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108, 12. Mai 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtjchn. Buchhandel- 573^ 10 oder nach 22 Tagen ankommen wird, wenn also die Reise dauer um mehr als 100 Prozent schwankt. Die Handelskammer Bremen hat dem Deutschen Handelstage eine Anzahl unerhörte Mißstände unterbreitet, sie hat ferner darauf hingewiesen, das; viele Bremer Firmen, die in Geschäftsbeziehungen zu den Ver einigten Staaten stehen, ihre Geschäftsfreunde veranlaßt haben, daß sie alle Briese unterschiedslos doppelt frankieren. Der Deutsche Handelstag wird sich, wie es heißt, da es sich um eine Angelegenheit handelt, die den gesamten deutschen Handel angeht, der Sache annehmen und bei der Reichsregierung wegen Ausdehnung der Taxermäßigung auch auf den indirekten Verkehr vorstellig werden. Gewiß muß das Deutsche Reich den betreffenden Staaten hohe Transitgebühren bezahlen, vielleicht gelingt es, eine Ermäßigung derselben herbeizuführen; aber die finanziellen Bedenken müssen zurücktreten angesichts der Tatsache, daß sich die auf den direkten Verkehr eingeschränkte Taxermäßigung nicht nur als nahezu wertlos, sondern in verschiedenen Be ziehungen geradezu als ein Nachteil für den. Handel erwiesen hat. Angesichts der englischen Konkurrenz ist es ein Gebot der Notwendigkeit, daß im deutsch-amerikanischen Postverkehr die selben Portoerleichterungen gewährt werden, wie sie im englisch amerikanischen Postverkehr bestehen. Ein französisches Lchriftstellerblatt. — Soeben ist in Paris unter dem Titel »lour-ual ckes 6eu8 cke 1,6tti63« die erste Nummer einer neu gegründeten Fachzeitung für die französischen Schriftsteller, Journalisten und dramatischen Dichter erschienen. Ihr Zweck ist die Erörterung aller die Schriftstellerwelt be rührenden Fragen, sowie die Mitteilung von Nachrichten, die diesen von Nutzen sein können. Die erste Nummer bringt u. a. einen Artikel von Georges Lecomte, dem Vorsitzenden der Loei^-tc Ü68 Ok>n8 ckg 1^611.1-68, über Schriftsteller und ihre Verantwortlichkeit; eine Studie von Marc Mario über die Berner Konvention und die Berliner Tagung; einen Artikel von Henri Germain über ein geplantes Versorgungshaus für französische Schriftsteller; ein Bildnis Rene Bazins, von Jean Thorel; eine Abhandlung über Rechtsfragen von Henri Buteau; endlich eine ganze Reihe von kleinen Mitteilungen, Anregungen u. s. w. Die erste Nummer wird von der Geschäftsstelle der Zeitschrift, 38 rue cku Nont, Tbubor, auf Verlangen unentgeltlich zugeschickt. K. Schneider. * Post. Ungenügender Schutz der Einschreibsen dungen. — Auf eine bedenkliche Lücke im Weltpostvertrag weist die »Kölnische Volkszeitung« hin. Das Blatt teilt folgendes mit: Der Verlag der »Kölnischen Volkszeitung« hatte im Sommer 1907 eine Honorarsendung an einen New Aorker Mitarbeiter der Zeitung abgesandt. Als der Brief in New Port dem Adressaten ausgehändigt worden war, stellte dieser sofort vor zwei einwandfreien Zeugen fest, daß der in Köln eingelegte Hundertmarkschein fehlte. Von der durch die kaiserliche Oberpostdirektion eingeleiteten Unter suchung erhielt der Verlag den folgenden Bescheid: »Die Oberpostdirektion ist erst jetzt in die Lage versetzt, Ihnen auf Ihre Mitteilung vom 25. Juni 1907, die die augen scheinlich während der Postbeförderung bewirkte Beraubung eines am 31. Mai 1907 an N. N. in New Pork von Ihnen hier abgesandten eingeschriebenen Briefes um 100 .1L Wert inhalt betraf, einen endgültigen Bescheid zukommen zu lassen. Die Untersuchung war damals auf deutschem Gebiet sofort ausgenommen und bis Anfang Juli 1907 auch durchgeführt worden. Nach ihrem Ergebnis war es als ausgeschlossen zu erachten, daß sich der Dieb unter dem an der Behandlung des Briefes beteiligt gewesenen deutschen Personal befand. Auch wies die Beschaffenheit des Briefumschlages, insbesondere die nicht richtig geschlossene Form des Postankunftstempels von New Pork, darauf hin, daß ein Offnen und Wieder- verschließen der Sendung erst nach ihrer Abstempelung in New Aork stattgefunden haben konnte. Die Postverwaltung der Vereinigten Staaten von Amerika, der die Angelegenheit dann Anfang Juli 1907 zur weiteren Behandlung übermittelt und die seitdem wiederholt an die Erledigung erinnert wurde, teilt jetzt mit, daß ungeachtet einer eingehenden von einem Post inspektor geführten Untersuchung sich der Beweis für eine auf amerikanischem Gebiet stattgehabte Beraubung des Briefes nicht habe erbringen lassen. Unter diesen Umständen bedauert die Bvrienbicul für ocn Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. Oberpostdirektion, weitere Schritte in der Sache nicht tun zu können, da nach den Bestimmungen des Weltpostvertrages nur für den Verlust von Einschreibsendungen, nicht aber im Falle ihrer Beraubung Ersatz geleistet wird.