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x° 4, 6. Januar 1921. Redaktioneller Teil. Zum Abbau der Papicrprcise. — In einer Zuschrift an die »Papier- Zeitung« (Nr. 195/1920) wird auf die drohende wirtschaftliche Krisis hingewiefcn, 'die in den nächsten Monaten zu erwarten sei. Die Anhäu fung von Warenvorräten im Auslände, besonders in Amerika, lasse die künstliche (!!) P r c i s h o ch h a l t u n g nur noch für kurze Zeit zu. Komme der Stein ins Noblen, sv bleibe der Papiermarkt von der Preis katastrophe nicht verschont. Die Fabrikanken würden hart, der Handel mit seinen großen Lagern aber am meisten getroffen werden. Unter Hinweis auf die Erfahrungen im Frühjahr 1920 und bei der Annahme, daß in drei Monaten ein Preisrückgang von 20—30°/, emtre-ten könne, wird nun der Rat erteilt, zur Abwendung des einmaligen ruinösen Preissturzes planmäßig von Monat zu »Monat einen lOprv-entigen Preisabbau vorznnehmen. Anknnpfend hieran wird gesagt, daß ein solcher Preisabbau bei den heutigen üblichen Gewinnen nicht mal einen tatsächlichen Vertust, sondern höchstens einen Verzicht ans einen größe ren Gewinn bedeutet. Des weiteren wird dann darauf hingewiesen, daß der einzelne auf den größeren Gewinn nicht verzichten werde, die Ausführung des Preisabbaues könne nur durch planmäßiges Vor gehen und Zusammengehen der Händler- und Fabvilanten-Organi satio- neu geschehen, vor allem hätten die Konventionen und Kartelle der Fa brikanten alle Ursache, bei dem Preisabbau mitzuwiriew. — In Ver braucher kr eisen herrscht wohl eine Meinung darüber, das; die gegenwär tigen Papierpreise unmöglich weiter bestehen bleiben tonnen. Um einen Preisabbau von mir wenigen Prozenten darf es sich zudem nicht han deln, sondern es muß eine wirklich fühlbare Entspannung der unerhört hohen Papierpreise schleunigst e'ii»treten. Zeitnngsstreik in Danzig. Die im Freistaats bezirk beschäftigten Bibchdruckergehiil'sen haben eine wöchentliche Lohnerhöhung von 40 Mark über den den'.schm Tarif Hinanis verlangt. Während das unabhängige Organ »Das freie Voll«, das in oh rhei'tissozbalistische Organ »Danziger Volksstimme« und die »Dzicnnrk Gdanski« diese Forderung bewilligt hatten, haben die Bnchdruckergehilfen in den Betrieben der »Danziger Zeitung«, der »Danziger Neuesten Nachrichten«, der »Danziger Allge meinen Zeitung« und des »Danziger Volksblattes« ive-gen Nichtbewölli- gung ihrer Forderung die Arbeit Ende des vergangenen Jahres nieder- belegt. Buchdrnckerstrcik in Posen. — In sämtlichen deutschen und polnischen Buchöruckereien der Stadt Posen find die Setzer, Buchdrucker und Buch binder sowie die Buchdruckereiarbciter in den Ausstand getreten. Sie hatten, nachdem sie erst vor drei Wochen eine Teuerungszulage von 25 v. H., die für die Setzer einen Mindestwochenlohn von 1520 Mark ansmachte, eine abermalige Teuerungszulage von 25 v. -H. im Hin blick auf die zunehmende Teuerung für alle Lebensbedürfnisse gefor dert. Da die Buchdrucke reibe fitzer diese Forderung ablehnten, wurde der allgemeine Ausstand in der Stadt Posen proklamiert. Infolge dessen erscheint seit Weihnachten in Posen weder ein deutsches noch ein polnisches Blatt. (Da die polnische Mark kaum mehr ist als ein Zehntel der deutschen Papiermark, so bedeutet ein Wochenlohn von 1520 Mark polnischer Währung nur 150 bis 100 Mark deutscher Papier währung! Red.) Stenotypistinnen sind ungelernte