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>6 225, 26. September 1918. Redaktioneller Teil. schicken, so sind solche Sendnngen als vom Verleger oder Nach» richlenbüro selbst ausgehend anzuschen und von der Rcichs- abgabe freizulassen, falls die sonstigen Voraussetzungen er füllt sind.« Hieraus ergibt sich also, dass — von der Vergünstigung für Blindenschriftsendungen abgesehen — der alte Tarif neben dein neuen noch Weiler in Kraft bleibt oder besser gesagt, dass ei» Doppeltarif in Betracht kommt, je nachdem, ob es sich um den Versand einer Zeitung oder Zeitschrift durch denVer - leger derselben oder durch einen Dritten handelt. Was dem Verleger erlaubt ist, ist dem Sortimenter verboten, der als Versender nicht besser, als Empfänger schlechter ge stellt ist als das -.Publikum« und sich nur in den wenig sten, für ihn nach der bisherigen Praxis kaum in Be tracht kommenden Fällen daraus berufen kann, »bloß im Auf- trage und nach den Weisungen des Verlegers« zu Handel». Schickt also ein Verleger an einen Arzt eine Nummer der in seinem Verlag erscheinenden medizinischen Zeitschrift oder au eine Schneiderin ein Heft seiner Modenzeitung, so zahlt er dafür (innerhalb des Gewichts von 50 ss) 3 Pfg. Porto s er folg! dagegen die Expedition au die Genannten von dem Sorti menter, so hat dieser dafür je 5 Pfg. zu entrichten. Verlangt c r von dem Verleger eine Nummer, so wird die Sendung zum er höhten Porlosatz befördert, während, wie bemerkt, dieselbe Num mer, von dem Verleger direkt an das Publikum (oder an einen Verleger) gesandt, nur 3 Pfg. Spesen verursacht. Der bestimmte Artikel, der in der Präposition ent halten ist: »vom Verleger«, beschränkt das Recht der billigeren Versendung auf den Verleger der betref fenden Zeitschrift, läßt also nicht die Deutung zu, daß ein Verleger schlechtweg das Recht habe, jede beliebige Zeitschrift oder Zeitung an das Publikum zu dem billigeren Portosatz zu versenden. Dagegen hat er nach der Bestimmung das Recht, seine Zeitschrift unter Inanspruch nahme des billigeren Portotarifs allen denjenigen Sortimen tern nsw. zu übersenden, die sich nicht gewerbsmäßig mit dem Vertrieb dieser Zeitschrift beschäftigen, sie also — etwa wie das Börsenblatt — für den eigenen Betrieb oder für ihren Privatgebranch bestellen. Verlangt der Sortimenter z. V. »zum eigenen Gebrauch« eine Briefmarkenzeitschrift oder sonst ein Blatt, so darf der Verleger zum alten Porlosatz liefern. Diese Vergünstigung würde jedoch, nach dem Wort laute der Bestimmung, in demselben Augenblick ihr Ende er reichen, wo er für einen Kunden ein zweites Exemplar bestellt und diese Zeitschrift — es ist nicht von dem Exemplar, son dern von d e r Z c i t s ch r i f t die Rede! — somit in seinen Be trieb einbezöge (!!>. Wie in aller Welt soll nun der Verleger wissen, ob dieses zweite Exemplar nicht etwa auch noch für den Sortimenter selbst oder für eins seiner Familienmitglieder be- stimmt ist? Sehr zweifelhaft ist die Frage, ob ein Verleger das Recht habe, seine eigenen Zeitschriften durch eine besondere (Sortimcnts-)Abteilung seines Hauses dem Publikum zuni billi geren Portosatz zugänglich zu machen, sofern diese als ein selb ständiger, ans Eigcngcwinn gestellter Betrieb angesehen werden kann und sich nicht lediglich auf den Versand der im eigenen Verlage erscheinenden Zeitschriften beschränkt. Es ist nicht recht ersichtlich, was zu dieser Sonderstellung des Zeitungs- und Zeitschriftcnvcrlegers geführt hat. Denn wenn man, was Wohl der leitende Gesichtspunkt sein mag, den Bezug von Zeitungen und Zeitschriften nicht verteuern wollte, so ist nicht einzusehen, warum das, was dem Verleger billig ist, dcni Sortimenter so teuer berechnet wird, noch dazu in einer Zeit, da die Post nur zu oft versagt. Schließlich hat doch auch hier das Publikum, also der Bezieher, die Kosten zu tragen, da man dem Sortimenter schwerlich zumuten kann, die Mehrkosten aus seiner Tasche zu bezahlen. Anscheinend hat dem Gesetzgeber eine ähnliche Vergünstigung vorgeschwcbt, wie sic heute schon der Zeitungs- und Zcitschriftenverleger dadurch genießt, daß die Post Tausch- und Freiexemplare des Verlags gegen die fest gesetzte Zeitungsgcbühr befördert. Auch in bezug aus die Art der Beförderung sind Zeitungen und Zeitschriften insofern in »er Postordnung günstiger als