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Nichtamtlicher Teil. 22, 28 Januar 1910. (vn. Philipp!) der Arbeit, die mit geistigen Kräften zu führen ist, weniger be schäftigt hat. Daß er sich wenig damit beschäftigt hat, ergibt sich aus der Fassung des Berichts, der nur in den letzten 1'/, Spalten ganz kurz die einzelnen unter Nr. 2 vorgeschlagenen Maßregeln berührt. Es ergibt sich ferner aus den vorgeschlagenen Maß- regeln selbst. Es wird uns da sud 2 vorgeschlagen, zunächst die Warnung an die Eltern. Gegen diesen Vorschlag ist an sich nichts einzuwenden. Sie sollen gewarnt werden durch Übergabe von Merkblättern an die Eltern und Kinder. Das mag ganz gut sein, ich glaube aber, eindringlicher und besser noch als diese Merkblätter ist die mündliche Warnung, die die Lehrer im Ver kehr mit den Eltern und auch bei den Elternabenden, wie sie in manchen Schulen abgehalten werden, gut anbringen können. Ich will darauf Hinweisen, daß z. B. in den letzten Tagen in Wands bek ein Elternabend stattgefunden hat, bei dem ein Vortrag ge halten wurde über den Gegenstand: »Was sollen unsere Kinder lesen?« Solche Maßregel würde sicherlich segensreich sein. — Dann kommen zwei Anträge betreffend die Vermehrung der Schülerbibliotheken und Verteilung eines mindestens einmaligen Geschenkes an alle Schulkinder. Was das letztere betrifft, so hat das »einmalige« immer weniger Nutzen, als das immerwährende, ständige. Ferner ist auch der Antrag nicht recht durchdacht, denn man hätte ihn jedenfalls auf unsere Volksschulen beschränken müssen. Für manches Volksschulkind, das von seinen Eltern nichts geschenkt bekommt, mag die einmalige Gabe eines Buches sehr erfreulich sein, aber für Kinder der höheren Schulen, die, min destens in der größeren Zahl, von ihren Eltern viele Bücher be kommen, ist es nicht angebracht. Bei einem solchen Anträge hat man die tatsächlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, und das ist nicht geschehen, und ich kann kaum annehmen, daß das positive Vorschläge sind. Die Schulbibliotheken betreffend, so kann sich die Bürgerschaft auf einen so wenig vorbereiteten Vorschlag kaum einlassen. Nicht deshalb, weil ich den Wert der Schulbibliothek nicht anerkenne oder sie missen möchie! Wenn man aber etwa Ergänzung der Schulbibliotheken vorschlägt, dann muß man doch sagen, wie groß ihr Bestand ist, also, welche Bücher da sind, ob der Nachfrage genügt werden kann, ob die Nachfrage gehoben werden kann, welche Geldmittel dafür erforderlich sind und dgl. mehr. Solche Vorschläge dürfen nicht einfach so aus dem Ärmel geschüttelt werden. Also das. was vorgeschlagen wird, scheint mir zur An- nähme nicht reif zu sein Was nun den Vorschlag unter ä betrifft: dem Hamburger Aulen der höheren Schulen zur Verfügung z» stellen, so ist da- gegen ja gewiß nichts einzuwenden; ich kann mir aber kaum denken, daß dieses die einzige Maßregel ist, mit der man den Jugendschriftenausschuß und andere Vereine, die sich mit der Ver eine andere neue Institution^ die in Hamburg seit ca. Jahren existiert, nicht erwähnt; sie scheint gänzlich übersehen zu sein, jedenfalls wird sie vom Bericht gänzlich ignoriert. Das sind die Lesehallen für Kinder, die auf die Initiative der Patriotischen Gesellschaft eingerichtet sind und jetzt schon an drei verschiedenen Orten funktionieren, während, soviel ich gehört habe, eine vierte Filiale eingerichtet werden soll. Es ist das eine Anstalt, die bisher mit geringen Mitteln arbeitet, aber, soweit ihre Berichte ergeben, mit erfreulichem Erfolg. Die Kinder drängen sich dahin, die Plätze reichen nicht aus. In einer Filiale kann man dreimal in der Woche nur Knaben zulassen und an den andern drei Tagen nur die Mädchen, weil der Platz nicht reicht. Es muß Miete gezahlt werden, es müssen Kräfte angestellt werden, und durch Geld spenden würde man dieses Unternehmen fördern können. Man würde auch auf andere Weise die Verbreitung der Jugendschriften genau kennt, eine Mitteilung gemacht worden, und ich darf da wohl drei Zeilen aus einem Artikel, der darüber erschienen ist, verlesen. Er bespricht die verschiedenen Vereine, auch den Jugend schriftenausschuß, und kommt zu dem Schluß: »Also bleibt nur der Weg, daß die Oberschulbehörde einen Ausschuß einsetzt, der im Interesse der Volkserziehung, Volksgesundheit und Sittlichkeit die erprobten privaten Bestrebungen zusammenfaßt, um sie der Ge samtheit nutzbar zu machen. Demselben müßten nach Art des Jugendschriftenausschusses der Patriotischen Gesellschaft nicht bloß Lehrer aller Schulgattungen, sondern auch Buchhändler, der Leiter unserer Bücherhalle usw. angehören.