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8778 Nichtamtlicher Teil. 239, 13. Oktober 1904. klärung, deren vornehmste Tätigkeit in Fesselung der Presse und Beschränkung des Volksunterrichts bestand. Daß die Tätigkeit des Jubilars auch von einem großen Teil der russischen Schriftsteller und Künstler anerkannt wurde, denen er ihre Arbeiten glänzend zu honorieren pflegt, bezeugt u. a. auch die vor zehn Jahren stattgcfundene Feier des 25jährigen Bestehens der »Niwa«. Es erschien damals eine Jubiläums-Festnummer, an der sich die Elite der russischen Künstler- und Schriftstellerwelt beteiligt hatte. Dieser Nummer war auch eine Lebensskizze und ein Bildnis des Gründers der »Niwa- beigegeben. Auf die Schilderung der großartigen Feier und auf die Wiedergabe der bet dem glän zenden Festmahl gehaltenen Reden und Trinksprllche müssen wir hier natürlich verzichten. (Vrgl. übrigens Börsenblatt sNachrichten a. d. Buchhdl.j Nr. 19 v. 25. Januar 1895. Red.) Über den reichhaltigen sonstigen Verlag des Jubilars können wir uns auch nicht verbreiten; es möge daher die Bemerkung genügen, daß dieser in den eigenen, großartigen und musterhaft eingerichteten graphischen Anstalten und Druckereien hergestellte Verlag sich ebenso sehr durch wissen schaftlichen und künstlerischen Inhalt, wie durch vornehme und zum Teil prachtvolle Ausstattung auszeichnet. Bei läufig möge noch die Tatsache hervorgehoben werden, daß ein ansehnlicher Teil des Verlags nicht um finanzieller Vor teile, sondern ausschließlich um wissenschaftlicher, künstlerischer und anderer nützlicher Zwecke willen, und zwar unter großen Opfern an Zeit, Mühe und Kapital hergestellt wurde. Um vom Umfange des Marcks'schen Geschäfts und der damit verbundenen Anstalten und Einrichtungen einen Be griff zu geben, mögen folgende Zahlen dienen: Das Personal des Verlagsgeschäfts besteht aus etwa siebzig Gehilfen und neununddreißig Markthelsern. Die Buchdruckerei, Falzerei, Buchbinderei, Stereotypie, Galvanoplastik, Photo - chemi- graphische Anstalt, Kupferdruckerei, Lithographie, geographische Anstalt usw. beschäftigen etwa achthundert Arbeiter. Die jährliche Ausgabe für Gehälter und Löhne beträgt gegen 850 600 Der ganze Betrieb der technischen Anstalten geschieht mit Elektromotoren. Der Marcks'sche Verlag enthält u. a. die sämtlichen Werke von 34 russischen Autoren, von denen manche Werke bis zu zwölf Bänden stark sind. Der jährliche Umsatz des Verlagsgeschäfts bezifferte sich im vergangenen Jahre auf etwa sieben Millionen Mark. Eigentlich sollten wir nun noch des gemeinnützigen Wirkens des Jubilars gedenken; da er sich aber entschieden geweigert hat, das dazu notwendige Material zu liefern, so müssen wir uns mit der Mitteilung begnügen, daß er nicht nur für das Wohl aller seiner Mitarbeiter reiche Opfer gebracht, sondern daß er auch für andere wohltätige Zwecke, desgleichen für wissenschaftliche und berufliche Gesellschaften, Vereine und Sammlungen ansehnliche Beiträge gespendet hat. Erfreulicherweise hat die langjährige nützliche Tätigkeit des Herrn von Marcks ihm nicht nur materielle Vorteile gebracht, sondern sie hat auch bei der Regierung seines zweiten Vaterlands ehrende Anerkennung gefunden. Schon im Jahre 1881 wurde sein gemeinnütziges Wirken durch Verleihung einer goldnen Medaille geehrt; 1883 erhielt er den St. Annen- Orden dritter Klasse für nützliche Tätigkeit auf industriellem Gebiet, 1886 den St. Stanislaus-Orden zweiter Klasse für erfolgreiche verlegerische Arbeiten, 1889 den St. Annen- Orden zweiter Klasse für Eifer und besondre gemeinnützige Arbeiten, 1895 den St. Wladimirorden vierter Klasse (und damit den persönlichen Adel) für die Verbreitung guter Literatur. 