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5736 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 108. 12. Mai 190k stöbe für die wachsenden Breiten, sowie eine beschreibende Über sicht der deutschen Postdampferlinien nach Nord-Amerika, Mittel- Amerika und West-Indien, Süd-Amerika, West-Afrika, Ost-Afrika, Asien und Australien geben die Entfernung in Seemeilen, sowie die Fahrzeit in Tagen an und vervollkommnen das Kartenbild. Schon aus diesen Angaben, die durchaus nicht erschöpfend sind, ersieht man, welche Menge von Angaben diese Weltverkehrs karte enthält. Trotz der Fülle des Gebotenen ist die Übersicht lichkeit vollkommen gewahrt. Dies ist nur dadurch möglich, daß die technische Ausführung der Karte mit den vollkommensten modernen Hilfsmitteln erfolgt ist. Man darf deshalb mit Sicherheit erwarten, daß diese Karte sich bald in den Bureaus der verschiedensten Geschäfte, namentlich der Exportfirmen, der Bankhäuser, Hotels, der Dampfer- und Ver kehrsbureaus, der wirtschaftlichen Verbände usw. einbürgern wird. Außerdem bietet sie ein vorzügliches Anschauungsmittel für Lehr anstalten der mannigfachsten Art, bei geographischen Vorträgen, namentlich auch in den zahlreichen Abteilungen der Kolonial gesellschaft, des Alldeutschen Verbandes, des Deutschen Schul vereins und verwandter Körperschaften. Bredeney an der Ruhr. Tony Kellen. Kleine Mitteilungen. Französische Pornographie und der deutsche Buch handel. — In einem soeben erschienenen Buche des hochgeach teten Schriftstellers und Dichters Remy de Gourmont, ?ro deutschen Buchhandels, die nicht unwidersprochen bleiben darf. Nach Feststellung der Tatsache, daß das französische Buch im allgemeinen von den christlichen (puritanischen) Kreisen Amerikas bekämpft wird, sagt er: »Doch es muß ein Grund zum Kriegführen gefunden werden, und da verfällt man denn auf die .Pornographie'. Derartige Bücher, fast unbekannt in Frankreich, wie Herr Jules Claretie kürzlich festgestellt hat, sind meistens in Paris von deutschen Industriellen hergestellt worden, die ihr Geschäft von Leipzig, Ham burg oder Berlin aus betreiben. Man erkennt diese Mach werke leicht an dem widerlich illustrierten Umschlag, dessen Zeichnung die deutsche Klaue erkennen läßt und die eine kleine Pariserin ,6n A0AU6t,t>s' vorstellen soll. Inwendig, in mitten eines Textes ohne Talent sieht man eine Anzahl anzüglicher Zeichnungen: küssende Liebespaare, Weiber, Strümpfe oder Hemd anziehend, durch Windstöße hoch flatternde Röcke, Badeszenen, wo üppige Brust und Hüften das zebragestreifte Badekleid zu zersprengen drohen, usw. »Es ist diese elende deutsche Sinnlichkeit, die die Amerikaner mit »koi'noAraxbis kranygE« bezeichnen. Da selbe jedoch in einer Art von französischer Sprache verfaßt ist und den Namen einer Buchhandlung in Paris trägt mit Namen auf ach, adt oder rtsch , so nehmen wir die Verantwortung dafür auf uns.« Die von Herrn Gourmont hier erhobene Anschuldigung, es seien deutsche Verleger, die den Weltmarkt mit französischer Porno graphie überschwemmten, ist schon wiederholt erhoben worden und muß von allen deutschen Buchhändlern ganz energisch zurück gewiesen werden. Unbeschadet der hohen Achtung vor der litera rischen Größe und den Verdiensten Remy de Gourmonts kann man nicht umhin, sein Erstaunen über die leichtfertige Anschuldigung eines ganzen, sehr angesehenen Standes auszusprechen. Ein Blick auf die Auslagen der meisten Pariser Buchhändler hätte ihn sofort über Verfasser und Verleger der angedeuteten Literatur belehren können. Er könnte sicherlich keine drei deutschen Verleger nennen, die sich mit der Herausgabe derartiger Werke in fran zösischer Sprache befassen. Es ist sehr erfreulich, daß auch ein vor etwa Jahresfrist er schienenes Buch: »I-a. 6an§rön6 xoi-noArapbiyus« von Emile Pour^sy schuldigung als nicht wahr zurückweist. Es Heißt dort nämlich Seite 208: »Diese (pornographischen) Werke sind nicht im Auslande hergestellt, wie man glaubt und wie man uns sagt; sie sind in Frankreich nicht