Volltext Seite (XML)
5280 02Neab!ari f. d DNchn. vuchhaadel. MchtamUicher Teil. 38, 29. April 1312. längen), sondern auch an Mannigfaltigkeit in der Breite der einzelnen Buchstaben, es fehlt ihr an Rhythmus, der das Lesen (Auslesen!) erleichtert. Während die Wo tbilder der deutschen Schrift durch einen äußerst seinen Rhythmus besonders auch im Wechsel der Breite der einzelnen Buchstaben ausgezeichnet sind, der ihre Bildkrast so steigert, daß die einzelnen Worte nicht nur an ziehender werden, sondern im Lesen als lauter scharf geprägte Individualitäten förmlich in die Augen springen, stehen in der Lateinschrift die einzelnen Buchstaben fast gleichwertig nebeneinander, und aus dem Einerlei ihres Zeilenbildes Heden sich die Worte weniger heraus. Rsgrsssansprüobs — Regreßanspriiche Voeirnvaobsstanar — Wertzuwachssteuer Llrnnästüvliseorlilluko — Grundstücksverkäufe IntorosLongomoinsobaft — Interessengemeinschaft. Dieser fürs Leien nachteilige, ermüdende Mangel an Rhythmus, nicht aber Überlegenheit, ist auch der alleinige Grund dafür, daß die Lateinschrift bislang die Schreibmaschine beherrscht. Sie schiebt ja das zu beschreibende Papier in folge einer technischen Unvollkommenheit bislang nur immer um die gleiche Strecke seitwärts, und mit wenig Zwang haben sich die lateinischen Buchstaben alle auf die dadurch bedingte gleiche Breite bringen lassen; man preßte die breiten zu sammen und zog die schmalen auseinander, mußte aber dem i denselben Raum geben wie dem m usw. Die Folge sind die in die Länge gezerrten, charakterlosen Wort- oder vielmehr Zeilenbilder unserer Schreibmaschinen schrift, die ein Überfliegen der Briefe und Akten (z. B. im Drange der Prozeßverhandlungen dem Juristen und bei der Unterschriftenerteilung dem Geschäftsmannes zur Qual machen und aus die Dauer alles feinere Empfinden der Leser für die Schristformen abzutölen geeignet sind. Müßte nicht selbst diese primitive Schreibmaschinenschrift noch gegenüber schlechten Handschriften, von denen sie uns immer mehr befreit hat, als Wohltat empfunden werden, so würde sie uns niemals haben erträglich erscheinen können. Wer uns von der technischen Rückständigkeit des Baues und von der Tyrannei der Schristverzerrung unserer bisherigen Schreibmaschinen mit ihrer Abstumpfung des Sinnes für Form und Rhyth mus befreit, verrichtet eine Kulturtat. — Alle bisherigen Ver suche, deutsche Schrist auf die Schreibmaschinen zu bringe», litten an dem doppelten Fehler, daß dort die deutschen Wortbilder nicht nur ebenso verzerrt, son dern im Gegensatz zu den lateinischen auch voller Lücken erscheinen, weil deutsche Schrist nun einmal abwechslungs voller in der Buchstabenbreite ist, die Papierführung aber bislang das Papier nur immer um ein gleiches Stück seitwärts schiebt. Bleibt die deutsche Schreibmaschinen- schrist auch trotz dieser Lücken leichter lesbar als die lateinische, so werden doch die Lücken als zu unschön empfunden. Jetzt erst ermöglicht eine neue Erfindung zur Anpassung der Papierführuvg der Schreibmaschine an die Verschiedenheiten der Buchstabenbreite die Durchführung der Buchdruckschaltung, die befriedigende Verwendung deut scher Typen und die Wahrung des vollkommeneren Rhythmus ihrer Wortbilder auch aus der Schreib maschine. Statt aller weiteren Auseinandersetzungen hier nur eine einzige Gegenüberstellung: bisher sc st und s ch, d. h. zur Bezeichnung einer Lauteinheit drei bzw. zwei un organisch nebeneinander stehende Buchstaben mit drei bzw. zwei Tastenanschlägen, — künftig sch mit einem Griff als bildliche wie lautliche Einheit. Möge diese Erfindung bald marklfähig und nicht erst noch durch Veiqurckung mit dem schlechteren Rhythmus der Lateinschrift verdorben werden! Dann erst kann ein gesundes Empfinden für gute Schrift wieder allgemein werden, und man wird bald nicht mehr begreifen, daß wir Deutschen mit unseren langen Wörtern das Schreibmaschinenschrist-Elend so lange haben ertragen können. Wie groß die Bedeutung eines seinen Rhythmus der Wortbilder für den ästhetischen Eindruck der Schrist ist, das kann ein geübtes Auge sogar an den Erzeugnissen der Setz- und Gießmaschinen sehen, deren Schriften großenteils noch nicht die sorgfältige Durchbildung in der Zeichnung wie bei den Erzeugniffen unserer alten Schriftgießereien zeigen und deren einzelne Buchstaben obendrein bei der rasenden Eile des Zeilengusses in den Abständen voneinander regelloser aussallen, als die viel sorgfältiger hergestellte» Typen des Handsatzes. Wird doch gleich mir schon man cher Verleger von ästhetisch empfindlichen Autoren die Bedingung gestellt bekommen haben, keine Setzmaschinenschrift zu verwenden. Deutlicher noch tritt die Bedeutung des Rhythmus bei gesperrtem Satz hervor, der auch deswegen so schlecht lesbar ist, weil die Bleistückchen, mit denen die Sperrung der Buchstaben ausgeführt wird, alle von einerlei Dünne sind, also den Rhythmus verschlechtern, vollends wenn, wie leider meist, die Wortabstände nicht doppelt gesperrt werden'). Unsere Schriftkünstler müssen diese Dinge weiter ver folgen; hier liegt ihre schwierigste, aber auch wichtigste und materiell lohnendste Ausgabe, so gering sie Manchem aus den ersten Blick noch erscheinen mag. Mit dem Zeichnen neuer Buchstabensormen allein ist's nicht getan, die Buch staben dürfen auch nicht zu eng aneinanderstoßen, sonst kann dem Auge erschwert werden, sie zu erfassen, vollends wenn sie breite Form haben. In der nachfolgenden Wieder gabe einer gezeichneten Zeile sind Teile der Buchstaben u und n ganz irreführende Ver bindungen mit ihrer Nachbarschaft eingegangen; wie das im *) Der erblindete französische Augenarzt Javal freilich ist in seiner »Physiologie des Lesens und Schreibens« (deutsch v. Haast, Leipzig I307> bei ieinem Theoretisieren über die Bedeutung des Buckstabenabstandes sür das Lesen in den Irrtum verfallen, ge sperrte Schrift für lesbarer als ungesperrte zu erklären. Da- ist nicht nur erklärlich aus einer Einseitigkeit des Augenarztes, der die Sehschärfe an den Einzelbuchstaben seiner Sehprobentasel zu prüfen gewöhnt war und darüber hier nicht genügend den geistigen Vorgang des Lesens, das kein Buchstabieren, sondern ein Lesen «on Wortbildern ist, beachtet hat, sondern auch daraus, daß der Franzose nur von Lateinschrift handelt, an deren Rhythmus weniger zu verderben ist und deren Buchstaben größere leere Jnnenräume als die deutschen haben und daher enge Stellung noch weniger als sie vertragen.