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253, 29. Oktober 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 13355 Da in dem beigefügten Anschreiben betont wird, daß die »vollkommenste Einigkeit« zwischen dem Syndikat der Ver leger und dem der Sortimenter herrsche, ine letzteren also der Unterstützung des Verlages sicher sind, so ist es wahr scheinlich, daß in absehbarer Zeit auch in Frankreich die Ein haltung des Ladenpreises obligatorisch sein wird. Paris. Johannes Greßmann. Herbstversammlung des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine im Deutschen Buchhandel in Bayreuth am 14. und 15. September 1912. (Fortsetzung zu Nr. 24«, 247, 248, 248, 250, 251 u. 252 d. Bl.) Herr Otto Maier, Leipzig: Meine Herren, was zur Sache zu sagen ist, hat Herr Streller bereits klargelegt. Ich möchte nur meine persönliche Empfindung aussprechen. Ich muß erklären, daß ich über die Ausführungen des Herrn Kommerzienrats Siegismund über rascht und erstaunt bin. Ich hätte über nichts mehr erstaunt sein können, als erstens über das, was er sprach, und zweitens über den Ton, den er anschlug. Wir sind hierher gekommen, ich möchte sagen: als Friedensboten. Wir glaubten, hier werde alles gut und schön in die Wege geleitei werden. Ich habe auch mit einigen Herren vom Verbände der Kreis- und Ortsvereine über die Sache gesprochen, und wir waren in der Hauptsache ganz ck'accorck. Jetzt plötzlich kommt diese Szene. Herr Siegismund sagt: Kamps, Kampf, Kampf! Ihr seid die bösen Buben, jetzt wollen wir euch anders kommen! Er sagt: seit zwei, drei Jahren verhandeln wir mit den stückigen Her ren; die wollen aber nicht, und jetzt wollen wir ihnen einen Trumpf draufsetzen. Nun, meine Herren, wer hat denn seit zwei, drei Jahren verhandelt? Ich weiß nichts davon. Die Frage ist erst richtig angeschnitten worden in Eisenach, also vor einem Jahre, da haben wir zum ersten Male ernstlich über die Sache gesprochen, und in Eisenach hat sowohl Herr Strel- lcr wie ich — das war wenigstens meiner Worte Sinn — ge sagt: jawohl, es sind Auswüchse vorhanden, wir wollen uns einigen, wir wollen versuchen, Abhilfe zu schaffen. Das ist meines Erachtens das erste Mal, daß ich überhaupt zur Sache das Wort ergriffen habe. Also daß zwei oder drei Jahre lang über die Sache verhandelt worden wäre, davon weiß ich nichts, vielleicht weiß es sonst jemand. In Eisenach haben Herr Streller und ich erklärt: wir wollen versuchen, eine Einigung herbeizuführen. Es wurde der Beschluß gefaßt, eine Kommission zu ernennen, wozu ich den Antrag gestellt habe. Also da haben wir doch den guten Willen gezeigt. Die Zeit verging. Im Dezember bekamen wir von Herrn Siegismund eine Aufforderung zu einer Besprechung. Auch in dieser Besprechung haben wir wieder unfern guten Willen gezeigt. Wir haben sofort gesagt: ja wir wollen den Wünschen entgegenkommen. Wir haben uns nur gestrit ten um das Wiederverkäuferadreßbuch, das die Herren durch aus haben wollten. Das ist die Haupidisferenz in der ganzen Sache. Wir haben uns bereit erklärt: wir wollen den Wie derverkäuferkreis beschränken, und wir wollen Ihnen in der Rabattfrage entgegenkommen. Ist das kein Entgegenkommen? Wir haben doch nicht absolut nein gesagt! Ja, daß wir in dem einen oder anderen Punkte, z. B. in der Jnseratenfrage, anderer Meinung sind als Sie, das kommt ja bei allen Ver handlungen vor, diese schwere Materie kann man nicht in einer oder zwei Sitzungen erledigen. Herr Siegismund sagt: wir wollen nicht leeres Stroh dreschen. Nun, wie wollen Sie in zwei Sitzungen eine solche schwierige Sache beendigen, eine Materie, die den Buchhandel schon seit vielen Jahren beschäftigt und ihn vielleicht noch länger beschäftigen wird! So etwas kann man nicht aus den Ärmeln schütteln, und man kann deshalb auch nicht sagen: wenn ihr das nicht wollt, dann zwingen