« Die »Leipziger Neuesten Nachrichten«, denen wir diese Mit teilung entnehmen, bemerken hierzu: Diese Mitteilung hat ein erhebliches Interesse für die gesamte mit den Bereinigten Staaten verkehrende deutsche Geschäftswelt, nicht minder für alle Privatleute, die nach Amerika Geld in ein geschriebenen Briefen zu senden pflegen. Es dürfte daher wohl die Forderung berechtigt sein, die deutsche Reichsregierung möge bei demnächstiger Ergänzung des Weltpostvertrags darauf hin wirken, daß bei zweifellos festgestellter Beraubung von Briefen während der Postbeförderung ebenso Ersatz zu leisten ist wie beim Verlust. Daß hier eine Lücke des Weltpostvertrags vorliegt, wird wohl kaum geleugnet werden können. Die Brunst dcS Radierens. Eine freundliche Schilderung der Tätigkeit eines Radierers gibt Goethe in Dichtung und Wahrheit. Er schreibt: ». . . . nun sollte ich in diesem Hause noch eine andere Art von Verbindung eingehen. Es zog nämlich in die Mansarde der Kupferstecher Stock- Er war aus Nürnberg gebürtig, ein sehr fleißiger und in seinen Arbeiten genauer und ordentlicher Mann. Auch er stach, wie Geyser, nach Oeserischen Zeichnungen größere und kleinere Platten, die zu Romanen und Gedichten immer mehr in Schwung kamen. Er radierte sehr sauber, so daß die Arbeit aus dem Atzwasser beinahe vollendet herauskam und mit dem Grabstichel, den er sehr gut führte, nur weniges nachzuhelfen blieb. Er machte einen genauen Umschlag, wie lange ihn eine Platte beschäftigen würde, und nichts war vermögend, ihn von seiner Arbeit abzurufen, wenn er nicht sein täg lich vorgesetztes Pensum vollbracht hatte. So saß er an einem drei- ten Arbeitstisch am großen Giebelfenster in einer sehr ordentlichen und reinlichen Stube, wo ihm Frau und zwei Töchter häusliche Gesellschaft leisteten. Von diesen letzteren ist die eine glücklich verheiratet und die andere eine vorzügliche Künstlerin; sie sind lebenslänglich meine Freundinnen geblieben. Ich teilte nun meine Zeit zwischen den oberen und den unteren Stockwerken und attachierte mich sehr an den Mann, der bei seinem anhalten den Fleiße einen herrlichen Humor besaß und die Gutmütigkeit selbst war. »Mich reizte die reinliche Technik dieser Kunstart, und ich ge sellte mich zu ihm, um auch etwas dergleichen zu verfertigen. Meine Neigung hatte sich wieder auf die Landschaft gelenkt, die mir bei einsamen Spaziergängen unterhaltend, an sich erreichbar und in den Kunstwerken faßlicher erschien als die menschliche Figur, die mich abschreckte. Ich radierte daher unter seiner An leitung verschiedene Landschaften nach Thiele und andern, die, obgleich von einer ungeübten Hand verfertigt, doch einigen Effekt machten und gut ausgenommen wurden. Das Grundieren der Platten, das Weißanstreichen derselben, das Radieren selbst und zuletzt das Atzen gab mannigfaltige Beschäftigung, und ich war bald dahin gelangt, daß ich meinem Meister in manchen Dingen beistehen konnte. Mir fehlte nicht die beim Atzen nötige Auf merksamkeit, und selten, daß mir etwas mißlang; aber ich hatte nicht Vorsicht genug, mich gegen die schädlichen Dünste zu ver wahren, die sich bei solcher Gelegenheit zu entwickeln pflegen, und sie mögen wohl zu den Uebeln beigetragen haben, die mich nach her eine Zeitlang quälten.« Auf die Technik der Radierung soll hier nicht weiter ein gegangen werden. Dafür möchte ich auf ein sehr feines Buch Struck. (239 S. Paul Cassirer's Verlag, Berlin, kart. 28 ^.) Dieses künstlerisch ausgestattete Werk bringt 5 Original radierungen von Max Liebermann, Anders Zorn, Edvard Munch, Paul Baum und Hermann Struck, sowie 94 Abbildungen im Text. Einband und Titelzeichnung sind von Karl Walser ent worfen, das Vorwort schrieb Alfred Kerr. Dieses Buch des bekannten Radierers Struck soll nach des Verfassers eigenen Worten eine Anleitung sein, die Künstler und kunstverständige Dilettanten in den Stand setzt, die schöne Kunst 746