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Redaktioneller Teil. .V 94, 22. April 1922. phische Nummer selbst mit Bleistift in das zur Ansicht vorgelegte Buch. Geht das Buch zurück, so kann die Nummer mit Leichtig keit wieder wegradiert werden. Sobald einmal Heft- und Titelnummer bekannt sind, bleibt nicht mehr viel zu tun übrig. Ein Aufseher schneidet die verlangte Anzahl von Titeln aus (Titel I, 6 und 7 immer, außerdem Titel 2, 3, 4 oder 5, je nachdem, ob ein orangefarbener, gelber, blauer oder roter Streifen im Buche steckt) und klebt sie auf: Titel l auf Standortskatalogzettel, Titel 5 auf Kunstkatalogzettel, alle übri- gen auf Zettel internationalen Formats. Titel 4 wird nur leicht an den Schmalseiten angeklebt, da er später noch einmal losgelöst und auf das betreffende Blatt des biographischen Katalogs ge klebt wird. So ist für diejenigen Werke, deren bibliographische Nummer bei ihrem Eintreffen in der Bibliothek bereits bekannt oder schnell zu ermitteln ist, die Forderung, daß die Titeldrucke ohne großen Verlust an Zeit und Arbeitskraft möglichst sofort fertiggestellt werden können, erfüllt. Sehr unangenehm aber ist es, wenn sich der gewünschte Titel trotz langem und wiederholtem Suchen gar nicht finden will und die Bücher immer wieder zurückgestellt wer den müssen. Es steht bei uns leider schon eine ganze Menge, die immer »och auf ihre Anzeige im Wöchentlichen Verzeichnis war ten, z. T. schon längere Zeit. Das ist Wohl nur dadurch zu erklären, daß einzelne Verleger ihre Bücher immer noch recht unpünktlich, verspätet oder manchmal Wohl sogar überhaupt nicht an die Deutsche Bücherei einliefern. Es stimmt sehr nachdenklich, wenn man im letzten Jahresbericht der Deutschen Bücherei liest, daß bei der Buchstelle 38 019 bibliographische Bände eingingen, daß aber dazu nicht weniger als 14 891 Einforderungsschreiben nötig waren. Vorb edingung für die nutzbare Verwendung oon Titeldrucken ist ihr rechtzeitiges Erscheinen; sonst kostet das Suchen ebensoviel Mühe wie früher die schriftliche Titelaufnahme, und es kommt noch der Nachteil hinzu, daß die Bücher nicht fertig gemacht «werden können, vorläufig liegen blei ben und damit der Benutzung noch entzogen werden. So kann die Bibliotheksausgabe, welche von den Bibliothekaren so freudig begrüßt worden ist, ihre große Aufgabe nur erfüllen, wenn die Titel gleichzeitig oder nur wenige Tage später als die Neuigkeiten an die Bibliotheken gelangen, und es muß daher an die deutschen Verleger, die sich ja ihrer kulturellen Pflichten jederzeit bewußt gewesen sind, noch einmal die dringliche Bitte gerichtet werden, das neue, so erfolgverheißende Unternehmen durch lückenlose und pünktliche Einlieferung ihrer Neuerscheinungen zu unterstützen! Sie sollten es sich zum Grundsatz machen, das erste Exemplar eines neuen Werkes an die Deutsche Bücherei einzuschicken, und zwar als direkte Sendung. Daß eine rechtzeitige ' Anzeige der Neuigkeiten im Wöchentlichen Verzeichnis auch im Interesse des Ver legers selbst liegt, ist wohl schon durch das bibliographische Merkblatt, welches am 30. November 1921 einem Rundschreiben des Vorstandes des Deutschen Verlegervereins beigegeben wurde, zur Genüge dargelegt worden. Das Neueste ist nicht immer das Beste, aber kaufmännisch betrachtet hat es doch immer etwas voraus vor dem Älteren. Das gilt für die Belletristik, für Kunst publikationen, ja auch für die Wissenschaft, und vor allem dort, wo es sich um Tagespolitik handelt. Selbst die Bibliotheken rich ten sich unwillkürlich bei ihren Anschaffungen danach, und da die zur Verfügung stehenden Mittel jetzt allenthalben knapp sind, bleibt vielleicht manches gute Werk unge- kauft, weil es nicht rechtzeitig im Wöchent- lichen Verzeichnis gestanden hat und die Mittel inzwischen schon für früher angezeigte Bücher ausgegeben worden sind. Die Selbstschädigung der säumigen Verleger ist desto größer, je mehr deutsche Bibliotheken fest oder zur Ansicht vorzugsweise nach dem Wöchentlichen Verzeichnis bestellen. Eine Neuigkeit verspätet