu gewinnen, wird ein allgemeines deutsches Preisausschreiben erlassen und ein Preis von 2000 für die beste Arbeit ausgesetzt; der Ankauf weiterer geeignet erscheinender Manuskripte bleibt Vorbehalten. Die näheren Bedingungen des Ausschreibens versendet gebührenfrei das Stadtverkehrsamt Cassel (Rathaus). sL. Vom Reichsgericht. Die persönliche Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters. (Nachdruckverboten.)—Für wirksam. Eine Haftentlassung des ausgeschiedenen Gesellschafters muß mit der Gläubigerin selbst vereinbart sein. Dies kann ent weder ausdrücklich geschehen oder auch durch konkludente Hand lungen. Wie weit die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters geht, zeigt folgender Rechtsstreit: Der Kaufmann Sch. in Leipzig hatte bis zum 27. November 1907 mit dem Kaufmann R. die offene Handelsgesellschaft Sch. L R. betrieben, war aber an diesem Tage ausgeschieden. Schon vor dieser Zeit hatte die Firma Sch. L R. mit der Antwerpener Firma R. L Co zwei Konsortialgeschäfte geschlossen gehabt, die Spekulationskäufe in Wolle betrafen. Beide Geschäfte waren am Tage des Aus tritts des Sch. noch nicht erledigt. Die Antwerpener Firma be hauptete, daß ihr aus diesen Geschäften eine Forderung gegen die Leipziger Gesellschaft in Höhe von 22 000 ^ zustehe, für trittes bereits entstanden wären, zu dieser Zeit habe aber noch kein Verlust aus den Wollgeschäften festgestanden. Außerdem behauptete er, er sei stillschweigend aus seiner Haftung entlassen worden. Jedenfalls bestehe im Handelsverkehr eine dahin gehende Usance. Wenn sich aus den Wollgeschäften für die Firma Sch. L R. Gewinn ergeben hätte, dann würde er sicher- darum auch den Verlust nicht mit zu tragen. Übrigens sei der Klägerin Mitte November 1907 mitgeteilt gewesen, Sch. werde aus der Firma ausscheiden. Durch ihr Schweigen auf diese Mitteilung hin habe ihn die Klägerin aus seiner Haftung befreit. Landgericht Leipzig und Oberlandesgericht Dresden er klärten aber Sch. für haftbar. Nach § 128 HGB. hafte der aus geschiedene Gesellschafter für die zur Zeit seines Ausscheidens bereits entstandenen Verbindlichkeiten. Spätere Schulden der Gesellschaft gingen ihn nichts an. Unstreitig sei vorliegend die Verbindlichkeit, für die Sch. in Anspruch genommen werde, schon zur Zeit seiner Zugehörigkeit zu der Gesellschaft entstanden gewesen. Die Verbindlichkeit der Gesellschaft sei schon mit dem Abschlüsse der Konsortialgeschäfte entstanden, und darum müsse Sch. auch den Verlust ersetzen, der aus diesen Geschäften erwachsen sei. Eine unbillige Haftung des Beklagten werde damit selbst dann nicht begründet, wenn dieser aus Gesundheitsrücksichten aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Der Beklagte sei weder ausdrücklich, noch stillschweigend von seiner Haftung frei gelassen worden. Das bloße Schweigen der Klägerin auf die Mitteilung hin, daß Sch. ausscheiden werde, bedeute noch keine stillschweigende Haftentlassung. Auch ein dahingehender Handelsbrauch sei vom Sachverständigen verneint worden. Wenn die Firma Sch. L R. die Klägerin kurz vor dem Aus scheiden des Gesellschafters um einen Kontoauszug gebeten habe, Die Klägerin habe keine einzige stillschweigende Erklärung dahin abgegeben, die als Genehmigung nach § 4l6 BGB. oder auch als Verzicht auf die Haftung des Beklagten hätte angesehen werden können. Es verstoße nicht wider die guten Sitten, wenn, mitgeteilt habe, sie wolle ihn trotz seines Ausscheidens noch in Anspruch nehmen Gegenüber der Revision des Beklagten erklärte das Reichsgericht, daß seine Haftungsentlassung nur durch Ver- welche Annahme aber keinerlei zwingende Beweise beigebracht seien. Die Revision des Beklagten wurde darum zurückgewiesen. (Aktenzeichen I 179/11.) Ü88*