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3282 Nichtamtlicher Teil. 94, 24. April 1901. (Bcckl) sCoburgj.) war und ist doch auch schon ein sehr bedeutender Fortschritt zu Gunsten der Autoren und der Verleger. Daß aber die Autoren selbst sich bisher bestrebt haben, den Gesangvereinen entgegenzukommen, und daß ihnen besonders daran gelegen ist, ihre Werke durch die Gesangvereine zur Aus führung bringen zu lassen, ohne ein besonderes Entgelt für die Aufführung, dafür könnte ich Ihnen Hunderte von Beispielen an führen. Wie viele Male bin ich von musikalischen Autoren an gegangen worden, ihre Werke bei der und jener Gelegenheit zur Ausführung bringen zu lassen, wobei dieselben erklärten, daß sie es sich zur Ehre schätzen würden, in den betreffenden Aufführungen auch ihre Werke aufgcführt zu sehen. Daher kommen ja auch die vielen Widmungen von seiten der Autoren an Gesangvereine und Bünde, hervorgehend aus dem Wunsche, daß ihr Werk dann zur Aufführung gebracht werden möge. Jetzt wird gesagt, das ganze Gesetz hat keinen Wert, wenn nicht die Nr. 3 in dem H 27 ge strichen wird! Das sind bodenlose Uebertreibungen. Das Gesetz ist sonst absolut nicht wertlos. Der Herr Kollega Spahn hat heute schon erklärt, daß das Gesetz überhaupt den Autoren große Vorteile bringt, daß auch abgesehen von den Bestimmungen im H 11 in der That den Autoren durch das Gesetz weit überwiegende Vorteile gegenüber der bisherigen Gesetzgebung gemährt werden. Ich glaube auch, daß die Drohungen, welche gegenüber der Ge sangswelt gebraucht worden sind, daß man den Notenbezug an die Vereine unterbinden werde, wenn man sich nicht den An sprüchen der Genossenschaft fügen wolle, keinen Wert haben. Meine Herren, wir werden den Autoren cntgegenkommcn so viel als möglich, aber wir wollen uns nicht von ihnen Gesetze diktieren lassen. Das ist meine Anschauung. Nun soll die schon erwähnte Anstalt ins Leben gerufen werden. Ob dieselbe lebensfähig ist, das missen wir nicht. Ich wünsche, daß sie lebensfähig ist. Aber auf ein solches Unternehmen ein ganzes Gesetz zu bauen und dieses Institut zur Grundlage des Gesetzes zu machen, das ist denn doch meines Erachtens nicht zulässig, das geht zu weit. Auch die Art und Weise der Einsteuerung, wie sie dabei von der Ge nossenschaft beabsichtigt wird, scheint mir nicht am Platze zu sein. In unserem Gesetze soll nach dem Wunsche der Herren, wenn die Nr. 3 des Z 27 fällt, einfach die Gebührenpflicht uneingeschränkt festgestellt werden. Die Gebührenpflichtigen sind einzelne Personen, sind aber auch insbesondere Vereine, große und kleine Gesang vereine in erster Linie. Diese sollen nun förmlich unter Kontrolle gestellt werden. In dem Entwurf des Statuts oder der -Grund- bestimmungen-, wie es heißt, ist nun unter anderem gesagt, daß die -Gebührenpflichtigen der Anstalt vertragsmäßig verpflichtet werden, erstens die Werke angemessen aufzuführen und gegebenen Falles für die erste Aufführung eines Werkes den vorgeschriebenen Anweisungen der Komponisten nachzukommen. Also jeder einzelne Verein soll in einem solchen Falle erst einmal anfragen, unter welchen Bedingungen er überhaupt die Sache aufführen darf, und das auch, wenn er bezahlt hat, sonach nur so, wie es dem be treffenden Komponisten angemessen erscheint. Ja, meine Herren, da ist auch noch der finanzielle Hintergrund zu beachten. Dann wird, wenn der Verein sich nicht fügt, kein Vertrag mit ihm ge schlossen, dann ist auch von keiner Pauschalgebühr die Rede, dann