oder gar nicht im Wöchentlichen Verzeichnis anzeigen, bedeutet dann einen freiwilligen Verzicht auf eine mehr oder minder große Anzahl von Käufern. Die Geldentwertung und der deutsche Verlagsbuchhandel. Von Bücherrevisor Hans Stell, München. (Schluß z» Nr. 91 und 92.) Jeder Kaufmann hat ja nun früher gerne etwas vorsichtig bilanziert, reichlicher als notwendig abgeschrieben, um damit etwas den Ertrag und die Einkommensteuer zu drücken. Dieses an sich recht naheliegende Mittel ist aber heute nicht gut anwend bar. Ich will jetzt gar nicht untersuchen, inwieweit in diesem Verfahren bei der fortschreitenden Geldentwertung und der da mit nicht sinkenden, sondern zunehmenden Absatzfähigkeit eine Steuerhinterziehung würde erblickt werden können. Wir dürfen uns darüber klar sein, daß eine Steuerhinterziehung, wenn sie aufkommt, derartige Geldstrafen usw. zur Folge haben könnte, daß man sich diesen Ausweg schon aus diesem Grunde recht Wohl überlegen sollte. Aber davon abgesehen, bleibt zu berücksichtigen, daß eine an sich nicht notwendige Abschreibung aus das Waren lager ein recht problematisches Mittel ist. Wir wollen einmal annehmen, daß bei ordnungsgemäßer Bewertung zum Herstel lungspreise der gangbaren Vorräte der Verleger ein Warenlager von 800 000 -kt besitzt, das einen mutmaßlichen Veräußerungs- Wert von 1 500 000 .« darstellt, und daß die Bilanz einen Gewinn von 500 000 -kt aufweist. Der Verleger scheut nun die Steuer von 180 500 (Steuersatz für 1922 u. fs., die früheren Sätze haben hier keinen praktischen Wert mehr) und bewertet nun sein Lager nur mit 400 000 -kt, wodurch sich sein Gewinn auf 100 000 -kt und seine Einkommensteuer ohne Ermäßigungen auf 15 500 -kt er mäßigen würde. Wir wollen annehmen, daß der Verleger keine Anstände beim Finanzamt mit seiner Steuererklärung und Bilanz erfährt. Im nächsten Jahre, also 1923, werden die Vorräte verkauft, und wegen der fortschreitenden Geldentwertung werden statt der veranschlagten 1500 000 ^t nunmehr 2 000 000 -kt erzielt. Da nun das Lager aber nur mit 400 000 -kt zu Buche steht, so können wir 'wegen dieser stillen Reserve einen Gewinn von nunmehr 1 200 000 .kt annehmen. Es würde sich folgendes Bild ergeben: a) Falsche Bilanzierung: Gewinn 1922 IM ovo -kt Steuer 15 590 -kt Gewinn 1923 1299 099 .« Steuer 485 599 -« Gesamtgewinn 1899 999 -« Gesamtsteuer 591999 -kt d) Richtige Bilanzierung: Gewinn 1922 590 999 -kt Steuer 189 599 -« Gewinn 1928 899 999 -kt Steuer 295 599 .« Gesamtgewinn 1399 999 -kt Gesamtsteuer 458 999 -kt Bei der falschen Bilanzierung werden erstens 45 000 -kt mehr als bei richtiger Bilanzierung bezahlt, zweitens aber wird sich der Verleger höchst verdächtig bei dem Finanzamt machen, wenn sein Gewinn plötzlich das Zwölffache beträgt; eine Revision mit etwaigen Steuerstrafen ist durchaus naheliegend. Das Schlimmste aber ist der dritte Punkt. Wenn der Verleger wirklich glaubte, für 1822 eine Steuer von 160 500 -kt aus Liquiditätsgründen usw. nicht zahlen zu können, wie will er dann für 1923 eine Steuer von 485 500 -kt zahlen können? Will dieser Verleger den Teufel nicht durch den Beelzebub ausgetrieben haben, so muß er jetzt wieder adschreiben, und zwar erstens muß er die Abschreibung aus 1922 von 400 000 -« wieder holen und noch eine neue Abschreibung vornehmen. Wenn er im ganzen nunmehr 1 Million abschreibt, so würde er für 1923 zu einem Gewinn von 200 000 -kt und einer Einkommensteuer von 45 500 -kt gelangen. Wir wollen annehmen, daß auch diese Bi- lanz und diese Steuererklärung nicht beanstandet werden. Was wird aber nun 1924 u. sf. der Fall sein? Ich will nicht mit langen Zahlenbeispielen kommen, die Lage ist ganz einfach salzende: Entweder hört dieser Verleger mit seinen übermäßigen und wirtschaftlich wie steuerlich unbegründe ten Abschreibungen auf, in diesem Falle wird sich aber ein der artiger ungeheurer Gewinn ergeben, daß er ihn noch viel weni ger als zuvor wird versteuern können. Oder der Verleger muß wei ter abschreiben -- praktisch Steuern schinden. Für diese Möglich-