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130, 7. Juni 1312. Nichtamtlicher Teil. Gesetzes als die nächste Frage die auf: Wem fällt die Pflicht zur Anmeldung der Versicherten und zur Beitragszahlung zu? Hier zeigt sich nun zunächst ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der Angestelltenversicherung und der reichsgefetzlichen Alters- und Jnvaliditätsversicherung. Bei dieser ist jeder mann mit dem Antritt einer vcrsicherungspslichtigen Stellung kraft Gesetzes versichert; die Versicherung bei der Reichsanstalt dagegen wird erst durch die Erfüllung der gesetz lichen Vorschriften herbeigefllhrt. Dort haftet der Prin zipal allein sür die rechtzeitige Anmeldung und Beitrags leistung; hier sind beiden Teilen, dem Prinzipal wie dem Angestellten, die gleichen Pflichten zugewiesen. Eine der ersten Ausgaben der Reichsversicherungsanstalt würde nach dem Gesetze u. a. darin bestehen, Beitragsstellen sür die Entgegennahme der Beiträge einzusetzen, deren Ge schäfte auch Postanstalten gegen Vergütung übertragen werden kann, und Ausgabestellen für Entgegennahme der Aufnahme karten und Ausstellung der Versicherungskarlen, wozu die Orts polizeibehörden zunächst ins Auge gefaht sind. Nach der Be kanntmachung vom 24. Mai gilt zunächst jedoch als einzige B e i t r a g s st e l l e die Reichsvcrsicherungsanstalt selbst. Der Prinzipal hat die am Schlüsse jedes Monats fälligen Bei träge für sich und seine Angestellten spätestens bis zum 15. Tage des nächsten Monats durch die Reichsbank cinzu- zahlen, und erstmalig als Anmeldung eine Übersicht seiner Angestellten, deren Einrichtung, ebenso wie die der Aufnahmc- und Versicherungskarten, vom Bundesrat erst noch vorzuschrei ben ist, unmittelbar der Reichsanslalt einzusenden. Etwaige Veränderungen des Personalbestandes sind stets bei der nächst folgenden Beitragszahlung ebenso mitzuteilen. Die Beiträge können aber nach der erwähnten Bekanntmachung auch aus das Konto der Reichsversicherungsanstalt beim Postscheckamt Berlin eingezahlt werden, wozu besondere nach den Bestim mungen über den Postscheckverkehr erhältliche Vordrucke zu be nutzen sind. Die Angestellten haben sich die auf sie ent fallende Beitragshälfte bei der Gehaltszahlung abziehen zu lassen; jedoch müssen diese Abzüge gleichmäßig auf die Gehaltszeiten verteilt werden. Neben dieser durch den Prinzipal erfolgten Anmeldung hat der Angestellte — am besten gleichzeitig — vermittelst einer Ausnahme karte, die Alter, Familienstand und Arbeitsverdienst anzu geben hat, bei der zuständigen Ausgabestelle die Ausfertigung einer Versicherungskarte zu beantragen. Etwaige Anträge ausBesreiungvonderBeitragsleistung sind in der Aufnahmekarte zu stellen und die Nachweise, wie Versicherungs- oder Aufnahmeschein, am besten auch die letzte Bcitragsquittung, beizusügen, die spätestens mit der Versiche rungskarte zurückzugeben sind. Die Befreiung ist auf der Ver sicherungskarte zu bescheinigen. In diese hat der Prinzipal die Marke einzuklebcn, die er als Quittung über die Beitrags leistung von der Beitragsstelle erhält und die die Bezeichnung der Gehaltsklasse und des Geldwertes tragen müssen. Die Ver sicherungskarten dürfen von Niemand zurückbehalten oder mit irgendwelchen Merkzeichen versehen werden. Sie sind mindestens binnen fünf Jahre nach der Ausstellung zu erneuern und werden für jeden Versicherten fortlaufend beziffert; den Antrag auf Erneuerung an die Reichsanstalt zu richten, liegt dem Versicherten ob, doch haben die Ausgabestellen die Ver mittelung zu übemehmen. Aus Grund dieser doppelten An meldung, der Angabe des Prinzipals bei der ersten Beitrags zahlung und der Aufnahmekarte des Angestellten, wird von der Reichsanstalt, der die Ausnahmekarten von den Ausgabe