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Redaktioneller Teil. M 121, 28. Mai 1918. von Nahrungsmittelwucher gemacht worden, sie haben aber all gemeine Bedeutung. Dies ergibt sich sowohl aus der Art der in den Gründen des genannten Urteils enthaltenen Begrisfsent- wicklung, wie auch aus der von verschiedenen Senaten des Reichsgerichts in ständiger Praxis erfolgten Wiederholung die ser Begriffsentwicklung. — Vgl. die in den »Mitteilungen für Preisprllfungsslellen« Jahrgang 1916, S. 297, Jahrgang 1917, S. 28, 69 und 220 abgedruckten Urteile. Geht man von dieser in ständiger Rechtsprechung anerkann ten Auslegung des Begriffes der Gegenstände des täglichen Be darfs aus, so kann es nach diesseitigem Erachten mit Rücksicht auf die hohe Kulturstufe des deutschen Volkes kaum einem be rechtigten Zweifel unterliegen, daß eine große Zahl von Bü chern zu den Gegenständen des täglichen Bedarfs gehört. Es sei nur darauf hingewiesen, daß Bücher in erheblicher Zahl ins Feld versandt werden, weil dort in allen Schichten des Feld heeres ein dringendes Verlangen nach geistiger Nahrung und Unterhaltung besteht. Die Heeresverwaltung würde auf die Befriedigung eines Luxusbedarfs nicht so großes Gewicht legen, wie sie es in dieser Hinsicht tut. Besonders kostbare oder seltene Ausgaben werden natürlich nicht zu diesem Begriff zu zählen sein; die Zugehörigkeit zu diesem Begriffe kann nicht durch eine feststehende Grenze gekennzeichnet werden. Hieraus ergibt sich, daß Verleger und Sortimentsbuchhänd ler in der Regel nicht berechtigt sind, für diejenigen Bücher, die zum Weiterverkauf unter Festsetzung eines Kleinverkaufspreises geliefert worden sind, nach erfolgter Lieferung Teuerungszu schläge vorzuschreiben. Die Beschlüsse der Organisationen des deutschen Buchhandels sind, wie 8 2 Satz 2 der Bekanntmachung über die äußere Kennzeichnung von Waren vom 18. Mai 1916 sNeichsgesetzbl. S. 380) noch ausdrücklich hervorhebt, ohne recht liche Bedeutung; nach 8 5 Nr. 4 a. a. O. ist die Forderung sol cher Teuerungszuschläge strafbar. Das ist die bestehende Rechtslage, die meine Volkswirt schaftliche Abteilung auf Grund der ihr durch die Preisprü- sungsstellen-Verordnung zugewiesenen Ausgaben auf Anfragen von Preisprüfungsstellen und Verbraucherorganisationen hin beurteilen mußte. Ihr im Sinne der Eingabe eine andere Auf fassung vorzuschreiben, bin ich nicht in der Lage, zumal sie aus meine Anweisung über die Grundlagen der Rechtsaufsassung mit den zentralen Justizbehörden ins Benehmen getreten ist. Eine Änderung der Rechtslage liegt nicht im Geschäftsbereich meines Amtes. Die im dortigen Schreiben vertretene Meinung, Z 2 der Bekanntmachung über die äußere Kennzeichnung beziehe sich nur auf Waren, auf deren Packungen der Preis aufgedruckt sei und die außerdem in einzelnen Ausführungsbestimmungen als unter die Vorschriften der Bekanntmachung über die äußere Kennzeichnung von Waren fallend bezeichnet worden seien, ist mit dem klaren Wortlaut des 8 2 nicht vereinbar. K 2 a. a. O. nimmt auf K 1 a. a. O. nicht Bezug, sondern hat, wie auch seine Entstehungsgeschichte ergibt, eine allgemeine Geltung für alle Gegenstände des täglichen Bedarfs, die zum Weiterverkauf unter Festsetzung eines Kleinverkaufspreises geliefert worden sind. Ihre Eingabe verkennt die Bedeutung der Überschrift der Be kanntmachungen, die nicht die Aufgabe haben kann, den Inhalt erschöpfend zusammenzufassen und abzugrenzen. Die Frage der Angemessenheit der von den Organisationen des deutschen Buchhandels geforderten Preisausschläge wird, wie hier bekannt, im Reichswirtschaftsamt geprüft. Ich will auf Ihre Eingabe davon absehen, in den »Mittei lungen für Preisprüfungsstellen« die Preisprüfungsstellen auf die Möglichkeit der Strafanzeigen hinzuweisen, und ihnen ledig lich empfehlen, den Buchhandel in ihren Bezirken aufzuklären und zu warnen, sowie auch meine Schreiben an die Buch- händlerverbände von der Auffassung ausgegangen sind, daß die vorbeugende Einwirkung auf