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Redaktioneller Teil. ^ 243, 5. November ISIS. 18 Volkskommissariate (Punkt 43) ist das der Volksaufklärung. Volkskommissar ist A. Lunaischarski (vgl. dessen »Kulturauf gaben der Arbeiterklasse«, Berlin lSlS). In dem von ihm ge leiteten Institut für proletarische Kultur sollen die Werke der großen Künstler und Denker der ganzen Welt dem russischen Volke unentgeltlich in Millionen von Exemplaren zugänglich gemacht werden. Maxim Gorki, erst Gegner der Bolschewik! und jetzt ihr Anhänger (vergl. sein »Ein Jahr russische Revolution«, München 1818, und Fenner, »Maxim Gorkis politische Gesinnung und seine Stellungnahme zu der Sowjetregierung«, Berlin 1919), ist zum Leiter dieser Weltbibliothek ernannt worden, über die Grundzüge des Kunstprogamms des Kommissariats für Volksanfklärung.vergl. »Das Kunstblatt« 1919, S. 91 ff. Daß bei solcher Gesinnung — und an der Entschlossenheit, die Gedanken in die Tat umzusetzen, darf bei der Mentalität des Russen (vergl. mein Buch »Die geistigen Grundlagen und die Geschichte des Bolschewismus«, Berlin 1919) nicht gezwcifelt werden — kein Raum ist für Urheberrecht von Angehörigen fremder Staaten, deren Verfassung die bekannten Grundzüge der Sowjetverfassung nicht anerkennt, darf Wohl (trotz aller Vor- sicht, die gegenüber Nachrichten aus der Sowjetrepublik anzu wenden ist) angenommen werden. Allerdings sehen die beiden Dekrete über die Justizverfassung der Sowjetrepublik vom 24. November 1917 und 21. Februar 1918 (vergl. Hirschberg in der Deutschen Juristenzeitung 1919, S.62) Urheberrechtsprozesse vor, die je nach dem Werte des Streitobjekts vor das Lokalge richt oder Bezirksgericht gehören. Aber hierbei handelt es sich um Prozesse zwischen russischen Urheberrechtsberechtigten, wäh rend die Anerkennung fremder Urheberrechte von einem Staate, dessen Zweck (Punkt 9 der Verfassung) »völlige Niederhaltung der Bourgeoisie, Beseitigung aller Ausnützung des Menschen durch den Menschen und Einsetzung der sozialistischen Gesell schaftsordnung, unter der es weder eine Klasseneinteilung, noch «ine Staatsmacht geben wird«, meines Erachtens ausgeschlos sen ist. Ich halte somit zurzeit eine Vervielfältigung und Verbrei tung von russischen Werken der Literatur, Tonkunst und Photo graphie für gestattet. Kleine Mitteilungen. Untcrrichtskurse für Tctailkauflcute in Hamburg. — Die Unter richtskurse der Detaillisteukammer zu Hamburg für selbständige Detail kaufleute werden demnächst wieder ausgenommen. Der Unterricht er streckt sich auf Buchführung, Kalkulationslehre und die hauptsächlichen Kenntnisse des Handels- und Wechselrechts. Die bevorstehenden Steuer gesetze (Umsatz- und Einkommensteuer, Neichsnotopfer usw.) machen es jedem Gewerbetreibenden zur Pflicht, gewissenhaft Buch zu führen; da her entsprechen diese Kurse einem dringenden Bedürfnis. Neben den Aufängerkurseu sollen auch bei genügender Beteiligung Wiederholungs- kurse für Teilnehmer früherer Kurse stattfiuden. Anmeldungen und Auskünfte im Geschäftszimmer der Detaillistcnkammer Hamburg 36, Neucrwall 69 III. Besuch der Prager deutschen Hochschulen. — Das Ergebnis der Einschreibungen an den Prager deutschen Hochschulen für das Winter semester übcrtrifft alle Erwartungen. Die Hörerzahl der deutschen Universität übersteigt die stärkste Besucherzahl, die diese Hochschule bis her überhaupt zu verzeichnen hatte. Es wurden insgesamt 2321 Hörer eingeschrieben. Die deutsche Technische Hochschule weist 1402 Hörer auf. Perssnalnschrichten. Den 80. Geburtstag begeht am 6. November der Buchdruckcrei- besitzer und Verlagsbuchhändler Herr G u st a v Elsterma n n , Mit inhaber der Firma Meinders L Elstermaun, Verlag des Osna- brücker Tageblatts und Amtlichen Kreisblatts für den Landkreis Osna brück und den Kreis Wittlage, in Osnabrück. Aus einer seit mehr denn hundert Jahren am Hofe der vormalig herzoglich zerbsti- schen Linie des Anhaltischen Fürstenhauses in Vertrauensstellungen befindlichen Beamtcnfamilie stammend, erwählte Gustav Elstermann, der jüngste der Brüder der zahlreichen Familie, den Buchdrucker-Beruf, lernte in Köthen i. Anhalt, war tätig in Rostock i. Mecklbg. in der B'.'chdruckerei von Adlers Erben, in Berlin in der späteren Neichs- druckerci usw. und kam daun während seiner Wanderjahre nach Osna brück. Hier ließ er sich nach kurzer Unterbrechung dauernd nieder und 284 gründete nach 25jähriger Betätigung in Kislings Buchdruckerei und Verlag in Gemeinschaft mit Herr» Adolf Meinders die