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227, 30. September 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Ltschn. Buchhandel. 11268 eine Auswahl seiner in Frankreich gut eingeführten »Ourtss- Ouiäss Oampbell« ausgestellt, die wie die bereits erwähnten Karten von Taride speziell für Radfahrer und Automobilisten bearbeitet sind. In der Hinteren Ecke befindet sich als Pendant zur Globus-Auslage der Firma Lebdgue L Cie. ebenfalls ein Aufbau mit Schulgloben von Joseph Forest; derselbe hat außerdem einige Karten und Wandtafeln ausgestellt, darunter die »6arts lrilowätrigus L.nto-Vslo äs Uranos« und eine Tafel »ka^saZs rösumant Iss tsrwss xsoArapbignss« (andere Tafeln befinden sich in den verschiedenen französischen Ministerialabteilungen). (Schluß der Abteilung 10 Frankreich folgt.) Kleine Mitteilungen. Reichspost und Privat. Beförderungs. Anstalt. - In Berlin wurden bisher vielfach Sendungen (Akten und andere Geschäftspapiere) im Gewicht von mehr als 260 A in große Briefumschläge verpackt und zugeklebt als Pakete durch ein Privat- Beförderungs-Jnstitut, die Berliner Paketfahrt-Gesellschaft Starke L Co., bestellt, wie auch die im Börsenblatt 1910, Nr. 92 mitge teilte Gerichtsverhandlung erkennen läßt. Unter dem 16. Juli d. I. wurde nun der Paketsahrt-Gesellschast mitgeteilt, daß sie zur Beförderung solcher, das Gewicht von 260 ^ über steigenden Sendungen, wenn sie in Briefform verpackt sind, nicht berechtigt sei. Die Paketfahrt hatte dessenungeachtet solche Sen dungen weiter befördert und verbreitet noch jetzt Prospekte, in denen ausdrücklich ausgeführt wird, daß verschlossene Briese über 260 x nach dem Postgesetz dem Postzwange nicht unterliegen. Die Postbehörde aber hatte ihre Briefträger beauftragt, ihnen be kannt werdende Fälle, wo derartige Sendungen durch die Paketfahrt- Gesellschaft befördert wurden, zur Anzeige zu bringen. Infolge dessen wurden die Absender solcher Sendungen von der Post wegen Portohinterziehung protokollarifch vernommen und darüber befragt, wieviele solcher Sendungen der Paketfahrt seit dem IK.Juli d. I. übergeben wurden; auch wurde eine Strafverfügung in Aussicht ge stellt. Die Post vertritt die Ansicht, daß Sendungen in Briefform dem Postzwange unterliegen, auch wenn sie mehr als 250 x wiegen. Anderseits aber behandelt sie selbst den Briefkästen entnommene Briefsendungen, die dieses Gewicht überschreiten, als Pakete, indem fie nachträglich das Paketporto und das Bestell geld dafür erhebt. Die Berliner Paketfahrt-Gesellschast vertritt nach wie vor den Standpunkt, daß sie berechtigt ist, alle Sen dungen im Gewicht von mehr als 250 ^ zu besördern, auch wenn sie in Briefumschlägen verschlossen werden; sie beabsichtigt, dieses Recht, gestützt auf früher ergangene Entscheidungen des Reichs gerichts, durch alle Instanzen zu verfechten. (Zeitschr. f. Deutsch!. Buchdr.) Nachbildung einer Abbildung eines Warenkatalogs. Entscheidung des Reichsgerichts. (Nachdruck verboten.) — Wegen Vergehens gegen das Urhebergesetz ist am 25. Januar vom Landgerichte Stuttgart der Backofenfabrikant Ernst Berg müller zu 300 Geldstrafe verurteilt worden. In dem Katalog der Firma W. L F. in Cannstatt ist ein Kettenbackofen ab gebildet, den sie in Warschau ausgestellt hat. Die Abbildung ist nach einer Photographie angefertigt. Der Angeklagte hat in seinem Kataloge ein Bild desselben Backofens abgedruckt, dessen Klischee dem Bilde im Katalog der Firma W. L F. nachgebildet ist. Der Angeklagte hat selbst das Bild aus dem fremden Katalog ausgeschnitten und dem Photographen zur An fertigung eines Klischees übergeben. Dabei hat er angegeben, daß die Firma auf der Ofentür beseitigt und verschiedene Einzel heiten abgeändert werden müßten. Die Nebenklägerin Firma W. L F. gibt an, sie habe den Ofen photographieren lassen, damit der Beschauer sogleich sehe, daß es kein konstruiertes Bild sei, sondern nach der Natur angefertigt, und daß sie das Bild dem Katalog eingefügt habe, um den Beschauer über die Einrichtung des Ofens zu unterrichten. Das Landgericht hat deshalb in dem Originalbilde ein Erzeugnis individueller Geistestätig keit erblickt. Auch die bloße Photographie, meint das Ge- nicht, würde ein eigenartiges Geistesprodukt sein. Die Abbildung sei belehrender Art, da Kettenbacköfen bisher in Deutschland nicht hergestellt worden seien. — Aus die Revision des Angeklagten Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 