Vermeidung von Übertretungen der Verfolgung geschehener Übertretungen vorzuziehen ist. Ich bin aber nicht in der Lage, den aus die Verfolgung von Über tretungen drängenden Stellen, die nach dem den Preisprüfungs stellen eingcräumten Rechte Auskunft meiner Volkswirtschaft- 294 lichen Abteilung gefordert haben, ein selbständiger Vorgehen innerhalb ihres Pflichtcnkreises zu wehren. In Vertretung gez. Müller. v. Leipzig, den 21. Mai 1918- An den Herrn Staatssekretär des Kriegsernährungsamts Berlin. Der Unterzeichnete Vorstand des Börsenvereins der Deut schen Buchhändler hatte die Ehre, das gefällige Schreiben vom 2. Mai d. I. zu empfangen. Inzwischen haben im Reichswirt schaftsamt in Anwesenheit eines Herrn Vertreters des Kriegs- ernährungsamts Besprechungen mit den Vertretern des Buch handels stattgefunden. Wir beehren uns, die bereits mündlich gemachten Ausführungen im Nachstehenden zu wiederholen und im übrigen den Standpunkt der berufenen Vertretung des Buch handels nochmals festzustellen. Mit Bezug auf die Anwendbarkeit der Bundesratsverordnung vom 18. Mai 1916. 1. Bücher sind u. E. nicht Gegenstände des täglichen Be darfs. Die Gründe für diese unsere Annahme sind angegeben in der Eingabe der Deutschen Vuchhändlergilde an das Krtegs- ernährungsamt vom 4. April 1918. Ferner ist unsere Annahme begründet durch den verhältnismäßig geringen Umsatz des Buch handels gegenüber den Umsätzen mit wirklichen Bedarfsartikeln sowie auch rein äußerlich durch die Gepflogenheit der amtlichen Papierverteilungsstelle, Papier'nicht nach dem Werte und Nutzen des einzelnen Buches dem Verleger zu bewilligen, sondern nach der Höhe seines bisherigen Verbrauchs, gleichviel, ob dieser für wirklich dringend benötigte Verlagswerke oder für solche ge ringen Wertes stattgefunden hat. Es besteht bisher kein Maßstab für die Beurteilung, ob täglicher Bedarf vorliegt oder nicht. Ganze Gruppen von Bü chern als täglichen Bedarf zu bezeichnen, geht nicht an, da es gangbare und ungangbare Schulbücher, Fachwerke, Romane usw. gibt. Auch die Auflagenhöhe kann nicht maßgebend sein, da viele Erzeugnisse minderen Wertes hohe, wissenschaftlich wert volle Werke dagegen niedrige Auslagen haben. Jedes einzelne Buch müßte als Ware für sich angesehen werden, für jedes müßte durch Gerichtsurteil höchster Instanz sestgestellt werden, wohin es zu zählen ist. Eine solche Praxis ist nicht durchführbar. 2. Aber auch für den Fall, daß man zwischen Büchern als Gegenständen des täglichen Bedarfs oder Nichtbedarfs unter scheiden könnte, liegt eine Übertretung der Bundesratsverord nung vom 18. Mat 1916 seitens des Buchhandels nicht vor, da eine nachträgliche Erhöhung des Kleinhandelspreises bei der Erhebung eines Sortimenter-Teuerungszuschlags von 10"/» nicht stattfindet. Seit September 1917, wo der Teuerungszu« schlag von der berufenen Vertretung des Buchhandels als zwin gend notwendig beschlossen wurde, liefert der Verlag seine Ar tikel an das Sortiment unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß der vom Verleger nach dem Verlagsgesetz zu bestimmende Verkaufspreis als Ladenpreis zuzüglich 10°/° Teue rungszuschlag besteht. Es ist also für ein 10 Mark-Buch der Verkaufspreis vom Verleger mit 10.— zuzüglich 10"/» — -kt 11.— festgesetzt, nach welcher Festsetzung der Sortimenter laut Verlagsgesetz und Satzungen des Börsenvereins der Deut schen Buchhändler sich zu richten hat. Diese Berechnungsart des Verlegers ist obligatorisch gemacht worden durch die von der Hauptversammlung des Börsenvereins Kantate 1918 einstimmig beschlossene Notstandsordnung. Es kämen danach zur Beurteilung, ob Übertretung der Bun desratsverordnung vorliegt oder nicht, nur noch die alten Lager vorräte in Betracht, die vor dem September 1917 vom Verleger geliefert worden sind. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, daß solche alten Lagervorräte nur in verschwindend kleiner Zahl noch vorhanden sind, schätzungsweise kaum 5°/» des gesamten Lagers, und zwar aus folgende» Gründen: