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131 Sü «»ck-nil-u I, d. D>I4n. «Eandkl. Nichtamtlicher Teil. ^tk 2LI, 26. Oktober 1812. aber was weiß der Durchschnitts-Zeitungsleser von den deutschen Buchhandlungen im Auslande und der Arbeit großer Exportbuchhandlungen? Noch weniger weiß er von den Spesen beim Export. Nur in drei Fällen kann der Buchhändler im Auslande einen angemessenen Verdienst erzielen: entweder er bekommt hohen Rabatt, oder er kann einen bestimmten Prozentsatz auf- schlagen, oder er rundet beim Umrechnen des Preises in die Landesmlinze nach oben ab, wie man es in manchen Fällen in Südamerika tut. Ein Buch, dessen Preis 5 ist, kostet dann nicht 2,81 Peso (Papier), sondern einfach 5 Peso (Papier). Der Zeitungsleser aber nickt "verständnisvoll, "wenn es in einem Artikel heißt, die Bücher für den Export müssen billig sein. Und während immer wieder die Forderung nach Billigkeit an den Buchhändler gestellt wird, übersenden ihm Kaufleute, nämlich Lehrmittel-Fabrikanten, folgendes Zirkular: »Infolge des andauernden Steigens aller Preise für Rohmaterialien, sehe ich mich nach gemeinsamer Verstän digung mit einschlägigen Firmen meiner Branche am Platze gezwungen, vom ab einen Teuerungs-Aufschlag von Prozent zu berechnen.« Daß der Kaufmann ein besseres Geschäft macht als der Buchhändler, wurde einmal an dem Beispiel gezeigt, daß dort, wo nur eine Buchhandlung existiere, zwei Goldwaren geschäfte bestehen können. Diesen Vergleich sollte man eigent lich nicht machen, denn gedruckte Bücher hat die Menschheit erst seit fünf Jahrhunderten, den Schmuck dagegen seit ebensovielen Jahrtausenden. Aber doch ist es interessant, Be trachtungen anzustellen. In einem der »Briefe« wurde erzählt, daß auf dem Geburts tagstisch einer Dame aus wohlhabenden Kreisen viel Silber, dagegen nur ein kleines Büchlein zu finden war. — Ja, wie ist denn der Lauf der Welt? Wenn Besuch kommt, dann wird die silberne Schale im Salon bewundert, man fühlt sich ge hoben, wenn auf dem gedeckten Tisch im Speisezimmer viel silberne Geräte prangen, man ist entzückt von den Porzellanen, die in den schmalen Schränkchen des Sofa-Umbaues stehen, — wenn aber Bücher ein Zierschränkchen füllen, dann geht selten ein Blick durch die geschlissenen Scheiben. Und die Bibliothek, die im Herrenzimmer steht? Die gilt meist als »Handwerkszeug«, und darüber spricht man nicht. Eine Baß stimme brummt höchstens einmal: »Donnerwetter, hast du aber viel Bücher! Brauchst du die alle?« Oder ein Sopran flötet, während Lorgnettengläser blitzen: »Ach diese Menge Bücher! Und die haben Sie alle gelesen? — Ich lese ja auch viel, ich bin nämlich in der L.schen Leihbibliothek abonniert.« — — — Wie ist es nun in einfachen Kreisen? Da hängt das junge Mädel selig das Schmuckstück an, das »Er« ihr schenkte. Sie trägt es immer und ist stolz, wenn es die Aufmerk, samkeit anderer erregt. Für ein Buch aber hat es nicht einmal einen besonderen Aufbewahrungsort. Der Roman oder die Anthologie kommen dorthin, wo seit der Zeit unserer Großmütter das »Gesangbuch« liegt: in den Kommoden- kasten zwischen die Wäsche. Darum hört man auch das Wort: »Ein Buch? Ach das liest man einmal, und dann iiegt's im Kasten.