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249, 24. Oktober 1912. Nichtamtlicher Teil. BSrsenvlatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 18039 so weit, daß wir am 1. Oktober, wie ich bestimmt hoffe, ein Pressebureau Vonseiten des Börsenvereins einrichten können. (Bravo!) Das ist dann eine Aufgabe des Pressebureaus. (Sehr richtig!) Das Pressebureau wird in geeigneter Weise die Öffentlichkeit, die pädagogischen Zeitschriften usw., wenn es nötig erscheint, mit einschlägigem Material versehen, und nachher wird sich das übrige von selber ergeben. Wir werden den einzelnen Orts- und Kreisvereinsvorsitzenden, wie wir es bereits vor zwei Jahren getan haben, als wir im Kampf gegen die Schundliteratur vorgingen, bestimmte Leitsätze unterbreiten und bestimmte Formulare zuschicken, mit denen wir empfehlen sich in Verbindung mit den Magistraten zu setzen. Wir kommen vielleicht dazu, ein diesbezügliches Schreiben auszuarbeiten, das Sie nachher von seiten der Kreis- und Ortsvereine nur auszufertigen haben, um es an die Prüfungsausschüsse ab gehen zu lassen. Aber, meine Herren, verlangen Sie nicht — ich kann hier allerdings nur für mich allein sprechen —, daß der Börsenvereinsvorstand in eine Kommission einlreten soll, die nun gemeinsam mit den Prüfungsausschüssen arbeiten und feststellen soll: das ist eine Jugendschrist, die in das Verzeichnis ausgenommen werden kann, das ist eine Schrift, die nicht zur Empfehlung für die Jugend bestimmt ist. Das ist gar nicht denkbar. Wir werden, soweit es irgend möglich ist, durch unser Pressebureau die Öffentlichkeit und selbstverständ lich auch die Lehrerschaft zu beeinflussen suchen und natürlich auch zum Ausdruck bringen, daß, wenn die Herren den Frieden wollen, von unserer Seite die angebotene Hand nicht zurück gewiesen werden wird. Wir werden bestrebt sein, mit der Lehrerschaft und den Prüfungsausschüssen gemeinsam zu ar beiten. Speziell auch werden wir auf unsere Organe, die Orts und Kreisvereine, Hinweisen, und ich hoffe, wir werden dann Schritt für Schritt vorwärts kommen, sobald die Lehrerschaft erst einmal erkannt hat, daß tatsächlich der Buchhandel bereit ist, mit den Prüfungsausschüssen zusammenzugehen. Herr Rudolf Hargens, Braunschweig: Ich möchte Herrn Kommerzienrat Siegismund um eine kurze Auskunft bitten, nämlich ob in Steglitz auch ein Verlauf mit der Ausstellung verbunden gewesen ist. Wenn das der Fall gewesen sein sollte, möchte ich die Herren doch bitten, bei derartigen Veranstaltungen nach Möglichkeit dahin zu streben, daß ein Verkauf mit den Ausstellungen nicht verbun den wird. Wir wollen doch suchen, die Kunden in unsere Ge schäfte zu bekommen und nicht neue Verkaufsstellen einzu richten. (Sehr richtig!) Also wenn das Sortiment oder die Buchhändler den Lehrern die vermittelnde Hand reichen, um die Sache in irgendeiner Weise zu unterstützen, dann, glaube ich, wird es auch den Buchhändlern nicht schwer sein, in man chen Fällen zu erreichen, daß ein Verkauf nicht beansprucht wird. In Braunschweig ist es uns gelungen, die Sache so zu machen, daß die Ausstellung vom Magistrat pekuniär unter stützt wird, daß sie in einem vom Magistrat gestellten Raume stattfindet, daß die Buchhändler aber den Verkauf in ihren Geschäften haben. Wir haben das drei, vier Jahre sozusagen durchgekämpft, und es ist dringend zu befürworten, daß das Sortiment daran festhält und zu erreichen sucht, daß immer wieder auf den Verkauf in den Buchhandlungen hingewiesen wird und nicht in solchen neuerrichteten Verkaufsstellen. Herr Paul Nitschmann, Berlin: Meine Herren, die Vorschläge, die vorhin gemacht worden sind, die Sache möchte in den Orts- und Kreisvereinen erle digt werden, sind meines Erachtens nicht durchführbar; es ist ganz richtig bemerkt worden, daß einige Prüfungsausschüsse dem verständigen Zureden der Buchhändler zugängig sind, an dere wieder lehnen ohne weiteres, ohne aus den Kern der Sache einzugehen, jedes Zusammenarbeiten ab. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, daß sich die Herren aufs hohe Pferd setzen und sagen: wir brauchen den Buchhandel nicht, wir wissen selber, was wir zu tun haben. Ich möchte aber! einen andern Weg zur Erwägung geben, und zwar auf Grund des unlängst erfolgten ministeriellen Verbots an die Lehrer schaft, die Besorgung von Schulbüchern zu vermitteln. Ein Lehrer besorgt z. B. für seine Klasse die sämtlichen dreißig Exemplare eines Buches, und den Buchhändlern gehen die Be stellungen verloren. Das ist vom preußischen Kultus ministerium verboten worden, es ist den Lehrern jetzt auch untersagt, einen Einfluß hinsichtlich der Buch handlungen, in der die Schüler ihre Bücher kaufen sollen, auszullben. Wenn wir diesen Fall auf die Jugendschriftenausschüsse anwenden, so wäre das vielleicht ein gangbarer Weg. Ich denke mir die Sache so, daß der Bör senverein ganz kurz eine Zusammenstellung unserer heutigen Ausführungen und der in der Brunckhorstschen Broschüre erho benen Angriffe an die Kultusministerien der einzelnen Bun desstaaten verschickte, mit dem Bemerken, daß es uns durchaus nicht auf einen Kampf mit den Lehrern ankommt, sondern daß wir eine verständige Einigung wünschen, daß aber anderer seits die Lehrer nicht Kfugt sein sollen, selbständig vorzugehen unter Ausschluß oder gar unter Bekämpfung des Buchhandels. Die Lehrer haben zweifellos nicht das Recht, einen ganzen steuerzahlenden Erwerbszweig einfach bei feite zu schieben; genau so wenig, wie sie den Kauf von Schulbüchern vermitteln dürfen, haben sie das Recht, eigene Verkaufsstellen einzu richten oder zu unterstützen. In welche Taschen der Verdienst auch fließen mag, immer handelt es sich hier um ein gewerbs mäßiges Unternehmen der Lehrerschaft, das zum Schaden der sleuerzahlenden Buchhändler ausgellbt wird. Ich glaube, daß, wenn ein Versuch vom Bärsenverein gemacht würde, zunächst einmal die Ministerien lediglich auf die Sache aufmerksam zu machen, wir schon einen Erfolg haben würden. Wenn dann später die Orts- und Kreisvereine dem Börsenverein auf diesem Wege folgen und ihrerseits an ihre Ministerien und Schulbehörden herantreten und aus das Vorgehen des Börsen- vereins Hinweisen, so glaube ich Wohl, daß steter Tropfen schließlich den Stein höhlen würde und daß diese Treibereien und Machenschaften der Lehrer unmöglich gemacht werden könnten. Ich gebe das zur Erwägung, und der Börsenverein wird sich vielleicht überlegen, ob es nicht möglich ist, auf diesem Wege vorzugehen. Daß eine andere Körperschaft als der Bör senverein dies übernimmt, ist, glaube ich, nicht ratsam, denn der Börsenverein vertritt den gesamten deutschen Buchhandel und wird die Sache mit größerer Autorität als irgendeine andere Körperschaft in die Hand nehmen können. Daß die Arbeit eine so außerordentlich umfangreiche sein wird, glaube ich nicht; vielleicht werden schon das eine Schreiben an die Ministerien und vielleicht einige Besuche bei den Ministern, zu denen der Börsenverein dann seine Vertrauensmänner er nennen könnte, genügen. Jedenfalls wird ein gelinder Druck von oben mehr zuwege bringen als unsere Überzeugungs arbeit bei den bekanntlich sehr selbstherrlichen Leitern vieler Jugendschriftenausschüsse. Vorsitzender: Es soll das, wie ich annehme, kein Antrag, sondern nur eine Anregung sein. Herr Arthur Meiner, Leipzig: Ich erkläre, daß es auch dem Verlegervereine unmöglich sein würde, eine solche Organisation zu gründen, beziehungs weise sich an ihr zu beteiligen. Aber wir haben im Verleger verein schon seit einigen Jahren, teilweise mit Erfolg, versucht, die betreffenden Spezialverleger zu vereinigen, und so hoffe ich, daß auch eine Vereinigung der Jugendschriftenverleger sich einmal zusammenfinden wird. Bis jetzt ist das noch nicht möglich gewesen, aber wir hoffen, daß es bis nächste Ostern möglich sein wird. Es könnte dann eine sehr dankbare Auf gabe gerade für diese Vereinigung werden, sich mit den Lehrervereinigungen in Verbindung zu setzen und das herbei- zuführcn, was hier angeregt worden ist. tvvs»