« Das ist durchaus vernünftig gedacht. Die Oberschulbehörde würde sich ein entschiedenes Ver dienst erwerben, wenn sie es in die Wirklichkeit überführte. Sicherlich würde es auch noch andere Maßregeln geben, die man in Angriff nehmen könnte. So glaube ich, daß es in unserer un bemittelten Bevölkerung häufig nicht an dem guten Willen fehlt, die Kinder mit guter Lektüre zu versehen, wohl aber die Kenntnis der guten Lektüre und die Kenntnis ihrer Bezugsquellen, wo sie preiswürdig zu haben ist, mangelt. Wenn also in Mitteilungen, die die Lehrer an die Eltern der Schüler gelangen lassen, einmal angegeben würde, wo vernünftige Jugendschriften zum Preise von 30, 40 oder 60 H zu haben sind, so würde das schon zur Ver breitung guter Lektüre beitragen. So lassen sich gewiß noch verschiedene Maßregeln denken, wovon natürlich nicht jede einzelne alles Unheil auf diesem Gebiete aus der Welt schaffen kann, die aber, jede zu ihrem Teile, an der Besserung der Verhältnisse Mitwirken würden. Ich glaube, daß diese Vor schläge weiterer Ausarbeitung und Verbesserung wohl fähig wären. Wir wären deshalb nicht abgeneigt gewesen, der Rückverweisung dieses Teils der Ausschußanträge an den zu vergrößernden Aus schuß zuzustimmen — nicht des Antrages unter 1, aber dieses Teils der Ausschußanträge —, wenn wir nicht durch eine andere Erwägung davon abgehalten würden. Das ist folgendes: Wie genau auch immer wir unsere Vorschläge ausarbeiten mögen, so werden wir nie zu einem Beschluß kommen, durch dessen Annahme seitens des Senats ein Gesetz entstände, das ohne weiteres zur Ausführung gebracht werden könnte, sondern unser Beschluß wird immer nur eine Anregung bleiben, die der Senat, wenn er sie billigt, der Oberschulbehörde zu übermitteln haben wird. Die Oberschulbehörde wird dann nach ihrer genauen Kenntnis der Sache und nach Rücksprache mit den Leitern der Schulen wahrscheinlich zu überlegen haben, wie sie die einzelnen Vorschläge ausführen will. Wenn schließlich zur Ausführung der Vorschläge ein Gesetz nötig ist oder, was wahrscheinlich die Haupt sache sein würde, die Einwerbung von Geldmitteln erforderlich ist, wird der Senat in jedem Falle an die Bürgerschaft zurück kommen müssen, und wir würden die einzelnen Maßregeln doch noch einmal hier zu besprechen haben. Aus diesem Grunde glauben wir der Sache, die die Antragsteller verfolgen, am aller besten zu dienen, wenn wir von der Empfehlung einzelner Maß regeln Abstand nehmen und nur die Ziele bezeichnen, die wir seitens der Verwaltungsbehörden verfolgt zu sehen wünschen. Diesem Gedanken ist unser Antrag entsprungen.' Wir haben darin, schon um die Sache nicht allzusehr zu verweitläufigen, die Prinzipien zusammengefaßt, die im Ausschußanträge sub 2 ent halten sind. Unser Antrag zerfällt, wie die Herren gesehen haben werden, in drei Teile. Wir wünschen den Senat zu ersuchen, daß er ver anlaßt, daß erstens: die schulpflichtige Jugend und deren Eltern bei jeder geeigneten Gelegenheit vor der Schmutz- und Schundliteratur eindringlich gewarnt werden. Darunter fällt der Antrag 2a des Ausschusses. Es sollen aber alle möglichen Formen der Warnung mit darunter fallen. Wir wollen zweitens: den Senat ersuchen, zu veranlassen, daß der Jugend von seiten der Schule gute Bücher in reichlichem Maße zur Verfügung gestellt werden. Darunter fällt b und e des Ausschußantrages unter 2, sowie jegliche sonstige Darbietung von Büchern seitens der Schule. Und wir wollen drittens: darum ersuchen, daß die privaten Bestrebungen zur Verbreitung guter Literatur unter der Jugend vom Staate in jeder Weise gefördert werden. Darunter fällt der Ausschußantrag unter 26, daß dem Ham burger Jugendschriftenausschuß Räume für seine Veranstaltungen zur Verfügung gestellt werden. Es würde auch darunter fallen, daß man die Kinderlesehallen begünstigt und daß man dafür sorgt, daß der unbemittelten Bevölkerung billige Bücher zur Ver fügung gestellt werden. Ich glaube, wir kommen dem angestrebten Zwecke am schnellsten näher, wenn wir in dieser Weise dem Senate die