Arbeitskräfte. Bei- den gegen wärtigen Tari fab Müsse n zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird hinsichtlich der Entlohnung ein Unterschied zwischen gelernten und ungelernten Arbeitskräften gemacht. Die gelernten erhalten ein höheres Gehalt als die übrigen Angestellten. Ein diesbezüglicher Streitfall einer Firma und ihrer Stenotypistin kam kürzlich zur Entscheidung des Schlichtungsausschusses Groß-Berlin, der durch Schiedsspruch erkannte, daß Stenotypistinnen nach ihrer Vorbildung nicht als gelernte kaufmännische Angestellte, wie etwa Buchhandlungs- gehikfen, die drei Jahre lernen müssen, zu betrachten sind und daher auch nur als ungelernte Kräfte entlohnt werden können. (Leipz. Zeitung.) Riesenhafte Erhöhung der Postgebühren in Ofterreich. — Die Er höhung der Telephon- und Telegraphengebühren in Österreich ist eine ganz außerordentliche. Für Telegramme nach Deutschland wird das Wort mit drei Kronen berechnet. Die Erhöhung der Telephon- gebührcn ist eine derartige, daß seitens aller Handelskreise der schärfste Protest erhoben wird. Für die nächste Zeit droht außerdem auch noch eine Erhöhung der Postgebühren., Kranken- und Angcslclltcnversichcrung. — Vom Neichsarbeits- ministerium wird mitgeteilt:. In der Presse wurde in der letzten Zeit mehrfach gemeldet, daß die Regierung einer Erhöhung der Ver sicherungsgrenze der Kranken- und Angestelltenversichernng für Ange stellte auf 30 000 Mark zugestimmt habe. Dies trifft nicht zu. Es steht noch keineswegs fest, ob und iü> welcher Weise die Versiche- rungsgrenze erhöht werden wird, insbesondere wird eine weitere Er höhung der Einkommensgrenze in der Krankenversicherung nach der erst kürzlich er folgten erheblichen Heranfsetznng von 5000 auf 15 000 Mk. nicht in Frage kommen. Die Vcrsicherungskarten der Angestelltenversichernng sollen grund sätzlich binnen fünf Jahren nach der Ausstellung erneuert werden. Ta die Erneuerung indessen, anders als die der Quittungskarten der Arbeikcroersicherung, keine wesentliche Bedeutung, insbesondere keinen Einfluß ans die Anwartschaft hat, gestattet die Neichsve r sicher ungs- anstatt für die Angestellten bis auf weiteres die alten, noch nicht aus genutzten Karten weiter zu benutzen. Die geschäftliche Lage im Leipziger Buchdrnckgewcrbe war im ab gelaufenen Jahre im allgemeinen eine recht ungünstige. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß einzelne Druckereien gut, sogar recht flo-tt beschäftigt waren, sodaß Doppel schichten eingeführt werden muß ten. Die Attftragszurückhaltuug nahm mehr und mehr einen beängsti genden Charakter au, an der nicht nur der Verlagsbnchhandek, sondern auch viele behördliche und private Druckfachenvcrbrancher beteiligt sind. Die Aufschläge auf die Friedenssätze des Preislarifs (950"/<, für Werke, 1660"/» fiir Akzidenzen) sind an der Anftragsznrückhaltnng aber lange nicht in dem Maße schuld wie die unerhört hohen Papierpreise. Ge rade hierdurch wird das Fertigst! brikat, mag es sich nun um Bücher, Kataloge, Akzidenzen nfw. handeln, derart verteuert, daß z. B. be» einem großen Teile der Verlagswerke keine Absatzmöglichkeiten mehr bestehen. Wie ungünstig die hohen Papierpreise die Auftragserteilung beeinflussen, geht auch daraus hervor, daß svga-r P laute »merke kaum n-och in Auftrag gegeben werden. Eine fühlbare Belebung des Leip ziger Buchdruckgcwerbes wird sch erst dann bemerkbar machen, wenn ein