wird der betreffende Verein in eine Extragruppe oder Sparte gesetzt und muß besonders blechen, nicht in Pauschale, sondern für jedes einzelne Werk, das er aufzuführen gedenkt. Es wird ja freilich dieses Gericht einigermaßen schmackhaft zu machen versucht durch die Pauschalgebühren. Danach sollen größere Ver eine 20 bis 40 jährlich und mittlere und kleine 1 bis 20 zu zahlen haben. Dadurch wird also die Sache anscheinend ge mildert; aber erstlich einmal ist es keineswegs unterschrieben, daß dieser Voranschlag auch wirklich die Billigung der betreffenden Genossenschaft unbedingt finden wird. Wir haben heute verschie dene Ausführungen darüber gehört. Der Herr Kollega Dr. Oertel hat gesagt, ihm gegenüber sei gesagt worden, man werde -vor läufig an diesem Voranschlag festhalten-. Der Herr Vertreter des preußischen Kultusministeriums hat gesagt, es sei die Aeuße- rung bei ihm gefallen, -wenn es auch nicht gelingen sollte, den Voranschlag beizubehalten-, man sich doch jedenfalls entgegen kommend verhalten werde. Lauter -Wenn- und -Aber- liegen in diesen Aeußerungen, meine Herren! Und wenn nun die Herren bei ihrer Beurteilung der Sachlage finden, daß es ihren Zwecken nicht entspricht, solche geringe Pauschalansätze aufrecht zu erhalten, dann werden gewiß die Pauschalsätze erhöht werden. Irgend ein Mittel dagegen hat man nicht, wenn im Gesetze einmal ausge sprochen ist, daß die Sänger gebührenpflichtig sind. Es kommt in dem betreffenden Elaborat, nämlich den Grundbestimmungen für diese Anstalt der Genossenschaft deutscher Komponisten weiter vor: cs sollen verschiedene Gruppen aufgestellt werden und daraufhin gewisse Durchschnittssätze innerhalb dieser verschiedenen Gruppen. Innerhalb dieser Gruppen sollen dann die Gebühren für den ein zelnen Unterricht nach Prüfung aller in Betracht kommenden Ver hältnisse, nach Zahl der Mitglieder, Höhe der Mitglicderbeiträge, Zahl und Umfang der jährlichen Veranstaltungen, Einnahmen aus denselben, Aufwendungen für dieselben u. s. w. angesetzt werden. Da kann es nun kommen, daß, wenn ein fleißiger Gesangverein oftmals zusammenkommt und viele Produktionen hält, viel höher angelegt wird als einer, der sich auf einige Produktionen im Jahre beschränkt. Soll das nun zur Pflege des Gesanges und der Gesangvereine beitragen, die wir doch auch im Auge haben müssen? Ganz gewiß nicht! Und allen solchen Bestimmungen müssen wir uns unterwerfen, wenn man gesetzlich die Verpflich tung der Gebührenzahlung festgelegt hat. Ich fürchte, daß, wenn einmal der Löwe Blut gerochen hat, er noch weiter seine Tatzen ausstrecken wird. Dann kann, wie es aus diesen -Grundbestim mungen- insbesondere hervorgeht, nicht bloß im allgemeinen eine Kategorie anders behandelt werden, sondern jede einzelne von ihnen ist preisgegeben. Nun wird weiter gesagt, wir müssen doch den nationalen Standpunkt festhalten, wir müssen für uns ebenso eine Genossen schaft und deren Anstalt begünstigen, wie die Franzosen es be züglich der Looists äss ^utsur8 thun; das ist auch heute von einem der Herren Redner heroorgehoben worden. Dagegen be trachte ich es mehr als nationale Ehrenpflicht, wenn unsere Herren Komponisten sich nicht des Geldgewinns halber nach dem Aus lande wenden, sondern lieber ihrem deutschen Volke etwas zu wenden. Das halte ich für mehr national gedacht als die Be hauptung, man solle dieselben nicht zwingen, sich nach Paris zu wenden. Ein solcher Zwang ist nicht gegeben. Meine Herren, die großen Komponisten, die