obengenannte Firma. In nie ermüdender rastloser Tätigkeit mit eiserner Willens kraft alle Schwierigkeiten überwindend, führte er sein Lebcnswerk zu einer glücklichen Entwicklung. Das Verlagshaus, das durch seine Initiative auch als Akzidenz-, Formular- und Werkdruckerci, als Spc- zial-Sparkasseu-Formular- und insbesondere als Zinstabellenverlag und infolge der Herstellung von Qualitätsdrucksachen, u. a. von Wert- titel- und Schcckdruck usw., einen weit über Deutschlands Grenzen hin aus geachteten Namen genießt, besteht jetzt 35 Jahre. Seit über 50 Jahre ist Herr Gustav Elstermaun Herausgeber und Verleger des Adreßbuchs für die Stadt Osnabrück und Umgegend. In voller körper licher und geistiger Frische steht der nunmehr Achtzigjährige noch in mitten seines immer größere Ausdehnung gewinnenden Unternehmens, das mehr als hundert Personen, unter ihnen verschiedenen Jubilaren, zu einer Lebeusexisteuz geworden ist. Mögen ihm noch viele Jahre glücklichen Geuicßens nach arbeitsreichem Leben vergönnt sein! Gestorben: am 2. Oktober nach kurzem Krankenlager Herr Wilhelm Presting, Inhaber der Hofbuchhandluug seines Namens in Dessau, an Herzlähmung. Mitten in einem rastlosen, erfolgreichen Leben ereilte ihn dev Tod, nachdem er im Süden noch Erholung gesucht hatte. Sein Geschäft halte er, als Buchhändler in der damaligen Hofbuchhaudlung von Paul Bau- manu in Dessau und in anderen ersten Geschäften gut vorgebildet, im Jahre 1899 gegründet und es im Laufe der Zeit durch großen Fleiß und praktische Verwertung seiner umfassenden Kenntnisse zu einem bedeutenden Sortiment gestaltet. Seine Freunde betrauern in ihm einen stets liebenswürdigen, humorvollen und herzensguten Menschen, dessen Andenken für alle Zeiten fortleben wird. ^ ^ S-rechsMl. Auslandzuschläqe und K-rndenrobalt Die Stimmung, aus der heraus der so betitelte Sprechsaalartikel »eines Verlegers« in Nr. 232 des Börsenblatts geschrieben ist, kann auch der Ausländer nachfühlen. Der Deutsche muß den Tiefstand seiner Valuta als Zeichen der schlimmen Wirtschaftslage schmerzlich empfin den. Er sollte aber nicht ungerecht werden und nicht die ganze Schuld auf das Ausland abwälzen. Es hat auch keinen Sinn, seinen Unmut gegen den Buchhandel im Ausland zu richten; denn dieser steht doch einfach unter dem Zwange der internationalen Haudelsverhältnisse. Der Artikel enthält einige ganz unzutreffende Behauptungen, denen ich vom Standpunkt des schweizerischen Buchhandels widersprechen muß: 1. Der Kunüenrabatt wurde in der Schweiz wie in Deutsch land abgeschafft. Die Abzüge, die der schweizer Buchhändler vom Ladenpreise der deutschen Bücher macht, sind kein Rabatt, sondern eine sogen. K u r s v e r g ü t u n g; sic werden auch stets so genannt. 2. Die Kursvergütung wird seit Anfang 1916 gewährt und stets dem Kursstände angcpaßt. Der Schweizerische Buchhändlerverein ist dabei dem Publikum so weit eutgegengekommen, als cs das eigene Risiko und die stets wachsenden Spesen zuließcn. Es ist also eine Verdrehung der Tatsachen, von einem »Sühnopfer für enorme Valuta- Übergewinne« zu sprechen. 3. Eine »harte Notwendigkeit, die deutschen Verleger und Sorti menter zu stützen«, besteht nicht. Es ist schon zur Genüge dargetan worden, daß der Verleger seinen Verkaufspreis nach dem Inland- markte berechnet, daß er vom Ausland trotz des Kurstiefstandes den ihm zukommendcn Markbctrag erhält und daher rechnerisch keine Ein buße erleidet. Ich bestreite nicht, daß durch die Kurslage wichtige Bedarfsartikel, die aus dem Ausland bezogen werden müssen, ver teuert werden, und daß dadurch indirekt auch die Buchherstellung be einflußt wird. Theoretisch hat der Wunsch, dem Ausland deutsche Erzeugnisse teurer zu liefern, eine gewisse Berechtigung. Ob und in welchem Umfange dies in Wirklichkeit bei andern Artikeln geschieht, weiß ich nicht. Ich halte aber beim Buch die Festsetzung stark erhöhter A u s l a n d p r e i s e durch Selbsthilfe der Verleger für undurchführbar. Bei keinem andern Artikel sind die Preise auf Pfennig und Centimes so bekannt wie beim Buch; kein anderer Artikel läßt sich so leicht aus dem Ausland bestellen und spedieren. Der Verleger kann wohl dem Sortimenter im Ausland einen höheren Preis berechnen und eigene direkte Sendungen ans Publikum mit Zuschlag liefern, aber er glaube nicht, daß dies seitens der deutschen Sortimenter gewissenhaft geschehen werde, die neben allen andern Teuerungszuschlägen nicht auch noch die verschieden artigen, sogen. Valutazuschläge sich merken können. Er kann auch