stellen einzusenden sind, jedem Versicherten ein Versiche rungskonto angelegt, das als Grundlage für die Berechnung der Ansprüche zu dienen hat, die künftig aus der Versicherung zu befriedigen sind. Werden die Beiträge durch das Postscheckamt entrichtet, so dient dem Arbeitgeber an Stelle der Marken der Abschnitt der Zahlkarte oder die Nachricht über die Gutschrift als Quittung. Dem Angestellten dient dann als Quittung über die Zahlung seines Beitragsanteils an den Arbeitgeber eine von diesem in die Versicherungskarle einzutragende Bescheini gung. Diese hat — handschriftlich oder mit Stempel — den Beitragsmonat und den Beitrag zu bezeichnen, den Namen des Arbeitgebers zu nennen und ist sofort nach der Zahlung zu bewirken. Werden als Quittung indessen Marken zum Ein kleben in die Versicherungskarte gewünscht, so werden diese auf Verlangen von der Reichsanstalt nach Eingang der Beiträge übersandt. Bei freiwilliger Versicherung sind die Bei träge dagegen postsrei an die Reichsanstalt einzusenden; doch kann letztere dieses mit Genehmigung des Bundesrats auch anderweitig regeln. Da vom Direktorium der Reichsanstalt wie vom Bundes rat über mancherlei Einzelheiten noch besondere Ausführnngs- bestimmungen zu erlassen sind, so kann im übrigen nur aus die amtlichen Bekanntmachungen verwiesen werden, die zur Voll ziehung des Gesetzes noch veröffentlicht werden müssen. Mit Rücksicht darauf, daß die den Rentenausschllssen während der ersten Jahre zufallenden Aufgaben nur gering sein werden, wird voraussichtlich zunächst nur ein Rentenausschutz mit dem Sitze Berlin und auch nur ein Schiedsgericht mit demselben Sitze errichtet werden. Es ist geplant, erst bei Bedarf mit der Errichtung weiterer Rentenausschüsse und Schiedsgerichte vor zugehen. Einiger vom Reichstage vorgenommenen Änderungen sei hierbei noch gedacht, die ein allgemeines Interesse in Anspruch nehmen dürfen, im Vorstehenden aber nicht berücksichtigt wer den konnten. Die Bestimmung über das Ruhen der Rente G 73) neben Bezügen aus der reichsgefetzlichen Arbeiterversicherung, aus Gehalt oder sonstiger gewinnbringender Beschäftigung ist insofern wesentlich günstiger gestaltet, als jetzt die Grenze dafür das Jahreseinkommen bildet, das dem Durchschnitt der Gehaltsklassen entspricht, in denen die sechzig höchsten Monats beiträge entrichtet wurden. Im zweiten Entwurf war für die Grenze der Durchschnitt der Jahresarbeitsverdienste in den letzten fünf Jahren angenommen. Die Hinterbliebenen renten ruhen jedoch nur neben Renten aus der reichsgefetz lichen Arbeiterversicherung soweit, als beide zusammen sechs Zehntel des nach Z 73 (wie oben gesagt) zu ermittelnden Be trags übersteigen. Das Arbeitsverdienst der Witwe kommt mithin dabei nicht in Ansatz. Eine Verbesserung hat weiter die Vorschrift über die Bei tragsrückzahlung erfahren (Z 398). Für den Fall, daß das Versicherungsereignis innerhalb der ersten fünfzehn Jahre der Wirksamkeit des Gesetzes eintritt, noch bevor Ansprüche er hoben werden können, sind der Hinterbliebenen Witwe oder dem Witwer oder — wenn nicht mehr am Leben — den hinter- lassenen Kindern unter 18 Jahren die von dem Verstor benen selbst gezahlten Beiträge zu erstatten. Nur müßte diese Bestimmung auch, ohne die zeitliche Einschränkung und die auf das Alter der Kinder, auf die nach H 392 an die Reichs anstalt abgetretenen Forderungen aus privaten Versicherungen Anwendung finden; nach der Bestimmung, wie sie Gesetz ge worden, können Schädigungen für die Hinterbliebenen Kinder sehr leicht entstehen. Wer eine solche Abtretung vermeiden kann,solltesiedaherunterlassen oder sich die private Versicherung — wenn möglich — in eine beitrags freie umwandeln lassen. Bei freiwilliger Versicherung werden in sol- sos