71 Jahrgang hob das Reichsgericht das Urteil auf und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Es handelt sich, so wurde ausgeführt, um die Nachbildung der Abbildung eines Backofens, den die Nebenklägerin in ihren Katalog ausgenommen hatte. Diese Abbildung hat der Angeklagte mit unwesentlichen Änderungen in sein Preisverzeichnis ausgenommen. Die Abbildung der Nebenklägerin ist nach einer Photographie in der Weise hergestellt worden, daß hiervon ein Klischee (Autotypie) angefertigt worden ist. Der Angeklagte hat sonach nicht unmittel bar eine Photographie nachgebildet, aber es liegt auch nichts dafür vor, daß die Herstellung seines Bildes durch ein anderes als ein photographieähnliches Verfahren bewirkt worden sei. Es handelt sich also nur um die Vervielfältigung einer Photographie. Das Reichsgericht ist der Ansicht, daß Abbildungen, die im Wege der Photographie hergestellt sind, nicht den Urheberschutz im Sinne des literarischen Urhebergesetzes genießen, sondern lediglich den des Gesetzes betreffend den Schutz der Photographien. Lentze. Bibliographisches aus England. — Von Karslakes »Loolr Xuotion Useorcks» ist nunmehr Teil 4, Band 7 fertig und enthält 1264 Lose aus den Versteigerungsberichten von Christins, Hodg- sons, Puttick L Simpsons, Stevens und Sothebys vom 30. Juni 1909 bis 31. Juli 1910. Wie der Verfasser mitteilt, hat die Ver breitung der »Look Xuotion Useorcks- Jahr für Jahr um 100 Stück zugenommen, und gegenwärtig sind alle bedeutenden Altbuch händler Englands, mit Ausnahme von drei, Abnehmer des Werkes. (Nach: »Tbs Uublisbsrs Oiroular-.) Der erste Buchdrucker und Buchhändler in Bourges. — Die Gelehrten, die sich bisher mit der Druckgeschichte der französi schen Stadt Bourges beschäftigten, hatten als frühesten Drucker dieser einstigen Universitätsstadt einen gewissen Jean Garnier sest- gestellt, der von 1530 bis etwa 1562 dort als Universitätsdrucker tätig war; was die Buchhändler anbetrifft, so wird als der erste gewöhnlich ein gewisser Laurent angeführt, der im Jahre 1606 an einer Streitigkeit zwischen der Universität und der Stadt beteiligt war. Es müßte indessen überraschen, wenn eine Stadt wie Bourges, die im Jahre 1463 von Ludwig XI. mit einer Universität bedacht wurde, so lange Zeit gebraucht hätte, ehe sie die Buchdruckertätigkeit in ihren Mauern ausüben sah, während in anderen benachbarten Städten, wie z. B. in Orleans, schon seit 1490 Druckerpressen tätig waren. Im »UibUograpbs woäsrne« weist denn auch Paul Samaran auf Grund einiger urkundlicher Funde soeben nach, daß schon weit früher, nämlich um 1484, ein Buchdrucker und ein Buchhändler in Bourges tätig waren, nämlich der Drucker Guyon Calabre und der Buchhändler Jean Coffin; da allerdings auch Calabre gleich zeitig als Buchhändler oder Verleger (nmretmnä cks livrss), Coffin dagegen als »armer Buchhändler« (xsnvrs bomivs lidrairs) be zeichnet wird, so scheint es, daß man sich unter Coffin nur einen kfeinen Buchhändler vorstellen darf, und diese Stellung geht auch aus der Art der Beziehungen hervor, in denen er zu Calabre stand. Cosfin hatte nämlich von Calabre eine Anzahl gedruckte Bücher zum Preise von etwa 120 Tourer Pfund erhalten und auch von dem Erlös einen gewissen Betrag an Calabre bezahlt; da er aber als »einfältiger Mann« (sirnpis bomino) sich von diesem keine Quittung hatte ausstellen lassen, kam der hinterlistige und böswillige Calabre (boinms oautslsux st cks nmuvniss koi) auf den schlimmen Gedanken, sich nicht nur die etwa 45 Pfund, die ihm jener noch schuldete, sondern die ganze Summe noch einmal zahlen zu lassen. In dieser Not verfiel Coffin auf den unglücklichen Ausweg, daß er sich von einem armen Teufel, der vor dem Notar die Rolle Calabres spielte, eine gefälschte Quittung ausstellen ließ, um so der ihm von seinem Gläubiger angedrohten Zwangsvollstreckung zu entgehen. Natür lich war es diesem ein leichtes, die Unechtheit dieser Urkunde nachzuweisen, und Cosfin sollte sich vor dem Gericht in Berry ver antworten, doch einigten sich schließlich die streitenden Parteien, und Cosfin beeilte sich, für seine schwere Übertretung einen Nach laß (rsmission) zu erwirken, der ihm auch im März 1484 ausgestellt wurde. Diese Urkunde stellt wohl den ersten Fall der Erwähnung dieses Druckers und Verlegers Guyon Calabre dar; denn auch Reich- hart tut seiner in seinen »Beiträgen zur Jnkunabelnkunde« (Leipzig, 1464