1897 wurde Herr von Marcks für große, der Volksaufklärung geleistete Dienste in den erblichen Adels stand des Russischen Reichs erhoben. Auch aus andern Ländern fehlte es dem Jubilar an Ehrenerweisungen nicht: er erhielt das königlich württembergische und das königlich sächsische Verdienstkrcuz für Kunst und Wissenschaft und die französischen Laimos aoaäörniaiovnes. Mit dem Wunsche, daß Herr von Marcks noch viele Jahre rüstig weiter schaffen und sein den Buchhandel ehrendes und der russischen Volksbildung nützendes Wirken noch lange fortsetzen möchte, begrüßen wir ihn als ein würdiges und achtungswertes Mitglied unsers Standes, als einen der vielen Pioniere, die seit Jahrhunderten den deutschen Namen in Rußland zu hohen Ehren gebracht haben, die sich durch Rechtlichkeit, Arbeitsamkeit, Intelligenz und Gewissenhaftigkeit ausgezeichnet und im Russischen Reiche Bildung und Kultur zu verbreiten geholfen haben. Kleine Mitteilungen. Vom Geldmarkt. — Die Reichsbank hat am 10. d. M. den Wechseldiskont ans 5 Prozent und den Lombardzinsfuß aus 6 Prozent erhöht. — Andre große Banken (u. a. die Sächsische Bank in Dresden und die Bayerische Notenbank in München) sind mit denselben Maßnahmen gefolgt. — Der Wechseldiskont der Reichs bank hatte sich ungeachtet mancher Schwankungen des Geldmarkts seit dem 8. Juni 1903 unverändert auf 4 Prozent gehalten, nach dem er am 11. Februar 1903 auf 3stg Prozent, am 4. Oktober 1902 auf 4 Prozent, am 11. Februar 1902 auf 3^ Prozent fest gesetzt worden war. Zum letzten Male auf 5 Prozent hat der Diskont in der Zeit vom 13. Juli 1900 bis 25. Februar 1901 vom 12. Januar 1900 an 6'/, Prozent und vom 19. Dezember 1899 an gar 7 Prozent betragen. Erleichterungen im Einfuhrzoll nach Amerika. — Einer Meldung des »Standard« zufolge, die dieses Blatt aus New Jork empfangen hat, hat der Schatzsekretär Shaw die Be stimmung aufgehoben, wonach die Nichtdeklarierung zollpflich tiger Gegenstände deren Beschlagnahme zur Folge haben solle. gogische Kongreß, der vom 6. bis ^i. Oktober im Reichstagsgcbäude zu Berlin getagt hat, fand am 8. d. M., nachmittags, seinen Abschluß. Die Sitzungen standen unter der Leitung des Ersten Vor sitzenden des Musikpädagoaischen Verbandes, Herrn Professors Taver Scharwenka. Das Ministerium der geistlichen re. Angelegen heiten vertrat Herr Professor vr. Joachim; die Herren Schulrat Stier und vr. Hausen waren als Vertreter der Stadt Berlin erschienen. An Seine Majestät den Kaiser wurde ein Huldigungs telegramm gesandt. Den Jahresbericht erstattete die Erste Schrift führerin des Musikpädagogischen Verbands, Fräulein Anna Morsch, und wies dabei aus die Ziele der Vereinigung hin. Diese richten sich zuerst auf eine gründlichere Ausbildung der Unterrichtenden, für die eine Umgestaltung der Seminare an den Konservatorien und die Einführung von Prüfungen nebst Erteilung von Zeugnissen efordert wird, ferner auf die Hebung der sozialen und materiellen eine Prüfung und Sichtung aller neuen bedeutsamen Erschei nungen aus dem Gebiete der Musikpädagogik beabsichtigt. — Die Verhandlungen trugen naturgemäß einen vorwiegend fach männischen Charakter. Es wurden theoretische und praktische Erfahrungen und Neuerungen auf dem Gebiete der Musik pädagogik besprochen, wie Verbesserungen im Bereiche des theoretischen Unterrichts, des Kunstgesanges, und, was für die Gesamtheit von hervorragendem Interesse ist, eine not wendige Reform des Schulgesanges gefordert. Durch die letztgenannten Bestrebungen gewann die Schlußsitzung am Sonn- sänger Herr Rolle-Berlin, hob klar und deutlich die drei wichtigsten Punkte hervor. Die Schulklasse soll erstens schön und nach Noten singen, nicht etwa »wie der Vogel singt, der in den Zweigen wohnet«; zweitens soll die Methode einfach und drittens soll jeder Schüler einen Schatz von Chorälen und Volks liedern mit ins Leben hinübernchmen. Diese Ziele sollen für alle Unterrichtsanstalten, die Gemeinde- wie die höheren Schulen, leichmäßig angestrebt werden. Dazu wurde ein einheitlicher ehrplan für den Gesanguntcrricht verlangt und tüchtiger vor gebildete Lehrkräfte, für die wiederum die Notwendigkeit von Prüfungen und Zeugnissen betont wurde. — Eine heitere Ab wechslung in die lange Reihe der Vorträge und Besprechungen