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252. 28. Oktober IsVU. Nichtamtlicher Teil. 5581 Dresdner »Pietät«, sowie die Palmen und Kränze tragenden Personen auf, Mannschaften des Pionier-Bataillons setzten die Fähre in Bewegung, und diese dnrchschnitt still den Strom dem diesseitigen Ufer zu, wo der Knabcnchor der hiesigen Kirche, mit dem Kantor und Ortsgefftlichen an der Spitze, harrte und den Zug mit geistlichen Gesängen empfing Hier ordnete sich der Zug aufs neue: die mittels Nachen Ubergesetzlen übrigen Leidtragenden schlossen sich an, und nun begab sich der Trauerzug nach dem malerisch gelegenen Kirchlein auf der Anhöhe des Dorfes, die sich an die waldigen Uferberge lehnt, und zu dem das erstcre umgebenden Friedhofe. Hier erfolgte der Scgensspruch des Geistlichen mit Liturgie, rccitativem Gesang des Geistlichen und des Kirchenchores, Chorälen und Motetten. Die Kirche von Hosterwitz ist beinahe 400 Jahre alt. erbaut 1500 von Dionysius von Carlowitz. Unter den Epitaphien der Kirche befindet sich eins, das an das Ende des in der Elbe verunglückten Leipziger Buchhändlers Härtlnoch sch 1819) gemahnt. Vom Friedhöfe aus hat man eine schöne Fernsicht; gegenüber aber liegt auf dem linken Elbufer die Villa Weber, in der um 2 Uhr nach mittags im Beisein einer großen aus Leipzig, Dresden, Berlin, Leopolds hall herbeigckommenen Traucrversammlung die Exequien für den ent schlafenen Dulder stattgesunden hatten. Pastor Or. tbeol. und pbii. Dreh- dorff aus Leipzig hielt die Trauerrede, aus welcher das Bild des Ver storbenen mit seinen Mahnungen an die Hinterbliebenen und an die Ueberlebenden insgesamt vor de» Hörern ergreifend aufstieg. Namens der sehr zahlreich erschienenen Mitarbeiter der Firma I. I. Weber sprach Herr C. E. Klemm, der dem Entschlafenen einen warmempsundenen Dank und ein schmerzbewegtes Lebewohl in die Ewigkeit nachries. Vermischtes. Vom Reichstage. — Im Reichstag wurde ein Antrag der Abge ordneten Or. Barth und Nickert eingebracht, welcher bezweckt, den Staat zum Schadenersatz zu verpflichten bei gesetzlich nicht begründetem Verbot oder nichtbegründeter Beschlagnahme von periodischen und anderen Druck schriften. Vom Postwesen. Statistisches. — Nach der soeben veröffentlichten Statistik der Deutschen Reichs-Post- und Telegraphen-Verwaltung für das Kalenderjahr 1888 umfaßte das Deutsche Reichs-Post- und Telegraphen gebiet 445220,64 qkm (ausschließlich 4343,81 qicm Wasserfläche) mit 39440308 Einwohnern nach der Zählung vom 1. Dezember 1885. Es kamen hiernach durchschnittlich 89 Einwohner auf I qßw. Die Gesamt zahl der Postanstalten betrug 18508 (gegen 17347 im Jahre 1887), die Gesamtzahl der Reichs-Telegraphenanstalten 10016 (9400), die der Ver kaufsstellen für Postwertzeichen 13524 (129l7), der Postbrieskasten 66360 (63850), der rcichseigcncn Post- und Telegraphcngrundstücke 378 (372), der Beamten, Unterbcamtcn, Posthalter und Postillone 92288 (88606). Durch die Post befördert wurden 2226807950 Sendungen (gegen 2078756348 im Vorjahre); Telegramme wurden befördert 22125267 (19858819). Der Gesamtwert der durch die Post vermittelten Geld- u. s. w. Sendungen betrug 17 088962416 ^ (1887 17 035916945 ^) Die durch die Post beförderten Päckereicn hatten ein Gesamtgewicht von 385325270 üx (1887 364975550 üßfl Die Gesamt-Einnahmen der Reichs-Post- und Telegraphen-Verwaltung beliefen sich im Etatsjahre 1888/89 auf 201122478 (1887/88 189931092 ^). Die Gesamt- Ausgaben (einschließlich der einmaligen Ausgaben von 5176844 ^ im Jahre 1888/89 und von 4 235529 im Jahre 1887/88) aus 174580480-F (1887/88 163600449 ^E). Der lieberschuß betrug hiernach 26541998 (1887/88 26330643 ^.) Zeitungsmuseum in Aachen. Hohenzollcrnmappe. — Das Zeitungsmuseum in Aachen beabsichtigt seinem Zweck gemäß alle Kund gebungen der periodischen Presse, Proklamationen, Gedichte u. s. w., welche auf die Hochzeit der Prinzeß Sophie mit dem Kronprinzen von Griechenland Bezug nehmen, zu sammeln und in der »Hohenzollern- Mappe» als wertvolles historisches und kulturhistorisches Material e nstigen Forschern aufzubcwahren. Es ergeht daher die Bitte an alle deutschen Zeitungen, welche Originalberichte über die Hochzeitsfeierlichkciten ver öffentlichen, sowie an die Presse Griechenlands und vornehmlich Athens, dem Zeckungsmuseum in Aachen sämtliche aus die Hochzeit bezüglichen Nummern zu übersenden. Neudruck ohne Neusatz — Ueber die von C. R einecke in Berlin und Anderen geübte Kunst, Neudrucke von fehlenden Seiten, Bogen und Bänden wertvoller Werke aus chemisch-mechanischem oder photographischem Wege nach einem einzigen erhaltenen Exemplar des verloren gegangenen Stückes herzustellen, äußert sich das »Centralblatt für Bibliothekwesen» in folgender Weise: »Immer häufiger kommt es vor, daß Werke durch Verleger und Antiquare ausgeboten werden, welche zum Teil durch chemischen Neudruck hergestellt sind. Anfänglich wurde dieses Verfahren (es können dadurch unter Zugrundelegung eines Urdruckes mittels chemischer Behandlung Abzüge bis etwa 100 Stück gewonnen werden) zur Ergänzung teurer oder seltener Werke, von denen einzelne Tafeln oder Blätter beschädigt sind, verwendet. In neuerer Zeit kommen namentlich Zeitschriften und bändereiche Werke in den Handel, von denen ganze Bände chemisch wieder- he: gestellt wurden, und die trotzdem als gleichwertig mit den durch Buch druck hergestellten geliefert werden. Auf diese Weise wurden u. a. ergänzt: Liebig's Annalen, Virchow's Archiv, Zeitschrift für vergleichende Sprach forschung, Uhland's Schriften, Heinsius' Kataloge u. s w. Sie kommen zum Teil ohne einen darauf bezüglichen Vermerk in den Handel. In England ist ein Fall solcher Ergänzung noch nicht bekannt geworden, in Frankreich brachte der Vieweg'sche Verlag mehere solcher »Neudrucke» als Ersatz für vergriffene Werke auf den Markt. So erfreulich die Anwendung dieses Verfahrens auch sein mag, so hat sie doch ihre zwei Seiten. Vor allem ist dem Verfahren eine ungenaue und verschwommene Wiedergabe des Druckes eigen. Ferner weiß man noch gar nicht, wie sich diese chemischen Neudrucke in der Zukunst halten werden und ob nicht schon nach einem Jahrzehnt die Schrift völlig unleserlich oder das Papier zer fressen ist. Jedenfalls können diese Neudrucke nicht als gleichwertig mit den alten durch Buchdruck hergestelltcn Exemplaren gelten, und cs mögen Bücherfreunde und Büchersammler vor diesen neuen Fälschungen auf der Hut sein.» Hierzu würde doch zu bemerken sein, daß das so abfällig beurteilte Verfahren keineswegs so überaus jungen Datums ist, um die Schätzung der Druck- und Papiererhaltung auf eine Zukunft von zehn Jahren auszuschließen, daß ferner diese Drucke, soviel bekannt, wie gewöhnlicher Buch- oder Steindruck mit der allgemein üblichen Druckfarbe herge stellt sind, an ein Verschwinden des Druckbildes oder Zerfressen des Papiers