« Doch ändern würde auch ein anderer Aufbewahrungs ort nichts. Letzten Endes mutz doch noch viel vornehme Ge sinnung, viel Empfänglichkeit fürs Gute, viel Interesse und Vorliebe für geistige Güter erweckt werden, ehe in allen Schichten des Volkes das Buch so geschätzt wird, wie jetzt der Schmuck. Zöro. Herbstversammlung des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine im Deutschen Buchhandel in Bayreuth am 14. und 15. September 1912. (Fortsetzung zu Nr. 246, 247, 248, 249 u. 2L0 d. Bl.) Vorsitzender: Meine Herren, Sie haben durch Ihren Beifall bereits Ihre Zustimmung zu den Ausführungen des Herrn Referenten kundgctan; es bleibt mir nur noch übrig, auch von dieser Stelle aus Herrn Nitschmann für seinen eingehenden Vorlrag den besten Dank zu sagen. Ich eröffne die Diskussion. Herr Heinrich Schöningh, Münster: Meine Herren, ich bin, trotzdem mein Befinden sehr zu wünschen übrig läßt, hierher gekommen; daraus mögen Sie ersehen, daß mir an dieser Sitzung sehr gelegen ist. Wenn Sie den Bericht über die Sitzung des Rheinisch-Westfälischen Kreisbereins im Börsenblatt gelesen haben, werden Sie sich ungefähr denken können, was ich heute hier sagen will. Was uns soeben von Herrn Nitschmann vorgetragen wor den ist, war alles sehr gut und schön; es bezieht sich aber nur auf Fälle, die sehr viel einfacher liegen, als Tausende von Fällen, die täglich Vorkommen. Wenn es sich darum handelt, die Leute, die überhaupt nicht im Adreßbuch stehen, auszu- schließen bzw. in ihren Bezugsbedingungen einzuschränken, dann würde die Sache leichter zu regeln sein; denn es würde dann eigentlich nur mit den Bar- und Grossosortimentern zu rechnen sein, und die Tätigkeit des Börsenvereinsvorslandes müßte sich gegen diese Zwischenglieder richten. Ich kann Ihnen aber aus den Erfahrungen der letzten Zeit sagen, daß Hunderte von Fällen Vorkommen, in denen zweifelhaft ist, was aus dem Adreßbuch herauszulassen ist und was nicht. Ich muß sagen, daß wir in der letzten Zeit durch diese Frage in unserm Kreisverein so kolossal viel Arbeit bekommen haben, daß sie auf die Dauer nicht zu leisten ist. Sie müssen bedenken, daß der ganze Jndustriebezirk des Westens zu unserm Verein gehört, wo die Existenzen sozusagen aus der Erde heraus- wachsen, wo heute eine Buchhandlung entsteht und nach drei oder vier Wochen wieder eingeh!. Wir haben Vertrauens männer gewählt, die herumgereist sind, um sich die Betriebe anzusehen, um sich zu überzeugen, ob eine neue Firma in das Adreßbuch kommen kann oder nicht. Es ist also mit großer Gewissenhaftigkeit Verfahren worden. Trotzdem gibt es sehr viele Fälle, wo man im Zweifel bleibt, was man dem Bör- senvereinsvorslande Vorschlägen soll — und Herr Siegismund wird mir zugcben, daß auch er in vielen Fällen der Meinung gewesen ist, daß es unmöglich sei, da eine korrekte Entscheidung zu treffen. Es ist z. B. in dieser Woche ein Mann bei mir gewesen, von dem ich unbedingt glaube, daß er schon recht bald Mitglied des Börsenvereins sein wird. Er ist ehemaliger Vertreter einer großen Papierhandlung, hat jetzt ein Papier geschäft, dem er eine Sortiments-Buchhandlung angeglicdert hat. Vorläufig vertreibt er Schulbücher und populäre Lite ratur; er hat also vorläufig noch keine eigentliche Buchhand lung. Der Mann kann vorläufig in den Krcisverein und den Börsenverein nicht ausgenommen werden, mit Rücksicht aus die jetzt maßgebenden Grundsätze. Und doch bin ich der Meinung, daß die Firma ins Adreßbuch kommen muß, wenn man auch dem Interesse der Verleger Rechnung tragen will. Deswegen habe ich seit Jahren vorgeschlagen, das Adreß buch wesentlich umzugestalten. Das möchte ich auch heute Vor schlägen und möchte wünschen, daß die Verbände sich meine» Vorschlägen anschließen. — Herr Meißner schüttelt mit dem Kopf; ich weiß aber nicht, wie die Sache anders angegriffen werden soll. Bei einem Kampf der Interessengegensätze muß unbedingt die Seite nach jeder Richtung gestärkt werden, die