unbekannt. Werft doch einen Blick auf die Auslagen der Buchhändler der Großstädte und der Bahnhofs buchhandlungen, und ihr werdet sie sehen, vorausgesetzt, daß ihr dieser gemeinen Schriftwerke nichts vom französischen ,68prit.' haben; aber sie sind von französischer Nationalität, sie sind in französischen Schulen erzogen, ihr literarischer Geschmack hat sich in Frankreich gebildet, und die Verleger, Drucker und Papier fabrikanten sind von gut französischer Abstammung »Das Schreckbild von Holland, Belgien oder Deutschland ist gut, um den literarischen Chauvinismus gewisser Autoren zu befriedigen, aber wir denken unser Land für diese Blüte unge sunder Literatur verantwortlich zu machen, und zwar ohne das Ausland in irgend einer Weise zu rechtfertigen. Wenn man stets sind trotzdem Söhne Frankreichs.« Es ist wohl zu begreifen, daß Herr Remy de Gourmont mit der Bekämpfung der französischen Literatur in Amerika nicht zufrieden ist; aber die Schuld daran den Deutschen zuzuschieben, ist einfach »unverfroren«. Die von ihm kritisierte Propaganda der Puritaner richtet sich aber keinesfalls gegen die gesamte fran zösische Literatur, sondern eben nur gegen jene unflätigen, seichten Romane, wie solche in Hunderten jährlich in Paris erscheinen. Leider leidet auch der Export der guten Literatur durch die Maßnahmen der Amerikaner; aber die an schönen und guten Werken sehr reiche französische Sprache wird dieser Krisis Herr werden, denn das gesamte Ausland, Amerika ein begriffen, wird stets und gern Werke vom Werte derer von Bazin, Bordeaux, Bourget, Coppce, Coulevain, Daudet, France, Loti, Maupassant, Prevost usw. usw. kaufen. Auch die herrlichen Memoirenwerke werden im Auslande stets großen Absatz finden, und diese gute Literatur wird vollauf genügen, die Puritaner Lügen zu strafen. Ein Franzose sollte doch nicht so kleinliche Kampfesmittel wie obige Anschuldigung gebrauchen, neben dem goldenen Weizen zu finden ist. L. Rincklake! Vom Reichsgericht. (Nachdruck verboten.) — Wegen fahr lässigen Preßvergehens nach § 21 des Preßgesetzes ist am 7. Januar d. I. von der Strafkammer in Hohensalza der Buchhändler Sylvester Strzelczyk zu einer Geldstrafe von 50 verurteilt worden. Er hat im vorigen Sommer die Buchhandlung des Dziennik Kujawski käuflich erworben, aber angeblich nicht alle Verlagswerke durchlesen können. In einem derselben ist ein Gedicht enthalten, das die glückliche Wiedergeburt Polens von 1794 und deren baldiges Vergehen behandelt. In der Aufforderung, den Vätern nachzuahmen, liegt nach Ansicht des Gerichts eine Auf reizung der polnischen Bevölkerungsklasse zu Gewalttätigkeiten gegen die deutsche. Die Aufforderung geschah öffentlich dadurch, daß das Buch im Laden des Angeklagten auslag. Der fahr lässigen Anreizung hat sich der Angeklagte schuldig gemacht, weil er wußte, daß der Dziennik Kujawski schon oft mit den Ge richten in Konflikt gekommen war, und er deshalb doppelt vor sichtig hätte sein müssen. Er hätte alle Verlagswerke durchlesen müssen und es auch können, da sein Geschäftsbetrieb nicht be deutend ist. — Die Revision des Angeklagten wurde am 7. d. M. vom Reichsgericht verworfen. Lentze. ' Zur Verbilligung des Briefportos nach Amerika. — Bekanntlich hat der billige 10 Pfennig-Tarif für Briefe bis 20 ^ von Hamburg oder Bremen befördert werden, während alle anderen Briefe, die den schnelleren Weg nehmen, nach wie vor 20 Pfg. bis 20 § Porto kosten. Diese Unterscheidung hat in der Handelswelt zu Unzuträglichkeiten geführt. Im »Leipziger Tage blatt« wird der wachsenden Unzufriedenheit der Handelskreise wie folgt Ausdruck gegeben: So geht es nicht weiter! Immer größere Schwierigkeiten für die Handelskreise haben sich durch den Umstand ergeben, daß die Taxermäßigung für Briefe nach Amerika auf den direkten Verkehr beschränkt geblieben ist, der Verkehr dagegen über England und Frankreich von der Ermäßigung ausgeschlossen wurde. Eine ordnungsmäßige Handelskorrespondenz mit Amerika ist einfach unmöglich, wenn man nicht weiß, ob ein Brief nach