also Wohl nicht zu denken ist. Rechtsstreit. Angekündigte Auktion. Freihändiger Verkauf. — Dem »Berliner Tageblatt» entnehmen wir folgende Mitteilung: -Ein interessanter Rechtsstreit, bei welchem auch einige Berliner Buch händler und Antiquare beteiligt sind, wird demnächst anhängig gemacht werden. Bei Neucnburg in Westprcußcn sollte kürzlich der reiche künst lerische Nachlaß des Rittergutsbesitzers v. Rohr öffentlich versteigert wer den. Dieser Nachlaß bestand aus einer sehr kostbaren Bibliothek, einer Münz- und Kupserstichsammlung. Auf die öffentliche Bekanntmachung hin*) waren die bekanntesten Buchhändler und Antiquare von nah und fern, namentlich auch aus Berlin, nach Neuenburg gefahren, um dem Termin beizuwohnen. Einige hatten sich vorher auf telegraphischem Wege ange meldet, andere waren schon tags vorher eingetroffen, um pünktlich zur Stelle zu sein. Groß und allseitig war nun das Erstaunen, als bei Be ginn der angesetzten Versteigerung der Notar, welcher als Vollstrecker in der Sache fungierte, die Erklärung abgab, der ganze Nachlaß sei bereiis freihändig an einen Buchhändler in Riesenburg verkauft worden.**) Dieser hatte zwar mehr bezahlt, als die gerichtliche Taxe betrug, aber die Taxe selbst soll, wie von sachverständiger Seite behauptet wird, weit unter dem wirklichen Werte der Sammlung ausgefallen sein, so zwar, daß schon eine einzige Abteilung des Nachlasses einen größeren Wert hatte, als der er zielte Gesamterlös für alle drei Abteilungen. Doch ganz abgesehen davon, wird die Angelegenheit auch noch insofern ein gerichtliches Nachspiel er halten, als die vergeblich zur Auktion gereisten Buchhändler Reisespesen und Diäten von dem Notar verlangen und gegen denselben nötigenfalls klagbar werden wollen.- Druck-Ausstellung in London. — Ueber die internationale Ausstellung von Kunstdruckgegenständen in London, welche, wie wir be richtet haben, am 14. Oktober vom Lordmayor eröffnet wurde, ist von der britischen Typographen-Gescllschaft ins Leben gerufen worden, um nicht allein den Laien, sondern vielniehr den Buchdruckern selbst eine Idee von den in ihrer Kunst wirklich möglichen Ausführungen zu geben. Im Laufe einer kurzen Ansprache wies der Lordmayor mit Nachdruck darauf hin, daß England weit hinter Oesterreich, Deutschland und Amerika zuriickstehc in der Art und Weise der Aufmunterung, welche von diesen Ländern dem Buch- und Kunstdruck entgegengebracht werde; die Folge davon sei ein totaler Mißerfolg in der Konkurrenz mit anderen Nationen aus diesen Gebieten. Mit einem Anflug von Humor bemerkte er ferner, daß sogar von den mit der Eröffnung dieser Ausstellung verbundenen Druckarbeiten sieben Achtel von deutschen und amerikanischen Arbeitern ausgeführt wor den seien, und gab schließlich der Hoffnung Ausdruck, daß das Ergebnis der Ausstellung nicht ohne Eindruck aus den englischen Unternehmungsgeist bleiben möge. Heinrich Klcmm-Stiftung. — Die vierte Quartalsversammlung der Innung Dresdener Buchdruckereibesitzer wurde durch eine Mitteilung des Herrn Geheimen Kommerzienrats v. Baensch aus das angenehmste überrascht und hoch erfreut, nach welcher die kürzlich verstorbene Frau Kommissionsrat Henriette Caroline verw. Klemm, den letztwilligen Verfügungen ihres vor einigen Jahren entschlafenen Gatten entsprechend, in hochherziger Weise der Innung ein Legat von 10000 ^ überwiesen *) Im Börsenblatt Nr. 201. **) Vergl. unsere Mitteilung in Nr. 210.