bedeutenden Autoren haben es ohne dies in der Hand, wenn sie mit dem Verleger einen Vertrag ab schließen, sowohl bezüglich der Vertreibung als bezüglich der Auf führung sich die nötigen Vorteile zu sichern. (Sehr richtig!) Schlecht kommen die dabei gewiß nicht weg. In Oesterreich hat man übrigens bereits eine besondere Anstalt. Dort hat man doch auch gewußt und weiß es, daß man damit vorwärts kommen kann trotz der Looiots in Paris, denn sonst würde es nicht ge schehen sein. Ich hoffe, daß aus der von der Genossenschaft uns mitgeteilten Liste von Autoren, die sich in Paris engagiert haben, bald sehr viel verschwinden werden, namentlich auch Oesterreicher. Dann kommt noch etwas in Betracht, meine Herren. Es ist schon von dem Ring gesprochen worden, der offenbar durch diese Genossenschaft gebildet werden will, den Pauschalring gewisser maßen; wie er sich da ausbildet. Nun, meine Herren, ich bin der Ueberzeugung, daß es eine ganze Anzahl von Komponisten giebt, welche der Genossenschaft doch nicht beitreten wollen, welche mit ihr nicht abrechnen und sich fortwährend von ihr abhängig machen wollen, wie hoch sie geschätzt werden, ww viel ihnen von der Ge nossenschaft gegeben werden will. Denen gegenüber sind dann die betreffenden Vereine ohne jedes Recht und ohne jede vertragsmäßige Bestimmung. Da kann verlangt werden, was man mag; das, was jetzt gesagt wird von dem Pauschale, von den geringen Verbindlich keiten, trifft bloß aus die Genossenschaft zu. Ich habe seinerzeit schon im Ausschuß gesagt und wiederhole es jetzt, daß man nach meinem Wissen in den Kreisen der deutschen Sängerwelt sehr gern bereit ist, auch Autoren gegenüber nobel zu sein und mit ihnen zu vereinbaren, wenn sie ein Honorar wünschen. Wie ich unsere deutschen Sänger kenne, wird niemand dagegen Widerstand leisten, ebenso wie jeder mit Freuden dazu beiträgt, für die Witwen und Waisen der Autoren eine Unterstützung, für diese selbst einen Chrensold zu geben. Aber die Vereine unter den Zwang eines Gesetzes zu stellen, meine Herren, ist etwas anderes, und das wollen die Vereine eben nicht. Die Vereine würden ja überdies — da komme ich nochmals auf das zurück, was ich vorher bezüglich der rechtlichen Stellung derselben sagte — sonach schlechter gestellt als Private, namentlich in den höheren Kreisen der Gesell schaft. Wer kann einen Privaten hindern, in seinem Hause oder in einem Gasthof oder Konzertlokal eine Soirse zu geben für ein geladene Gäste und dabei die schönsten musikalischen Produktionen stattfinden lassen, ohne daß derselbe verpflichtet ist, weil es keine öffentliche Aufführung ist, irgend etwas zu bezahlen? Und, meine Herren, die Hofkonzerte! — Muß etwa da etwas bezahlt werden? Das sind also Fälle, die man doch auch ins Auge fassen muß. Die Vereine sollen allein zahlen! Das ist doch eine Klassengesetz gebung — nichts weiter. Meine Herren, ich komme zum Schluffe und bemerke: wenn seitens des Herrn Staatssekretärs gesagt worden ist, daß das Selbstbcwußtsein der deutschen Musiker bedeutend gehoben worden ist und künftig noch mehr durch diese Gesetzgebung gehoben werden wird, so muß ich doch auch sagen: die deutsche Musik ist überhaupt groß und mächtig geworden — das ist anerkannt in allen Ländern der ganzen Welt — auch ohne solche Bestimmungen, und ein solches Komponistenelend, wie es früher stattgefunden hat — ich verweise auf den oft wiederholten Fall von Lortzing und Lortzings Fa milie —, haben wir nicht mehr. Dafür hat die bisherige Gesetz-