wir euch! Ich mutz sagen: ich bin empört darüber, in welcher Weise hier mit uns gesprochen wird. Wir haben den besten Willen von Anfang an gehabt, uns liegt selber viel daran, daß wir klare Verhältnisse bekommen, auch unserer lieben Konkurrenz wegen, ich meine, derjenigen Konkurrenz wegen, die nicht offiziell, aber inoffiziell existiert. Wenn uns hier aber gleich die Pistole aus die Brust gesetzt wird, dann danken wir auch. Wollen Sie den Kampf, gut, dann gehe ich bis zum Äußersten. Ich fürchte mich nicht vor dem Kampf und verstehe ihn zu führen, aber wozu der Kampf? Wir wollen doch dasselbe wie Sie! Wir sind ja einig bis auf die Herausgabe der Adressen der Wiederver käufer, und darauf möchte ich jetzt noch kurz zurückkommen. Als ich in den Verhandlungen mit dem Börsenvereinsvor- stande fragte: weshalb wollen Sie denn die Adressen der Wiederverkäufer? — da wurde mir geantwortet: wir können die Schleudere! nicht ermitteln, wenn Sie uns nicht das Ver zeichnis der Adressen geben. Nun ist es ja richtig, daß Sie nicht alle Schleuderer ermitteln können, aber nur die, die nicht von Grossisten bezogen haben; denn wenn ein Schleu derer von einem Grossisten bezogen hat, hat der Grossist ihn gemeldet. Es handelt sich hier also um Leute, die mit uns gar nichts zu tun haben. Wir kommen also durch die Heraus gabe der Adressen keinen Schritt weiter. Weshalb es uns gegen den Strich geht, das Verzeichnis zu geben, habe ich schon in Eisenach gesagt. Es ist ein unkaufmännisches Prin zip, daß ein Großkaufmann ohne weiteres seine Abnehmerliste herausgeben soll, Sie wollen uns damit sozusagen unter Po lizeiaufsicht stellen. Wir kommen Ihnen mit Vertrauen ent gegen, kommen Sie uns also auch mit Vertrauen entgegen! Ich will jedem, den der Vorstand des Börsenvereins zu mir schickt, gestatten, meine Bücher einzusehen, und ich werde ihm sagen: hier sieh nach, und ich bin auch bereit, jede weitere Information zu geben. Wir haben nichts zu verbergen, meine Firma nichts und auch meine Kollegen nichts, die größere Geschäfte betreiben. Wenn von Herrn Siegismund respektive vom Vorstände des Börsenvereins gesagt wird: wir können die Schleuderer nicht ermitteln, — so werden Sie die auch nicht nach Herausgabe der Kundenliste ermitteln können, und nun wollen Sie die Regelung der ganzen Frage daran schei tern lassen, daß Ihnen jährlich fünf oder sechs Schleuderer ins Handwerk pfuschen, deren Bezugsquelle nicht ermittelt wird. Das Verzeichnis ist also wirklich nicht ein so schwer wiegender Punkt, um die ganze Wiederverkäuferfrage daran scheitern zu lassen. Ich begreife nicht, warum Sie darauf so hartnäckig bestehen. Was erreichen Sie denn dadurch? Wir können doch schließlich nicht Stammrollen für die Wieder verkäufe! anlegen, das halte ich für ein Unding, das läßt sich nicht durchführen. Meine Herren, wir haben Ihnen unsere Gegenvorschläge gemacht. Wir sind damit einverstanden, daß bei jedem Schleu- dcrfalle an alle Grossofirmen und alle Firmen des Zwischen handels, die in Betracht kommen, die Anfrage ergeht, wer der Lieferant ist. — Es wurde ursprünglich gesagt: wir wollen den Schleuderfall im Börsenblatt bekanntmachen; dadurch würden aber, wie ich damals schon ausfllhrte, Schwierigkeiten entstehen. — Meldet sich nun ein Grossist nicht, und es wird ihm nachher nachgewiesen, daß er geliefert hat, dann zahlt er iOOO .,/k Konventionalstrafe. Nun, meine Herren, das ist doch wirklich ein gangbarer Weg, denn kein Grossist wird wegen eines Schleuderers iOOO riskieren. Aber meine Herren, daß aus Grund des Umstandes, daß wir das Wiederverkäufer- verzeichnis abgelehnt haben, die Verhandlungen abgebrochen worden sind, trotzdem wir zur Begründung unserer Ansichten ein 30 Seiten langes Schriftstück eingereicht haben, das ver stehe ich nicht. Es mußte doch wenigstens über dieses Schrtft- 17»7«