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167, 21. Juli 1916. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. b. Dtschn. Buchhandel. braucht sich dadurch nicht-besonders getroffen zu fühlen. Wenn ich aber persönlich mit einem Briese an die Herren heranlrcte, dann haben sic ja säst alle die Höflichkeit, mindestens eine Antwort daraus zu geben. Ich meine also, wir müssen jetzt den Verleger sehr höflich, abermals und immer wiederholt bitten. Ich weiß, wir erreichen es nicht aus einmal, dost sic uns das gewähren, was uns schon eine Anzahl wissen schaftlicher Verleger vor 10 Jahren ebenfalls aus direkte Anschreiben bin gewährt hat, daß sie die Preise ihrer Bücher auch ei» wenig zu gunsten des Sortiments und nicht bloss zu eigenen Gunsten erhöhen. Ich will keine Firma nennen; es waren aber vor 10 Jahren einige Firmen wissenschastlichen Charakters und allerersten Ranges, die ihre Bücher im Preise erhöht haben, und die sind deswegen anderen Verlagssirmen gegenüber nicht konkurrenzunsähig geworden. Ich meine, dieses Wort, dast das Recht, den Ladenpreis scstzusetzcn, die Pflicht einschliestt, ausreichenden Rabatt zu gewähren, kann nicht oft genug wiederholt werden (Sehr richtig!>, und zwar an alle Vcrlags- sirmcn, die uns ja im Grunde ihres Herzens sehr wohlgesinnt sind, wie es in vielen Zirkularen häufig ausgesprochen wird. (Lebhaftes Bravo und Händeklatschen.) Bernhard staar (Berlin): Meine Herren! Ich möchte den Wor ten, die Herr Pape an Sie gerichtet hat, noch etwas hinzusügcn. — Sie alle wissen, daß der Rabatt aus wissenschaftliche Bücher in den letzten Jahrzehnten schlechter geworden ist, und zwar nachdem die Markwährung eingesührt wurde, also ungefähr seit Mitte der 70er Jahre. Früher war es auch im wissenschaftlichen Verlage allgenieine Regel, Rabatt zu geben, und das hing wohl mit der damaligen Talerrechnung zusammen, sobald die Mark- und Psennigwähruug ent setzte, sing der Lötztz-Rabatt an. Nun wollen Sie aber bedenken, wie sehr in dieser Zeit, also seit ungefähr 40 Jahren, sämtliche Spesen, die jedes Geschäft auswcndcn muß, gestiegen sind; ich erinnere nur an die Ladenmieten, an die Gehälter unserer Gehilfen, die doch erheblich gestiegen sind, womit ich nicht etwa sägen will, daß unsere Gehilsen nun zu viel Gehalt bekämen. Ich bin der Meinung, daß sic für die Mühe und Arbeit, die sie gerade im Sortiment leisten müssen, nicht übermäßig hoch bezahlt werden (Sehr richtig!); aber ich stehe aus dem Standpunkt, daß wir Sortimenter bei dem geringe» Verdienst, den wir selbst haben, unverhältnismäßig hohe Gehälter sür unsere Ge hilfen und Angestellten bezahlen müssen. Meine Herren, wenn Sie das alles berücksichtigen, dann werden Sie Wohl auch mit mir der Meinung sein, daß es doch ein Unding ist, daß das Sortiment, welches seit 40'Jahren mit demselben Bruttonutzen arbeitet, dessen Spesen aber fortgesetzt steigen, aus die Dauer dabei lebensfähig sein soll. Und weiter wollen Sie nun folgendes dabei in Betracht ziehen: der übrige Handel schlägt die Spesen, die für ihn neu hinzukommen — sagen wir einmal, wie wir sie durch das Versichcrungsgesctz sür Angestellte, wie überhaupt durch die ganze soziale Gesetzgebung, durch die Erhöhung der Ladenmieten »sw. gehabt haben — einfach zu seinen gesamten Geschäftsunkosten hinzu, und macht dann auf diese gesamten Geschäftsunkosten seine prozentualen Aufschläge, d. h. mit anderen Worten: der gesamte übrige Handel bekommt nicht nur diese neuen Spesenherein, sondern er verdient auch noch daran. Ich habe mit vielen Inhabern verschiedener anderer Geschäfte, mit Fabrikanten usw. gesprochen, und die haben niir stets gesagt, das wäre kausmännisch richtig, und kaufmännisch falsch wäre cs, wenn alle diese dauernden Mehrkosten, wie es bei uns Sorti mentern der Fall ist und wie es uns ausgezwungen wird, aus der eigenen Tasche des Geschäftsinhabers bezahlt würden. Denn die Tatsache ist doch nicht aus der Welt zu schassen, daß wir unsererseits erhöhte Geschäftsunkosten nie abwälzcn können. Ich erinnere daran, daß die Leipziger Kommissionäre während des Krieges ihre Spesen erhöht haben, die wir auch wieder aus unserer Tasche bezahlen müssen. Und, meine Herren, da sind wir nun allmählich dahin gekonimen, daß uns schließlich fast gar kein Verdienst mehr übrig bleibt. Zu mir sind häufig Kollegen gekommen, aus unseren Versammlungen oder wenn sie gerade in Berlin aus der Durchreise waren, und haben mir vertrau liche Mitteilungen gemacht; sie haben mir gesagt: »Jawohl, so, wie Sie die Sache hier auf den Versammlungen seit Jahren schildern, ist unsere Lage«. Und nach diesen vertraulichen Mitteilungen, die mir ge worden sind, erkläre ich Ihnen, meine Herren, in Ergänzung zu Herrn Pape, daß die Spesen im Sortiment — und darunter verstehe ich das Sortiment, welches Novitäten vertreibt