andere Drucksachen gestellt, als sie den »eiligen Drucksachen« beigezählt werden und ebenso be schleunigt befördert werden müssen wie Briefe. Während cs sich aber hier um die Sache, und nicht um die Person des Ab senders handelt, kommt es in der neuen Verordnung lediglich aus diese bzw. auf ihr Verhältnis zu der Zeitschrift oder Zei tung an. Zu der Unsicherheit, die sich aus der Unterscheidung des Absenders ergibt und je nach seiner Rechtsstellung zu dem Untcruehmen hier zu einer Vergünstigung, dort zum Aus schlüsse davon führt, tritt noch die Schwierigkeit, in allen Fällen genau zu bestimmen, was als Zeitschrift oder Zeitung und was als andersgeartetes periodisches Unternehmen anzusehen ist. Wie nur der Praktiker heute Zeitungen und Zeitschriften von einander unterscheiden kann, so kennt sich auch in der Welt von Zwischenstufen und Übergängen, die diese wiederum von Scrienunternehmen und Sammlungen der verschiedensten Art trennen, nur noch der Mann der Praxis aus. Und auch dieser wird oft genug als Zeitung oder Zeitschrift gelten lassen müssen, was sich als solche ausgibt. Es sei hier nur an »Die Welt literatur-, eine in München erscheinende »Zeitschrift«, im Gegensatz zu Unternehmen wie etwa »Kürschners Bücherschatz« oder die verschiedenen »Zeit- und Streitfragen« erinnert, um sich klar darüber zu werden, daß es oft nur die Bezeichnung ist, dis aus einem Serienunternehmen oder einer Sammlung buchmäßiger Art eine Zeitschrift macht. Die Königliche Biblio thek gibt z. B. in dem von ihr hcrausgegebencn »Gesamtzeit- schriftcn-Verzcichnis« dem Begriff »Zeitschrift« aus dibliotheks- technischen Gründen eine viel weitergehende Auslegung, als es der allgemeine Sprachgebrauch zulätzt. Von ähnlichen prakti sche» Gründen hat sich auch die Deutsche Bücherei leiten lassen, während andere Kreise, auf jede Definition verzichtend, den Be griff rein gefühlsmäßig zu erfassen oder ihm mit Hilfe der unterschiedlichen Behandlung im Urheberrecht beizukommen suchen. Für das Einzelunternehmcn könnte der Portountcr- - schied unter Umständen bedeutungsvoll genug sein, um seine »Ausmachung« als Zeitschrift zweckmäßig erscheinen zu lassen. Anscheinend läuft die ganze Aktion auf eine Stärkung der Stellung der Post als der billigsten Vermittlungsstelle für Zeitun gen und Zeitschriften und ans die Ausschaltung des Zwischen handels hinaus. Ob und inwieweit dabei die Vorstellung von der angeblichen »Unproduktivität« und »Verteuerung« des Zwischenhandels mitgesprochen hat, entzieht sich unsrer Kenntnis. Jedenfalls ist die Schlcchterstellung des Sortiments gegenüber dem Verleger um so bedauerlicher, als Zeitschriften sehr oft das Rückgrat eines Sortiments bilden und wahrscheinlich in dem selben Maße an Bedeutung für einen Betrieb gewinnen wer den, in dem sich das Sortiment nach dem Kriege spezialisiert. Die postalischen Maßnahmen liegen aber auch nicht im Inter esse der Zeitschriften-Bezieher, an das doch schließlich in erster Linie zu denken ist, da sehr viele wahrscheinlich nur ungern die Verbindung mit ihrer Buchhandlung aufgeben und an ihre Stelle ein reines Verkehrsinstitut, wie die Post, oder den lediglich an seiner Zeitung interessierten Verleger setzen würden. Der Einwand, daß der Sortimenter ja über Leipzig beziehen oder seine Zeitschriften sich von dort im Postpaket kommen lassen und so das teure Kreuzbaudporto sparen könne, wäre nur ein Beweis mehr, daß gegenwärtig alles geschieht, um die Vcr- kchrsmöglichkeiten einzuschränkcn. Praktisch wird die Drucksachenverteuerung auf eine Ab wanderung der Zeitschriften vom Sortiment oder darauf hin- auslaufcu, daß viele Sortimenter entweder bei der Post bestellen oder den Verleger um direkten Versand an ihre Abonnenten an- gehen werden, was dieser wiederum mit einer Mehrbelastung für Expeditionsspesen beantworten wird, sofern er überhaupt in der Lage ist, diesem Ersuchen bei den gegenwärtig beschränkten Personalverhältnissen nachzukommcn. In jedem Falle wird der Doppeltarif eine Verschiebung der Verkehrsverhältnisse zeitigen und unproduktive Mehrarbeit (Kontrolle der Post, Trennung und besondere Auflieferung der Sendungen, ihre nähere Be zeichnung usw.) im Gefolge haben, ganz abgesehen von den Schwierigkeiten der begrifflichen Bestimmung dessen, was dieser »Vergünstigung« teilhaftig wird. 57»