entschiedener Abbau der Papierpreise e'iugetreten 'sein wird. Die Auftragserteilung in Schulbüchern stockt gleichfalls. Dies wird ln elfter Linie ans die bevorstehende Umgestaltung der Schulbücher zurück geführt, über die man sich aber in den maßgebenden Kreisen »och nicht einig zu sein scheint. Gerade das Fehlen von »Maschinenfntter« macht die -trostlose Lage im Gewerbe nur noch fühlbarer. Dadurch wird auch die unverhältnismäßig große Zahl der arbeitslosen Maschinenmeister (Drucker'), Stereotypeure und Galvanoplastiker erklärlich. In der letz ten Tezembcrwoche waren, wie aus dem Woche-nberichK des Gaues Leipzig (Verband der Deutschen Buchdrucker) zu ersehen ist, iusgesamk 274 Gehilfen arbeitslos (89 Setzer, 15 Stereotypeure und 17 Galvano- Plastiker, 149 Drucker, 4 Gießer und 2 Stempelschneider)>. Eine ver kürzte Arbeitszeit hatten 453 Gehilfen, davon waren 142 Gehilfen nur 24 Stunden wöchentlich tätig. Ter Gau Leipzig zählte am Jahresschlnß 6003 Mitglieder. Groß ist auch die Arbeitslosigkeit unter den Hilfs arbeitern. Entrichtung der Umsatzsteuer fiir das Kalenderjahr 1920. — Auf Grund des § 144 der Ausführungsbestimmungeu zum UmsatzsteNerge lei; werden jetzt die zur Entrichtung der Umsatzsteuer verpflichteten Personen, die eine selbständige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ansüben, die Gesellschaften und sonstigen Personenvereinigungen aus gefordert, die vor geschriebenen Erklärungen über den Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Entgelte im Jahre 1920 bis spätestens Ende Januar 1921 dem zuständigen Umsatzfteueramt schriftlich einzureichen oder die erforderlichen Angaben an Amtsstekle mündlich zu machen. Auch kleinste Abtriebe sind st euer Pflicht kg; eine Steuerbefreiung für Betriebe mit nicht mehr als 3000 Mk. Umsatz besteht nach dem Umsatzstenergesetze oom 24. Dezember 1919 nicht mehr. Tie Steuer wird auch erhoben, lvenn und soweit die steuerpflichtigen Personen nfw. Gegenstände ans dem eigenen Betriebe zum Selbstgebrauch oder -verbrauch entnehmen. Ms Entgelt gi'lt in letzterem Falle der Betrag, der am Orte und zur Zeit der Entnahme von Wiederverkäufern gezahlt zu werden pflegt. Die Einreichung der Erklärung kann durch erforderlichenfalls zu wieder holende Ordnungsstrafen bis zu je 500 Mk. erzwungen werden. Um wandlung in Haft ist zulässig. Wer meint, zur Erfüllung der Auffor derung nicht verpflichtet zu sein, hat dies dem Umsahsteneramt recht zeitig unter Darlegung der Gründe mttzniei'len (8 202 der Neichsab- gaben ordnung). Das Umsatzsteuergesetz bedroht denjenigen, der über den Betrag der Entgelte wissentlich unrichtige Angaben macht und vorsätzlich die Umsa-tzstener hinterzieht oder einen ihm nicht gebührenden Steuervor teil erschleicht, mit einer Geldstrafe bis zum Machen Betrage der ge fährdeten oder hinterzogenen Steuer oder mit Gefängnis. Der Versuch ist strafbar. Zur Einreichung der schriftlichen Erklärung sind Vordrucke zu verwenden. Bis zu zwei Stück können von jedem Steuerpflichtigen bei dem zuständigen Umsatzsteuer amt kostenlos entnommen werden. Steuerpflichtige sind zur Anmeldung der Entgelte verpflichtet^ auch wenn ihnen Vordrucke zu einer Erklärung nicht zugegangen sind. Bei Nichtetnreichung einer Erklärung, die im übrigen durch eine Ordnungs strafe geahndet werden kann, ist das Finanzamt befugt, die Veranlagung aus Grund schätz-nngsweifer Ermittlung vorznnehmen. k5