und überhaupt sür den Vcr- leger etwas tut — 22 bis 27tztz vom Umsätze betragen. (Zustimmung.) Das Interessanteste ist aber, daß, je höher der Umsatz ist, desto größer auch die Spesen sind, womit auch der schöne Ratschlag hinfällig wird, der uns immer gegeben wird: »Ja, ihr müßt durch hohen Umsatz die Mehrkosten einholen». Meine Herren, das mag vielleicht im Waren- Handel zutreffen, aber das trisft sür den Buchhandel nicht zu, weil das Buch als Ware eine ganz andere Bearbeitung und Behandlung er fordert als die Waren im reinen Warengeschäft. Im Buchhandel ist der Einzelbezug die Regel auch in den größten Sortimenten und der Massenbezug Ausnahme, und darin liegt der Unterschied zwischen Buchhandel und Warengeschäft. Meine Herren, ich will das hier nicht weiter aussühren; das würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen. In dem Streit mit dem Akademi schen Schutzvercin ist ja die Sache seinerzeit genügend beleuchtet worden. Damit die Herren aber nicht sagen, ich brächte hier Zahlen, die ohne Unterlagen sind und nicht nachgcprüst werden könnten, so will ich Ihnen einige Kollegen nennen, die ossen und ehrlich ihre Spesen angegeben haben und denen wir unbedingtes Vertrauen schenken müssen. Ta ist zuerst Herr Hartmann-Elberscld, der seinerzeit im Börsenblatt mitgctcilt hat, daß seit einer Reihe von Jahren die Spesen in seinem sehr großen Sortiment 25tztz vom Umsatz betrügen. Dann ist Herr Gcheimrat Siegismund, der in den Besprechungen, welche im Anschluß an die kontradiktorischen Verhandlungen in Berlin hier in Leipzig unter Vorsitz des Reichstagsabgeordnetcn Dr. Spahn gepflogen wurden, ausgcsllhrt hat, daß in seinem Sortiment damals schon — und das liegt ungefähr 20 Jahre zurück — die Spesen 25tztz vom Um satz betragen haben. Sodann hat Herr Kommerzialrat Wilhelm Müller aus Wien uns hier vor einigen Jahren auch erklärt, daß die Spesen 30tzl> von seinem Umsatz ausmachten. Also, meine Herren, wenn drei hervorragende Kollegen, an deren geschäftlicher Tüchtigkeit wohl niemand in dieser Versammlung Zweisel hegen wird, erklären, daß sic diese Spesen haben, dann werden Sie wohl mit mir der Mei nung sein, daß es nicht an der Untüchtigkeit, an der schlechten Dispo sition im Betriebe des Geschäfts liegt, sondern ciusach an dem Umstand, daß diese Spesen sür den geordneten Sortimentsbetricb ausgcbrachl werden müssen und normal sind. Nun betrachten Sic unter diesem Gesichtspunkt den Verleger rabatt. Wenn also die Spesen 22 bis 27°„ vom Umsatz ausmachen, dann werden Sie mir doch zugeben, daß ein Rabatt von 25tztz voll- ständig ungenügend ist. Und wenn Sie »uu bedenken, daß nahezu die Hälstc des Gesamtumsatzes mit 25°tz und darunter ge liefert wird — ich erinnere Sie nur daran, daß die Schulbücher teil weise mit lOtzß geliescrt werden, ein Rabatt, den kein Verleger, ich möchte beinahe sagen, die Dreistigkeit gehabt hat, in früheren Zeiten dem Sortimenter anzubieten! — wenn Sie das alles bedenken und den Bruttogewinn in einem Sortiment aus 30tztz ansetzen — ich glaube, das wird im allgemeinen zutresfen, denn damals in dem Streit mit dem Akademischen Schutzverein hat vr. Siebcck den Bruttogewinn aus 27>/2tzo, Prager aus ZOtztz, Trübncr aus 28tzß und Well mann auf 30—31htz angegeben — dann kommen wir zu dem End resultat, daß der Sortimenter mit Nutzen arbeitet. Nehmen Sie also ein Geschäft mit 100000 .<t Umsatz, so bringt dieses Geschäft sage und schreibe — 5000 .lt. Davon muß der Geschäftsinhaber aber noch bezahlen: zunächst die Zinsen sür das meistens sehr bedeutende Anlage- und Betriebskapital; die sind nämlich in diesen Spesen, wie mir die Kollegen gesagt haben, nicht mitenthalte». Davon soll er ferner seine Abschreibungen aus Lager und Inventar, soll er die Ver luste decken, die ihm durch Ladenhüter, durch faule Kunden usw. er wachsen — und endlich soll er davon nun leben und noch für das Alter etwas zurücklegcn! Ja, meine Herren, ich frage Sie: ist das überhaupt noch möglich? Und wenn heute fortwährend geklagt wird, daß im Sortiment so unpünktlich abgerechnet wird, so sind das eben alles Folgen dieses ungenügenden Rabatts. Daher kommt es, daß die Psennigsuchserci bei diesem unzureichenden Gewinn cinsetzen muß, daß man mit unzulänglichem Personal arbeitet; darum bleiben alle Arbeiten rückständig, und vieles, was prompt erledigt werden müßte, muß natürlich zurückgestcllt werden. Dutzende von Kollegen haben mir erklärt, daß sie von Oktober bis Mai Sonntag sür Sonntag den ganzen Tag hinter verschlossenen Türen im Geschäft sitzen und arbeiten müssen, weil es ihnen nicht möglich ist, den einen Gehilsen, der noch nötig wäre, zu bezahlen, da sie sonst überhaupt nichts verdienen würde». (Sehr richtig! und Zuruf: Mir geht es auch so!). Ja, > meine Herren, wie das Familienleben, wie vor allem die Gesund- S5S